Diskussion

Scharfe Kritik an Preisträger der Buber-Rosenzweig-Medaille

Die Auszeichnung mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ist prestigeträchtig. Der handtellergroße, runde Preis ging bisher nicht nur nach Deutschland, sondern auch in andere europäische Staaten, in die USA und nach Israel. Ausgezeichnet werden Personen, Institutionen und Initiativen, die sich um die »Verständigung zwischen Christen und Juden« verdient gemacht und einen »Beitrag für die christlich-jüdische Zusammenarbeit« geleistet haben.

So heißt es beim zuständigen Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Bad Nauheim (Hessen). 2025 soll ein Ehepaar aus Frankfurt am Main auf die Liste der Preisträgerinnen und Preisträger kommen: Für den 9. Mai ist die Verleihung der Medaille an den Historiker Meron Mendel und die Politologin Saba-Nur Cheema in Hamburg geplant. Auf der Liste der Preisträger stehen bisher neben anderen Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Architekt Daniel Libeskind, Pianist Igor Levit, Kirchenmänner und Sänger Peter Maffay.

Die jüngste Entscheidung nun bleibt nicht ohne Widerspruch: Scharfe innerjüdische Kritik kommt vom Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster - in einem Brief von Ende Juni, der jetzt über einige Medien bekannt wurde. Das Schreiben ist an die Mitglieder des Präsidiums des Koordinierungsrates und an dessen Generalsekretär Jan-Ulrich Spies gerichtet. Cheema wird darin nicht kritisiert.

»Umstrittene und zum Teil untragbare Positionierungen«

Schuster wirft jedoch Mendel »umstrittene und zum Teil untragbare Positionierungen« vor. Und: Als Historiker und Co-Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt bekomme Mendel in der Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit und nehme eine »Sprecherposition ein, die als eine vermeintlich repräsentative jüdische Position weitertradiert wird«. Mendel äußere »jedoch nicht selten Ansichten zu Themen, zu denen ihm einerseits einschlägige Expertise fehlt und die weit über seinen Verantwortungsbereich in der Bildungsstätte hinausgehen«. Diese Ansichten seien in der jüdischen Gemeinschaft »nicht mehrheitsfähig«.

Mendels Meinung verschaffe Einblick in eine »linke, israelische (und israelkritische) Minderheiten-Positionierung, die im Diskurs leider zu oft als allgemeingültige jüdische Meinung missverstanden« werde, kritisiert Schuster weiter. In der Tat stammt Mendel, Jahrgang 1976, aus Israel, lebt aber schon lange in Deutschland. Schuster gehört dem Kuratorium des Koordinierungsrats an. Über die Preisvergabe jedoch entscheidet dessen Vorstand, in dem auch jüdische Vertreter sitzen.

»Eine markante Stimme«

Als Begründung für die Verleihung der Medaille hieß es, Mendel sei »eine markante Stimme im öffentlichen Diskurs über den Nahostkonflikt wie auch in Debatten über Antisemitismus und Rechtsextremismus«. Andere würden sagen, Mendel polarisiere. Jedenfalls bringt er wie einige andere auch in den deutschen Diskurs Perspektiven ein, die hierzulande öffentlich nicht so häufig zu hören sind. Die aber - egal, wie man zu ihnen stehen mag - einen Diskurs auch bereichern können.

Da ist etwa seine jüngste Forderung in der »taz« nach einer Anerkennung Palästinas als eigenständiger Staat durch Deutschland - und das mitten im Gazakrieg infolge des Terroranschlags der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Die Anerkennung sei »ein Versuch, Druck aufzubauen, um einen Waffenstillstand in Gaza zu erreichen, und den aktuellen Tiefpunkt zu nutzen, um einen Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern in Gang zu setzen«. Diese Forderung nennt Schuster in seinem Brief »unpassend«.

Im Zuge des Antisemitismusskandals auf der vergangenen »documenta fifteen« in Kassel war Mendel um Unterstützung bei der Aufarbeitung gebeten worden. Er kritisierte die Kuratoren der Kunstausstellung. Und sagte auch: Er glaube nicht an Tabus und sei überzeugt, dass es nichts gebe, was nicht geäußert werden könne. Man müsse jedoch bereit sein, »sich die Gegenposition anzuhören und Kritik einzustecken«.

Antwort liegt noch nicht vor

Was er zu dem Schreiben des Zentralratspräsidenten sagt, ist derzeit nicht zu erfahren. Auf Anfrage wollte Mendel, der im Urlaub ist, den Brief nicht kommentieren. Auf seiner Internetseite sagt er über sich allgemein, dass er sich nicht scheue, Finger in Wunden zu legen. Und: Im »demokratisch-humanistischen Lager« versuche er, »Reflexen der Selbstzerfleischung und Spaltung entgegenzuwirken«.

Für den Zentralrat erklärte ein Sprecher, dass eine Antwort auf das Schreiben bisher nicht vorliege. Generalsekretär Spies sagte, dass der Brief ohne Zutun des Koordinierungsrates den Weg in die Öffentlichkeit gefunden habe.

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