#2021JLID

Typisch Kölsch

Das Plakat mit dem Porträt Konstantins wirbt für die Wanderausstellung. Foto: PR

#2021JLID

Typisch Kölsch

Eine Ausstellung zu jüdischem Leben nimmt die Domstadt in den Blick

von Ulrike Gräfin Hoensbroech  08.07.2021 09:36 Uhr

»Haben wir wirklich ein Klima der Toleranz?« Mit dieser Frage vor dem Hintergrund der Welle antisemitischer Vorfälle in den vergangenen Wochen legt Ulrike Lubek sogleich den Finger in die Wunde der jüngst entstandenen Verletzungen. Den festlichen Rahmen zur Ausstellungseröffnung Menschen, Bilder, Orte – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland nimmt die Direktorin des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) zum Anlass, um mit ebenso deutlichen wie mahnenden Worten zu betonen: »Antisemitismus wird spürbarer, offener. Das Selbstverständliche funktioniert momentan nicht gut, und darüber bin ich zutiefst betroffen.«

Es müssten alle daran arbeiten, dass sich diese Situation wieder entscheidend verbessere. Ihre Hoffnung ist, dass mit der vom Team »MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln« erstellten Wanderausstellung ein Beitrag geleistet werden könne, der Unkenntnis etwas entgegenzusetzen. »Der Gegenwartsbezug ist wichtig, weil damit historische Phänomene ihre Spiegelung in aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen finden.«

Wanderausstellung Die bis zum 12. August in der Zentrale des LVR zu sehende Schau thematisiert Alltags- und Lebenswelten jüdischen Lebens in Deutschland. Nach Essen und Münster ist Köln die dritte Station der Wanderausstellung, die außerdem noch in Wesel und Dortmund zu sehen sein wird.

Vier begehbare und multimedial gestaltete Kuben widmen sich vier übergeordneten Themenkomplexen: Recht und Unrecht, Leben und Miteinander, Religion und Geistesgeschichte, Kunst und Kultur. An der Rückwand eines jeden Kubus wird ein Film zu dem jeweiligen Oberbegriff präsentiert. Laura Cohen, die Kuratorin der Ausstellung, betont, dass es darum gehe, »die Vielfalt des Judentums und dessen konkrete Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Miteinander bis in die Gegenwart aufzuzeigen«. Oftmals war das Miteinander aber ein Gegeneinander. Von Ausgrenzung, Verfolgung, Unrecht und Tötung jüdischer Menschen berichtet der Kubus »Recht & Unrecht«. Neben der Schoa wird beispielsweise auch das Kölner Pestpogrom von 1349 thematisiert.

Nun, da die Ausstellung in Köln zu sehen ist, erhalten die Alltagsgeschichten und Personen aus der Stadt am Rhein besondere Aufmerksamkeit. Der Bankier Abraham von Offenbach, der Komponist Jacques Offenbach, der Unternehmer Leonhard Tietz oder die zum Katholizismus konvertierte und in Auschwitz ermordete Nonne Edith Stein stehen exemplarisch für Blicke auf kölnische Aspekte und Kontexte in Geschichte, Politik und Kultur dieser 1700 Jahre.

»Das sich entwickelnde und florierende Judentum in Deutschland hat es verdient, von unserer Gesellschaft kennengelernt zu werden«

Abraham Lehrer

»Das sich entwickelnde und florierende Judentum in Deutschland hat es verdient, von unserer Gesellschaft kennengelernt zu werden«, betonte Abraham Lehrer, der als Vizepräsident des Zentralrats der Juden und Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln die Ausstellung miteröffnete.

MiQua Der Kubus »Leben & Miteinander« stellt anhand von Erkenntnissen aus dem mittelalterlichen jüdischen Stadtviertel Kölns das Zusammenleben von Juden und Christen im Laufe der Jahrhunderte dar.

Für Thomas Otten, den Direktor des MiQua, öffnet die Ausstellung bereits ein Fenster in das im Bau befindliche jüdische Museum, das frühestens 2024 über den in den letzten Jahren freigelegten baulichen Zeugnissen des mittelalterlichen Judenviertels eröffnet wird: »Die von uns präsentierten Biografien, Bilder und Orte werden auch in unserer künftigen Dauerausstellung im MiQua eine wichtige Rolle spielen. Mit der Wanderausstellung gewinnen wir Erfahrung im Umgang mit bestimmten Themen und Narrativen.«

www.shop.Synagoge-roedingen.lvr.de/#/exhibition/54

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  22.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Porträt

Am richtigen Ort

Arie Oshri ist Koch, Dragqueen und lebt in seiner Wahlheimat Berlin

von Alicia Rust  20.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025