München

»Selbstbewusst jüdisch«

Was veranlasste Elimelech und seine Familie im Buch Ruth dazu, nach Moab zu ziehen? Wann bliesen bei der Eroberung Jerichos die Priester die Schofarot? Was geschah mit den Heuschrecken, nachdem Moses gebetet hatte, dass sie entfernt werden?

Beim Bibelquiz »Chidon Hatanach« stellen Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren regelmäßig ihr Wissen über den Tanach unter Beweis. Vor Kurzem fand der bundesweite Wettbewerb zum zweiten Mal in deutscher Sprache statt. Die Schülerinnen und Schüler hatten in einer Vorrunde bereits die Gelegenheit bekommen, Fragen zu beantworten. Wer hier am besten abgeschnitten hatte und die meisten richtigen Antworten nennen konnte, war beim Finale in München dabei. Der Wettbewerb fand im Helene-Habermann-Gymnasium statt, die Gewinnerinnen und Gewinner wurden anschließend im Jüdischen Gemeindezentrum am Jakobsplatz geehrt.

staatsgründung Ins Leben gerufen wurde der Wettbewerb von David Ben Gurion zum zehnten Jahrestag der Staatsgründung Israels im Jahr 1958. Zunächst richtete er sich ausschließlich an Erwachsene, heute ist der internationale Contest vor allem als freiwillige Herausforderung für Schülerinnen und Schüler bekannt, die ihr religiöses Wissen testen wollen.

2022 wurde die Europäische Janusz Korczak Akademie von der Jewish Agency for Israel beauftragt, den Wettbewerb erstmals in Deutschland durchzuführen.

2022 wurde die Europäische Janusz Korczak Akademie von der Jewish Agency for Israel beauftragt, den Wettbewerb erstmals in Deutschland durchzuführen. »Dass die jüdische Gemeinschaft hierzulande endlich auch an diesem Wettbewerb teilnehmen konnte, war richtig und überfällig«, sagte Charlotte Knob­loch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, bei der Preisverleihung im Hubert-Burda-Saal. Sie dankte allen Organisatoren, Teilnehmern und insbesondere Eva Haller.

Insgesamt beteiligten sich in diesem Jahr 250 Jugendliche aus zehn Schulen, jüdischen Religionsunterrichtsklassen und einer E-Learning-Schule an den Vorrunden des Bibel-Quiz. Von ihnen wiederum wurden 20 Gewinnerinnen und Gewinner zum bundesweiten Chidon Hatanach in München eingeladen, die aus verschiedenen Regionen Deutschlands anreisten. Im Jüdischen Gemeindezentrum wurden sie von Charlotte Knobloch begrüßt: »Gäste wie ihr sind eine Freude für unser Haus. Jede jüdische Gemeinde auf der Welt ist stolz, ein Hort der Gelehrsamkeit zu sein. Und auch wir in München tun alles, um das Lernen zu fördern: in allen Altersstufen, von der Wiege bis zur Bahre.«

gelehrsamkeit Denn Gelehrsamkeit sei eine Säule des jüdischen Glaubens. »Sie ist mehr als nur Wissen. Sie ist vor allem Wissen-Wollen«, sagte die IKG-Präsidentin, lobte die Neugierde und das besondere Interesse der Jugendlichen und wies zugleich auf die Bedeutung eines offenen, wachen Geistes hin. Bereits jetzt seien die jugendlichen Teilnehmer des Wettbewerbs jeder für sich genommen ein Sieger, unabhängig davon, wie der Einzelne im Quiz performt habe und ob er einen Preis mit nach Hause nehmen könne oder nicht.

