Antisemitismus

»Mit aller Konsequenz«

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) Foto: dpa

Herr Ministerpräsident, Sie haben vergangenen Donnerstag mehr Wachsamkeit gegenüber Antisemitismus angemahnt. An wen richtete sich dieser Aufruf?
An die gesamte Gesellschaft. Nach den schrecklichen Ereignissen, die wir im Oktober vergangenen Jahres in Halle erleben mussten, ist ein Ruck durch die Gesellschaft gegangen, der auch in einer klaren Solidarisierung mit den jüdischen Gemeinden und dem jüdischen Leben Ausdruck gefunden hat. Insofern habe ich mit meinem Aufruf nochmals darauf hingewiesen, dass es jetzt auf jeden Einzelnen ankommt, dass es keine Toleranz gegenüber jeder Form des Antisemitismus und Rassismus geben darf und Zivilcourage das Gebot der Stunde ist. Unser kategorischer und moralischer Imperativ kann nur lauten: Nie wieder!

Am Tag zuvor hatte ein Hallenser auf dem Marktplatz mitten in der Stadt mehrere Passanten als »Judensau« beschimpft. Ein 28-Jähriger, der Zivilcourage zeigte, erhielt vom Täter einen Schlag ins Gesicht. Die Polizei ahndete das lediglich mit einem Platzverweis. Ist dies das richtige Signal?
Bestimmt nicht. In solchen Fällen muss sehr viel entschiedener und entschlossener durchgegriffen werden. Es handelt sich bei solchen Beschimpfungen nicht um Bagatellen. Wehret den Anfängen! Deshalb müssen wir nochmals dafür sensibilisieren, wie die Polizei mit solchen Vorgängen umzugehen hat, damit in der Gesellschaft wahrgenommen wird, dass der Staat mit aller Konsequenz handelt und zu handeln hat.

Vor der Gemeinde in Halle wurde erneut ein Hakenkreuz entdeckt, ein Polizeibeamter soll es stillschweigend wieder beseitigt haben. Wie bewerten Sie diesen Vorgang?
Das ist unter keinen Umständen ein hinnehmbares Verhalten. Es wurde deshalb sofort Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gestellt und ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Zudem wurde der Tatverdächtige ermittelt.

Wie ist es zu erklären, dass der mutmaßliche Synagogen-Attentäter von Halle unbeobachtet einen Fluchtversuch unternehmen konnte?
Das darf nicht passieren, schon gar nicht in unserem Land. Hier ist klar gegen die durch das Justizministerium erlassene Sicherungsverfügung verstoßen worden. Entgegen den Vorgaben wurde der Gefangene nicht permanent beobachtet. Auch hier wurden bereits Konsequenzen gezogen. Wenn Sie sich auf eines verlassen können, dann darauf, dass mir das jüdische Leben seit vielen Jahren am Herzen liegt. Wir sind froh, dass es seit 1990 wieder Gemeinden gibt. Wir bauen in Magdeburg und Dessau Synagogen. Das ist Sachsen-Anhalt! Unser Land ist weltoffen und pluralistisch. Und davon werden wir keinen Millimeter abweichen.

Mit dem Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt sprach Detlef David Kauschke.

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Gaza

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat nennt Ausladung Shanis »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025

Berlin

Soziale Medien: »TikTok-Intifada« und andere Probleme

Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigt sich auf einer Fachtagung mit Hass im Netz: »Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten«

 11.09.2025

Urteil

Bundesgerichtshof bestätigt Geldstrafen gegen Höcke

Das Landgericht Halle habe in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der AfD-Politiker die verbotene SA-Parole »Alles für Deutschland« und »Alles für« gerufen hat

 11.09.2025