Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Buchvorstellung mit Daria Vakhrushova und Efrat Gal-Ed (v.l.) Foto: Lehrstuhl f. Jüd. Geschichte u. Kultur/L. Strohmeier

Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Die Wissenschaftlerinnen Efrat Gal-Ed und Daria Vakhrushova stellten in München eine zehnbändige Jiddistik-Reihe vor

von Helen Richter  14.01.2025 17:20 Uhr

Efrat Gal-Ed hat viele Begabungen. 1975 kam sie aus Israel zum Studium nach Deutschland. Ihrem Spezialgebiet der Judaistik, das sie – an der Universität Köln neben Germanistik und Komparatistik – speziell am Martin-Buber-Institut belegt hatte, folgte ein Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie als Journalistin für den WDR mit Beiträgen über israelische Literaten, jüdische und jiddische Kultur und machte sich zunehmend auch einen Namen als Übersetzerin aus dem Hebräischen und Jiddischen.

Schließlich trug sie von 2016 bis 2024 als Professorin für Jiddistik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf mit ihren jiddistischen Forschungs- und Editionsprojekten zum hervorragenden Ruf dieses Fachgebiets bei. Sichtbares Ergebnis sind zehn Publikationen. Sie reichen von Sammelbänden jiddischer Lyrik, Essays (Antologye fun yidishe esseyen) und wissenschaftlichen Betrachtungen (Yidish un iberzetsung) bis zur Neuedition eines Grammatik-Klassikers von Elye Falkovitsh (1898–1979).

Daria Vakhrushova, die bei Gal-Ed promovierte, ist seit 2022 Jiddisch-Lektorin in der Abteilung für Jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität. Lehrstuhl-Inhaber Philipp Lenhard stellte diese beiden Jiddisch-Expertinnen bei der Präsentation der Buchreihe »oysgabes un forshung« im Historicum vor. Partner bei dieser Kooperationsveranstaltung war das Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, das Efrat Gal-Ed seit 2001 immer wieder zu Gast hatte.

Unter dem Motto des Bandes Der ganzen Welt benachbart (In shkheynes mit der gorer velt) stellten Gal-Ed und Vakhrushova in einem dialogisch aufgebauten Vortrag die Entwicklung der jiddischen Sprachforschung und Wahrnehmung von vor 100 Jahren bis heute vor. Jiddisch sei, anders als vom hebräischen Nationaldichter Chaim Nachman Bialik prophezeit, nie verschwunden.

»Der Glaube an die Schönheit des Jiddischen« ließ Efrat Gal-Ed und ihre Mitstreiter in jeder Hinsicht über sich hinauswachsen.

Wie die beiden Referentinnen ausführten, habe die jiddische Sprachwelt ihre Autoren, Leserschaft und Forschenden global gefunden und auch in Wechselwirkung mit der Umgebungskultur gestanden. Perez Markisch, der als Aktivist des Jüdischen Antifaschistischen Komitees auf Veranlassung Stalins zu den am 12. August 1952 ermordeten Jiddisch schreibenden Schriftstellern gehörte, sprach einmal vom »Wandergeist«, der jiddisches Schrifttum in die universelle Literatur einreihe.

»Der Glaube an die Schönheit des Jiddischen« ließ Efrat Gal-Ed und ihre Mitstreiter in jeder Hinsicht über sich hinauswachsen. Das betraf die Finanzierung des Projektes über zwölf Jahre ebenso wie die Entscheidungen, jiddische Texte in regional unterschiedlich geschriebenen Formen in eine standardisierte Orthografie zu bringen sowie den Umgang mit unterschiedlicher Morphologie von Begriffen, wie zum Beispiel »barikades« oder »barikadn«.

Um eines kommt man freilich nicht herum: Jiddisch in hebräischen Lettern lesen zu lernen. Es gibt keine Transkriptionen, »nur« die Vorworte und ein Teil der aktuellen Essays sind in Deutsch und Englisch. Damit ist die Editionsreihe auf alle Fälle weltweit zugänglich.

Efrat Gal-Ed, Roland Gruschka, Simon Neuburg (Hrsg.): »Jiddistik. Edition & Forschung«. 10 Bände. Walter de Gruyter, Berlin/Boston

Berlin

Straße nach erster Rabbinerin der Welt benannt

Kreuzberg ehrt Regina Jonas

 12.12.2025

Chanukkia

Kleine Leuchter, große Wirkung

Von der Skizze bis zur Versteigerung – die Gemeinde Kahal Adass Jisroel und die Kunstschule Berlin stellen eine gemeinnützige Aktion auf die Beine. Ein Werkstattbesuch

von Christine Schmitt  12.12.2025

Porträt der Woche

Endlich angekommen

Katharina Gerhardt ist Schauspielerin und fand durch ihren Sohn zum Judentum

von Gerhard Haase-Hindenberg  12.12.2025

Würzburg

Josef Schuster: Hoffnung und Zivilcourage in schwierigen Zeiten

In einem Zeitungsbeitrag verbindet der Präsident des Zentralrates Chanukka mit aktuellen Herausforderungen

 12.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Wie jüdische Kinder Chanukka erleben

»Ich freu’ mich auf die Makkabäer«

Lichter, Dinos, Schokostreusel – was unsere Jüngsten in diesen Tagen am meisten mögen

von Christine Schmitt  11.12.2025

Sachsen

Mit Tiefgang und Pfiff

Am Sonntag wird in Chemnitz das »Jahr der jüdischen Kultur 2026« eröffnet

von Helmut Kuhn  11.12.2025

Kalender

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 11. Dezember bis zum 17. Dezember

 10.12.2025