Viel wichtiger sei, was jeder von ihnen im Kopf und im Herzen trage, dies sei der größte Gewinn. »Eure Kenntnis des Tanach und eure Hingabe zur jüdischen Tradition: Beides kann euch niemand mehr nehmen. Und mit eurer Ausdauer und Disziplin habt ihr uns alle zutiefst beeindruckt.«
Samuel Vexler aus München belegte im bundesdeutschen Wettbewerb den ersten Platz. Der zweite Platz ging an Wsewolod Antonov aus Hamburg, der dritte an Eli Afanasev aus Berlin.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekamen das Buch Die Wochenabschnitte der Tora: Buch Bereschit von Rabbi Nachman Zakon und eine Tasse mit dem Tanach-Quiz-Logo geschenkt. Für Samuel Vexler gab es neben dem Pokal, einem Tablet und der Urkunde, die alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten, noch eine weitere Auszeichnung: Für ihn wird der Wettbewerb weitergehen.

»Mit eurer Ausdauer und Disziplin habt ihr uns zutiefst beeindruckt.«

Charlotte Knobloch

Falls es ihm in einer Online-Qualifizierungsrunde, an der die nationalen Gewinnerinnen und Gewinner teilnehmen, gelingt, mindestens 40 Prozent der Fragen richtig zu beantworten, wird er nach Israel eingeladen und hat dort die Möglichkeit, zwei Wochen bei einem Tanach-Camp dabei zu sein.

Dort lernen sich Jugendliche aus der ganzen Welt kennen. Als Höhepunkt des Aufenthalts werden sie beim internationalen Chidon-Hatanach-Finale, das jährlich am Jom Haazmaut in Anwesenheit des israelischen Premiers, des Bildungsministers und anderer wichtiger Akteure des politischen und religiösen Lebens stattfindet, erneut ihr Wissen testen können.

jury Ein Teil der Fragen des Wettbewerbs in München wurde von den Veranstaltern des Chidon Hatanach in Israel, der Jewish Agency for Israel und dem israelischen Bildungsministerium ausgewählt, die anderen wurden von dem Jury-Kollegium erstellt. Vertreten war dies durch Militärbundesrabbiner Zsolt Balla, der darüber hinaus als Rabbiner in der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig tätig ist, Rabbanit Sara Bergauz, die die jüdischen Angelegenheiten des Helene-Habermann-Gymnasiums leitet, und Miriam Vynograd von der Europäischen Janusz Korczak Akademie.

Charlotte Knobloch dankte sowohl den Mitgliedern der Jury als auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dem Organisationsteam und besonders den Lehrkräften für ihr Engagement. Sie alle seien die Handwerker im jüdischen Haus, ohne deren Wirken eine Kontinuität des Judentums nicht möglich sei.

An die Jugendlichen richtete die IKG-Präsidentin folgende Worte: »Respekt vor der Zukunft ist zentral im jüdischen Glauben«, so Charlotte Knobloch. Nichts würde mehr Respekt zeigen als die Kenntnis über die Worte des Tanach. »Stärkt euch mit den Worten unserer Tradition, und gürtet euch mit den Werten unserer Geschichte. In einem Satz: Seid selbstbewusst jüdisch.«

Wajigasch

Mut und Hoffnung

Jakow gab seinen Nachkommen die Kraft, mit den Herausforderungen des Exils umzugehen

von Rabbiner Jaron Engelmayer  19.12.2025

Mikez

Füreinander einstehen

Zwietracht bringt nichts Gutes. Doch vereint ist Israel unbesiegbar

von David Gavriel Ilishaev  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

»Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben«, schreibt Rafael Seligmann

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Chanukka

»Wegen einer Frau geschah das Wunder«

Zu den Helden der Makkabäer gehörten nicht nur tapfere Männer, sondern auch mutige Frauen

von Rabbinerin Ulrike Offenberg  18.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  18.12.2025

Chanukka

Berliner Chanukka-Licht entzündet: Selbstkritik und ein Versprechen

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin am Mittwoch mit viel Politprominenz das vierte Licht an Europas größtem Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet

von Markus Geiler  18.12.2025

Chanukka

Wofür wir trotz allem dankbar sein können

Eine Passage im Chanukka-Gebet wirkt angesichts des Anschlags von Sydney wieder ganz aktuell. Hier erklärt ein Rabbiner, was dahinter steckt

von Rabbiner Akiva Adlerstein  17.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns erwarten?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025