Gleis 17

»Verpflichtung für die Zukunft«

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

In Berlin-Grunewald ist am Freitag am »Gleis 17« an die Deportationen von Berliner Juden in die nationalsozialistischen Vernichtungslager erinnert worden. An der Gedenkstätte versammelten sich mehrere Hundert Menschen.

Unter den Teilnehmern waren unter anderem Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD), die Linken-Politikerin Petra Pau und Rabbiner Daniel Alter, Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Alter erinnerte an die Grauen der Schoa und betonte in seiner Ansprache die wichtige Aufgabe der Überlebenden: »Menschen wie Inge Deutschkron, Margot Friedländer und Walter Frankenstein sind Vorbilder für uns alle.«

Überlebender Die Gedenkrede hielt der Schoa-Überlebende Walter Frankenstein, der mit seiner Familie zwischen 1942 und 1945 im Untergrund in Berlin und Leipzig lebte. Er verbindet mit dem »Gleis 17« Familiengeschichte. Sein Cousin Fritz Hirschfeld wurde von hier vor 72 Jahren deportiert. Frankenstein kann sich genau an den Tag zuvor erinnern, so, als sei es gestern gewesen: »Wir haben uns gedacht, dass er vielleicht besser zwei Mäntel mitnimmt, weil es im Oktober schon kalt war.«

Nach diesem Erlebnis sagten sich seine Frau und er: »Nicht mit uns!«, so Frankenstein, daraufhin sei er mit Frau und Kind untergetaucht. Heute lebt Frankenstein in Schweden. An die Nachgeborenen hatte er die Bitte, »nicht wegzusehen«. Es gehe nicht um Schuldgefühle, sondern um Verpflichtung für die Zukunft. Er wünschte den Deutschen vor allem eine tragfähige und stabile Demokratie.

opfer Schüler des Max-Planck-Gymnasiums gaben den Zahlen von Verschleppung und Tod Namen und Geschichten. Sie stellten Biografien dreier Opfer vor: Herbert Gerson, der als 15-jähriger Zwangsarbeiter bei Siemens verschleppt und ermordet wurde; Bronka Mansbach und ihre Familie, von denen nur Geburts- sowie Deportationsdaten bekannt sind; und schließlich Doris Kaplan, die kurz vor ihrer Deportation noch in Briefen an die Mutter schrieb, wie sehr sie sich auf den Frühling freue.

Die Gedenkstunde fand zum dritten Mal statt. Dass es sie überhaupt gebe, gehe auf das Engagement von Kulturstaatssekretär André Schmitz und Inge Deutschkron zurück, erklärte Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand. »70 Jahre lang hat das Datum keine Rolle gespielt, jetzt ist es fest im Bewusstsein der Stadt verankert.«

Am 18. Oktober 1941 verließ der erste Berliner »Osttransport« mit 1089 jüdischen Kindern, Frauen und Männern den Bahnhof Grunewald in Richtung Lodz (Litzmannstadt). Aus Berlin deportierten die Nazis bis Kriegsende über 50.000 Juden, davon viele über den damaligen Güterbahnhof. Seit 1998 erinnert das Mahnmal »Gleis 17« an die Verbrechen.

Lesung

Ein zeitgenössisches Märchen

Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter stellte im Literaturhaus seinen neuen Roman »Stadt der Hunde« vor

von Luis Gruhler  16.06.2025

Urteil

Sicherungsverwahrung nach Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge

Der Mann hatte die Tat eingeräumt und von »Stimmen« berichtet, die ihn zu dem Brandanschlag aufgefordert hatten

von Jörg Nielsen  16.06.2025

Thüringen

Gebete im »Salon Goethe«

Rund 130 Menschen kamen zum Schabbaton der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin nach Weimar

 16.06.2025

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025