Großbritannien

Antisemitismus nur leicht rückläufig

Demonstration gegen den Antisemitismus in der Labour Party im Dezember 2019 Foto: imago images/ZUMA Press

Die gute Nachricht ist: Das Rekordhoch bei registrierten antisemitischen Vorfällen, das 2019 erreicht worden war, wurde im vergangenen Jahr deutlich unterboten. Die schlechte: Das Niveau des Judenhasses in Großbritannien ist weiterhin sehr hoch, der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr beträgt nur acht Prozent.

»ZOOM-BOMBING« In Frankreich, dem Land mit der größten jüdischen Gemeinschaft in Europa, das vor Kurzem ebenfalls Zahlen für 2020 vorlegte, sank die Zahl der erfassten Vorfälle um fast die Hälfte. In Deutschland stieg sie dagegen stark an.

Nach dem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht des Community Security Trust (CST) wurden im Vereinigten Königreich von Januar bis Dezember insgesamt 1668 antisemitische Vorfälle verzeichnet. 2019 waren es noch 1813 Fälle gewesen. Dennoch ist es die dritthöchste registrierte Zahl seit der erstmaligen Erhebung von Daten im Jahr 1984 .

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Als einen Grund für das weiter hohe Niveau nennt der Bericht die Corona-Pandemie. Diese habe ein neues »Medium geschaffen, durch das die Täter ihre antisemitischen Gefühle ausdrücken« könnten, stellt der CST fest. So wurden 19 Fälle registriert, in denen Antisemiten Videokonferenzen jüdischer Organisationen störten (»Zoom Bombing«) und ausfällig wurden.

Eine Repräsentantin der Videokonferenzplattform Zoom sagte gegenüber der Jüdischen Allgemeinen, man sei »zutiefst bestürzt, von dieser Art von Vorfällen zu hören« und habe vor kurzem die Sicherheitsvorkehrungen bei der Software verbessert. »Wir nehmen Unterbrechungen von Meetings äußerst ernst und arbeiten, wo es angebracht ist, eng mit den Strafverfolgungsbehörden zusammen«, sagte sie.

LOCKDOWN Laut der Auswertung des CST ging die Zahl der Taten an Schulen zurück – wohl auch, weil diese Einrichtungen pandemiebedingt über einen längeren Zeitraum hinweg geschlossen waren.

Die größten Ausschläge gab es im Januar, Februar und Juni, also zu Zeiten, als Großbritannien noch nicht im Lockdown war oder die Beschränkungen wieder lockerte. Im Gegensatz dazu wurden das niedrigste Niveau im März, April und Dezember 2020 verzeichnet, als die Corona-bedingten Beschränkungen am strengsten waren. Der Dezember 2020 war der erste Monat seit drei Jahren, so der CST, in dem weniger als 100 antisemitische Vorfälle verzeichnet wurden.

Insgesamt 332, also fast jeder fünfte der dem CST zur Kenntnis gebrachten Fälle, betraf antisemitische Verschwörungstheorien. Der CST registrierte 100 gewalttätige Attacken auf Juden - ein deutlicher Rückgang von 39 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bis auf drei wurden alle in die Kategorie »einfache Körperverletzung« eingestuft.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Drei Fälle »extremer Gewalt« wurden registriert. Im März wurde ein jüdischer Mann vor seinem Haus in Burnley bei Manchester von drei Männern angegriffen, die ihn als »dreckigen Juden« beschimpften und aufforderten, er möge zurück in »sein Land« gehen.

LABOUR Zudem wurden dem CST 72 Taten von Beschädigung und Schändung jüdischen Eigentums bekanntgemacht. Das Gros der Vorfälle (1399) betraf allerdings verbale Beschimpfungen, antisemitische Graffiti, Beleidigungen in den sozialen Netzwerken sowie Hassmails. Der bekannte Rapper Wiley provozierte mit antisemitischen Aussagen auf Twitter einen Sturm der Entrüstung. 2019 waren die erfassten Fälle in denselben Kategorien aber noch deutlich höher gewesen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Ein stattlicher Anteil (175 Vorfälle) wurde der Kontroverse um Antisemitismus in der Labour Party unter dem mittlerweile aus der Fraktion ausgeschlossenen Ex-Parteichef Jeremy Corbyn zugeordnet. Die Tendenz war allerdings ebenfalls rückläufig. Corbyn wurde im April 2020 von Keir Starmer abgelöst, der eine härtere Gangart gegen Antisemitismus in der Partei anschlug.

Die britische Innenministerin Priti Patel erklärte, es sei »beschämend, dass die jüdische Gemeinschaft im 21. Jahrhundert immer noch rassistischen Beschimpfungen und der Schändung ihrer Synagogen und anderer religiöser und gemeinschaftlicher Stätten ausgesetzt ist«.

Dänemark

Männer sollen 760.000 Euro für die Hamas gesammelt haben

Am Dienstagmorgen nahm die Polizei einen 28-Jährigen fest. Sein mutmaßlicher Komplize sitzt bereits in U-Haft

 05.12.2025

Antisemitismus

Litauen: Chef von Regierungspartei wegen Antisemitismus verurteilt

In Litauen ist der Chef einer Regierungspartei mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen. Dafür musste er sich vor Gericht verantworten. Nun haben die Richter ihr Urteil gefällt

 04.12.2025

Ukraine

Alles eine Frage der Herkunft

Wie ein Korruptionsskandal den antisemitischen Narrativen in Russland Vorschub leistet

von Alexander Friedman  04.12.2025

Europa

»Yid Army« im Stadion

Ein neues Buch erklärt, warum Fußballvereine wie Tottenham Hotspur, Austria Wien und Ajax Amsterdam zu »Judenklubs« wurden

von Monty Ott  04.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Sydney

Jüdische Organisationen prangern »Geißel« Antisemitismus an

Im Fokus steht dieses Mal Australien. Es ist Gastgeber einer Konferenz der internationalen jüdischen Initiative »J7«. Sie stellt Zahlen zu Judenhass auf dem Kontinent vor - und spricht von historischen Höchstständen

von Leticia Witte  02.12.2025

New York

Das sind die Rabbiner in Mamdanis Team

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat Mamdani keinen Ortodoxen in seine Übergangsausschüsse berufen – eine Lücke, die bereits im Wahlkampf sichtbar wurde

 02.12.2025

Italien

Francesca Albanese und ihre »Mahnung« an die Presse

In Turin wurden die Redaktionsräume von »La Stampa« von Demonstranten verwüstet. Die Reaktion der UN-Sonderbeauftragten für die Palästinensergebiete verstörte viele

von Michael Thaidigsmann  02.12.2025

Jüdisches Leben im Libanon

Noch immer hat Beirut eine Synagoge, aber die Gläubigen nehmen ab

Einst war Libanon ihr Zufluchtsort, dann kam der Bürgerkrieg, und viele gingen. Doch nach wie vor gehören Juden zu den 18 anerkannten Religionsgruppen im Libanon - auch wenn nur noch wenige im Land leben

von Andrea Krogmann  02.12.2025