Köln

»Die Grenze wurde erneut überschritten«

Es war eines der Themen, die am Wochenende in der jüdischen Gemeinschaft für Gesprächsstoff sorgten. Als die Kölner Aktivistin Malca Goldstein-Wolf am Samstag mit einer Israelfahne gegen Schautafeln aus der umstrittenen Ausstellung Frieden ist möglich – auch in Palästina auf dem Chlodwigplatz protestierte, wurde sie von einer Passantin verbal und körperlich angegriffen.

Goldstein-Wolf brachte den Vorfall bei der Polizei zur Anzeige. Im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen sagte die Kölnerin: »Ich bin geschockt. Offenkundig ist es nicht mehr möglich, sich öffentlich zu Israel zu bekennen, ohne antisemitisch angefeindet zu werden.«

Jetzt hat sich auch die Synagogen-Gemeinde Köln zu Wort gemeldet – und klare Worte für den Angriff auf die Kölner Aktivistin gefunden. »Wir, die Vorstände der Synagogen-Gemeinde Köln, verurteilen die Attacke auf eine pro-israelische Aktivistin scharf. Es ist damit erneut eine Grenze überschritten worden, in der friedlicher Protest mit körperlicher Gewalt beantwortet wurde«, sagte Geschäftsführer David Klapheck im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.

Antisemitismus »Die Täterin als ›offensichtlich kranke Frau‹ zu bezeichnen, ist unseres Erachtens eine Ausrede. Vielmehr ist es der Versuch, eine Schuldunfähigkeit der Täterin in den Vordergrund zu stellen, und dies bedeutet, Verantwortung wegzuschieben, und die uns nur zu bekannte verbale Abschwächung von Antisemitismus«, betont der Geschäftsführer der Synagogen-Gemeinde.

Scharfe Kritik äußerte die Jüdische Gemeinde auch an der Ausstellung Frieden ist möglich – auch in Palästina. »Die Ausstellung wurde in der Lutherkirche aus gutem Grunde abgesagt«, unterstrich Klapheck. Pfarrer Hans Mörtter und die Organisatoren der Propagandaaktion wollten aber unbedingt in die Öffentlichkeit und nähmen dafür einiges in Kauf.

»Stadtsuperintendent Rolf Domning sagte voraus, was passieren wird: ›Ausstellungen, die eine einseitige und unzureichend reflektierte Schuldzuweisung gegenüber Israel befürchten lassen, können damals wie heute antisemitische Tendenzen verstärken.‹ Genau dies ist jetzt passiert«, resümiert der Geschäftsführer der Gemeinde den Vorgang.

Wanderausstellung Bereits vergangene Woche war die für Oktober angekündigte Ausstellung zum Konflikt zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten in der Kölner Lutherkirche abgesagt worden. Für die Präsentation der Wanderausstellung Frieden ist möglich – auch in Palästina seien im Vorfeld die entsprechenden Gremien von Gemeinde und Kirchenkreis nicht miteinbezogen worden, begründete der Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte, Rolf Domning, am Mittwoch vergangener Woche die Absage.

Schon sechs Jahre zuvor, im Jahr 2012, war in der Kölner Lutherkirche eine Ausstellung zur sogenannten Nakba geplant gewesen, erklärte der Superintendent. Der Begriff bezeichnet im arabischen Sprachgebrauch die angebliche massenhafte Flucht und Vertreibung von arabischen Palästinensern im Jahr 1948 im Rahmen der Staatsgründung Israels.

Damals habe sich die Gemeindeleitung gegen die »Nakba«-Ausstellung ausgesprochen, erläuterte Domning. »Die aktuelle Ausstellung weist viele Parallelen zu der damaligen Ausstellung auf, weshalb der neuen Ausstellung möglicherweise ein bestehender Presbyteriumsbeschluss entgegensteht«, betonte der Superintendent. Dies hätte geprüft werden müssen.

Stuttgart Erst im September hatte die ähnlich konzipierte »Nakba«-Ausstellung im Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart und in der Evangelischen Akademie Bad Boll für eine Kontroverse gesorgt. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft nannte sie antisemitisch.

Der Antisemitismusbeauftragte der baden-württembergischen Landesregierung übte ebenfalls scharfe Kritik an der Einseitigkeit und Tendenz der Ausstellung. Der Grünen-Politiker Volker Beck wirft ihr vor, antisemitische Ressentiments zu schüren. ppe

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in wiedereröffneter Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  16.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Berlin

Margot Friedländer Preis wird verliehen

Die mit insgesamt 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gehe an Personen, die sich für Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie einsetzen

 15.09.2025