München

Für die Sicherheit jüdischen Lebens

Nach der Kabinettssitzung »Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung des Antisemitismus« Foto: Christian Rudnik

Bayern hat als erste deutsche Landesregierung die »internationale Definition des Antisemitismusbegriffs« für sich angenommen. Das ist das Ergebnis einer Sitzung des bayerischen Kabinetts, die am Dienstag unter Vorsitz von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der Münchner Staatskanzlei stattfand und in der »Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung des Antisemitismus« im Mittelpunkt standen.

Dazu eingeladen waren Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) sowie Katharina von Schnurbein, Antisemitismusbeauftragte der EU-Kommission.

Schuster dankte dem Kabinett ausdrücklich dafür, die Definition offiziell angenommen zu haben. Er sieht darin einen »wichtigen Schritt, der jüdisches Leben in Deutschland sicherer macht« und sowohl der Bekämpfung als auch der Prävention von Antisemitismus diene. »Juden fühlen sich in Bayern wohl, das kann man, glaube ich, auch heute im Jahr 2019 so sagen, wenn es auch Wolken gibt«, sagte Schuster. Wie man mit Minderheiten – mit Juden – umgehe, sei ein Zeichen dafür, wie gefestigt die Demokratie eines Landes ist. Die Festlegung dessen, was unter Antisemitismus zu verstehen ist, helfe auch Behörden, wie Polizei und Justiz, eine Sachlage besser zu erkennen »und entsprechend vorzugehen«.

Schule In diesem Zusammenhang sprach Schuster auch das Thema Schulen an, sowie die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte »im Umgang mit Antisemitismus, der heute leider auch in Schulklassen und auf den Pausenhöfen stattfindet«. Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler Bayern) gab dazu anschließend noch genauer Auskunft.

Charlotte Knobloch bezeichnete die »eindeutige Definition« als richtiges »Sig­nal«, das »Klarheit« schaffe. »Bayern geht da als Bundesland voran«, sagte sie, und dass so ein Schritt »innerhalb der jüdischen Gemeinschaft ankomme«. Knobloch berichtete aus ihrem Gemeinde­alltag, »dass es Menschen gibt, die Antisemitismus erlebt haben und manchmal aufgrund des Schocks und ihrer Angst nur mit mir sprechen wollen«.

Spaenle wertet die Anerkennung der Antisemitismus-Definition als einen »historischen Schritt« und »starkes Zeichen« gegenüber dem »Krebsgeschwür« Antisemitismus. Ministerpräsident Söder formulierte den Anspruch für sein Bundesland: »Bayern will das sicherste Land für Juden in Deutschland sein.« Die Definition des Wortes Antisemitismus sei da nur »auf den ersten Blick ein rein formaler Akt«. »Es ist ein Bekenntnis«, sagte er.

Katharina von Schnurbein hob hervor, dass die Definition von Antisemitismus »mit Leben zu füllen« sei. »Das Bewusstsein, was Antisemitismus ist, muss sich festigen.«

Rechtsverbindlichkeit Die »internationale Definition des Antisemitismusbegriffs« wurde 2016 von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), einer zwischenstaatlichen Einrichtung, formuliert. Sie ist »rechtlich nicht bindend«, bietet aber eine Orientierung.

Nach ihr ist Antisemitismus eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Antisemitismus richte sich in Wort und Tat gegen jüdische und nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. »Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.« Die Bundesregierung hatte 2017 beschlossen, sich der Definition anzuschließen.

Sicherheit

»Keine jüdische Veranstaltung soll je abgesagt werden müssen«

Nach dem Massaker von Sydney wendet sich Zentralratspräsident Josef Schuster in einer persönlichen Botschaft an alle Juden in Deutschland: Lasst euch die Freude an Chanukka nicht nehmen!

von Josef Schuster  17.12.2025

Deutschland

»Das Licht wird nicht erlöschen«

Trotz des Terroranschlags in Sydney lassen es sich viele Juden in Deutschland nicht nehmen, öffentlich Chanukka zu feiern. Ein Stimmungsbild

von Christine Schmitt, Helmut Kuhn, Nicole Dreyfus, Ulrike Gräfin Hoensbroech  17.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Neuer Staatsvertrag für jüdische Gemeinden in Sachsen-Anhalt

Das jüdische Leben in Sachsen-Anhalt soll bewahrt und gefördert werden. Dazu haben das Land und die jüdischen Gemeinden den Staatsvertrag von 2006 neu gefasst

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns erwarten?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Berlin

Chanukka-Licht am Brandenburger Tor entzündet

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin das erste Licht am Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet. Der Bundespräsident war dabei

 15.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Berlin

Straße nach erster Rabbinerin der Welt benannt

Kreuzberg ehrt Regina Jonas

 12.12.2025