Würdigung

»Ein Jude ist in Teilen von Abu Dhabi sicherer als in Teilen Berlins«

Für sein Engagement für die jüdische Gemeinschaft und den Kampf gegen Antisemitismus hat der ehemalige nordrhein-westfälische CDU-Ministerpräsident Armin Laschet (63) die Josef-Neuberger-Medaille erhalten.

Laschet habe sich mit seinem Einsatz für die Sicherheit Israels sowie der Gründung des NRW-Büros in Tel-Aviv für die Medaille verdient gemacht, hieß es am Mittwochabend in der Begründung anlässlich der Verleihung in Düsseldorf. Die Ehrung wurde ihm von der Jüdischen Gemeinde der Stadt verliehen.

Zur Auszeichnung würdigte Laschet den Namensgeber der Medaille: Josef Neuberger habe trotz des auch nach der Schoa andauernden Antisemitismus in den 1950er Jahren den Mut gefasst, nach Nordrhein-Westfalen zurückzukehren und sich als Justizminister für die SPD in den Staatsdienst einzubringen. »Da saßen nicht nur Widerständler.« Er habe eine einzigartige Karriere vorzuweisen, von der es keine weitere in Deutschland gebe. »Allein das ist ein Grund, bewegt zu sein, diese Medaille zu bekommen«, sagte Laschet vor den Teilnehmern der Verleihungszeremonie.

Laschet verwies in seiner Rede auf Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Dort habe man in einem Stadtviertel eine Moschee, eine christliche Kirche und eine Synagoge in unmittelbarer Nähe zueinander gebaut. Angesichts antisemitischer Vorfälle in der deutschen Hauptstadt sagte der Preisträger, er vermute, »dass in Teilen von Abu Dhabi ein Jude sicherer ist als in Teilen Berlins«.

Peter Maffay als Laudator

Der Sänger und Laudator Peter Maffay sagte: »Mir ist es ein Anliegen, einen Beitrag zu einer koexistenziellen Vision zu leisten.« Friede müsse es für alle Menschen im Nahen Osten geben, sagte er in der Synagoge der Jüdischen Gemeinde.

Zudem wolle er sich Diskriminierung und Hass entgegenstellen. »Wir kennen in der Musik acht Töne, und die haben keine Farbe und keine Nationalität.« Der neunte Ton sei der gute Ton, der darin bestehe, respektvoll miteinander umzugehen.

Maffay knüpfte in seiner Rede während der Verleihungszeremonie an eigene Diskriminierungserfahrungen an. Als geborener Rumäne wisse er, was es bedeute, angefeindet zu werden.

An die Adresse Laschets sagte er: »Ich kenne dich als einen Menschen, der sich für Ausgleich und Verständnis stark gemacht hat.« Er wisse um seinen Drang, Menschen zusammenzubringen - über nationale Grenzen hinweg.

Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, der Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz, nannte Laschet einen Freund, der in schweren Zeiten zu einem Bruder Israels geworden sei. Er kritisierte in der voll besetzten Synagoge der mit rund 7000 Mitgliedern bundesweit größten jüdischen Gemeinde, dass »Politik, Verwaltung, Polizei und Justiz in Europa dem wachsenden Antisemitismus nicht Herr werden«. Wenn das so bleibe, werde »jüdisches Leben in Europa keine Zukunft mehr haben«. Die Juden seien dann sicherlich nicht die letzten Opfer, das zeige die Geschichte überdeutlich.

Der seit 1991 vergebene Preis ist undotiert. Er ehrt Persönlichkeiten und Institutionen der nichtjüdischen Öffentlichkeit, die sich um die Förderung jüdischen Lebens, die Erinnerungskultur an nationalsozialistische Verbrechen und andere Fragen und Themen rund um die jüdische Gemeinde und das Judentum verdient gemacht haben.

Die Medaille ist nach NRW-Justizminister Josef Neuberger (1902-1977) benannt, der im Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutschland tätig war.

Zu den Preisträgern gehören die früheren Bundespräsidenten Johannes Rau und Roman Herzog, der frühere Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, der Geschäftsführer von Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke, und die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). (mit epd)

Lesen Sie mehr dazu in den nächsten Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

München

Nicht zu überhören

Klare Botschaften und eindrucksvolle Musik: Die 39. Jüdischen Kulturtage sind eröffnet

von Esther Martel  23.11.2025

Berlin

Gegen den Strom

Wie der Ruderklub »Welle-Poseidon« in der NS-Zeit Widerstand leistete und bis heute Verbindung zu Nachfahren seiner jüdischen Mitglieder pflegt

von Alicia Rust  23.11.2025

Porträt

Glücklich über die Befreiung

Yael Front ist Dirigentin, Sängerin, Komponistin und engagierte sich für die Geiseln

von Alicia Rust  22.11.2025

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Interview

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Was beschäftigt Misrachim in Deutschland? Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025