Minderheit

Reisen bildet

Musste für ihren Beruf kämpfen: Touristenführerin Nivin Sidan (M.) Foto: Sabine Brandes

Isa Habib ist niemals krank, und trotz seiner 67 Jahre ist er stärker als sein Sohn, behauptet er. Der Grund dafür ist der regelmäßige Konsum von kalt-gepresstem Olivenöl, das er neben Öl aus dem Samen des Johannisbrotbaumes, Honig, Cremes sowie Seifen mit Ingredienzen wie Kamelmilch, Öl und Pflanzen herstellt. »Saba Habib«, wie der kleine Familienbetrieb im Kibbuz Parod in Galiläa heißt, wurde 1913 von Isas Vater gegründet und schreibt inzwischen Erfolgsgeschichte.

Das zum Teil biologisch hergestellte Olivenöl gehört zu den besten in Israel, es hat mehrere Preise gewonnen und wird inzwischen in zehn Länder exportiert. »Wir verwenden die beste aller Oliven, die Suri aus dem Libanon«, sagt Habib. Und die Familie behielt die traditionelle Herstellungsweise des Großvaters bei: Die Früchte werden in einer Steinmühle gepresst.

karmel Die Habibs gehören zu den rund 120.000 Drusen, die in insgesamt 22 Dörfern im Karmel und im oberen Teil von Galiläa leben. Sie unterscheiden sich von den Drusen im Golan, die sich als Syrer betrachten und die Annahme der israelischen Staatsbürgerschaft verweigern. Die Drusen sind als eigenständige Glaubensgemeinschaft mit eigenen Gerichten und eigener Führung offiziell anerkannt, ihre Sprache ist Arabisch.

Der Glaube der Drusen ist ein Ableger des Islam, der jedoch von altgriechischer und Hindu-Philosophie sowie anderen Traditionen beeinflusst wurde. So glauben sie an Reinkarnation, verehren jüdische wie christliche Propheten. Der Ursprung geht zurück auf das Fatimid-Kalifat in Ägypten im zehnten Jahrhundert. Es ist eine Geheimreligion, bei der die Gläubigen selbst von Unwissenden zu Eingeweihten werden, freiwillig kann man den Glauben nicht annehmen: »Man ist als Druse geboren, werden kann man es nicht«, erklärt Mufed Abureesh, der als Touristenführer arbeitet.

Militär Zuvor hat Mufed wie viele Drusen in der israelischen Armee gedient. Sie haben unter anderem ein eigenes Bataillon – Herev genannt –, das mit besonderen Missionen betraut wird. Drusen gelten als mutig, ihre Anerkennung innerhalb der Gesellschaft verdanken sie zum Großteil ihrem militärischen Einsatz. Erst jüngst pries sie Staatspräsident Schimon Peres als Vorbild »für eine Gemeinschaft, die ihre Lebensweise bewahrt und gleichzeitig in eine neue Welt eintritt«. Er sei stolz auf ihren Beitrag in den israelischen Verteidigungsstreitkräften.

Dieses Lob ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass bislang viele Drusen nach der Armee als schlecht bezahlte Bau- und Landarbeiter und vor allem als Sicherheitskräfte in Firmen endeten. Es ging darum, schnell Geld zu verdienen, um die Familie zu ernähren. Eine lange Ausbildung stand dem im Weg. Doch seit geraumer Zeit befindet sich die kleine Gemeinschaft im Wandel: Es geht um einen höheren Lebensstandard und um bessere Bildung – für Männer und Frauen.

Nicht alle haben wie Saba Habib einen traditionsreichen Betrieb im Rücken – sie fangen klein an. Der blühende Tourismus in der Region kommt ihnen dabei entgegen, genauso wie das dafür zuständige Ministerium. Es unterstützt Familien, die Zimmer zum Übernachten anbieten, mit finanziellen Hilfen und auch Bauern, die ihre Haine etwa während spezieller Festwochen für die Öffentlichkeit zugänglich machen.

Frauen 40 Prozent aller Touristen, die nach Israel kommen, besuchen Galiläa. Dort ist die Landschaft grün, es gibt Wasser und vor allem Olivenbäume. »Rund 1, 5 Millionen Menschen besuchen die Region jedes Jahr«, sagt Lydia Weitzman, die im Tourismusministerium für Marketing zuständig ist. Für die Betreuung der Gäste werden immer mehr Drusen zu Touristenführern ausgebildet. Wie Mufed etwa und Nivin Sidan, die als erste drusische Frau 2005 diesen Beruf ergriff.

Die 32-Jährige ist nur ein Beispiel dafür, wie Traditionen innerhalb dieser geschlossenen Gemeinschaft langsam aufbrechen. Zwar können Frauen zu geistlichen Führerinnen aufsteigen und sind innerhalb der Familien Entscheidungsträger. Trotzdem »ist ihr Leben vorbestimmt«, sagt Nivin. So solle der Beruf die Frau in der Nähe des Hauses halten, also komme etwa Lehrerin infrage.

Nivin musste darum kämpfen, ihre Liebe zur Natur und das Wissen über die Geschichte der Region zu ihrem Beruf zu machen. »Ich hatte niemanden, der mich unterstützte.« Zunächst gab sie deshalb dem Wunsch der Eltern nach und studierte Archäologie und israelische Landeskunde in Haifa. Doch ein Jobangebot der Nationalpark-Behörde war ihre Chance. Sie überzeugte ihre Eltern, »die vor allem Angst hatten, dass die drusische Gemeinschaft mich nicht mehr akzeptieren würde«. Denn in ihrem Beruf als Touristenführerin sei sie oft von Zuhause weg, übernachte woanders: »Das passt nicht ins Bild.« Nivin hat erst vor Kurzem geheiratet, in einem Alter, das für drusische Frauen spät ist. »Ich habe nach einem Mann gesucht, der mich so nimmt, wie ich bin«, sagt sie.

Cremes Die Pionierin unter den drusischen Frauen ist jedoch zweifellos Gamilla Heir. Die 74-Jährige wurde in Peki’in, einem der drusischen Dörfer auf den Hügeln, geboren. Sie lernte den Umgang mit Kräutern von ihrer Mutter, die Medizin damit herstellte. Im Alter von 20 Jahren begann sie, mit der Herstellung von Seifen zu experimentieren – »heimlich in der Nacht«, erinnert sie sich lächelnd. Gegen alle Widerstände reiste sie in Israel herum, um noch mehr über Pflanzen zu erfahren. Inzwischen sind ihre natürlichen Seifen und Cremes, die unter dem Namen »Gamilla Secret« verkauft werden, in vielen Ländern der Welt bekannt. In ihrem Betrieb arbeiten ausschließlich Frauen. Denn, so Heir: »Geld und Bildung bedeuten Unabhängigkeit.«

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