Hannover

»Alle in einem Boot«

Ingrid Wettberg sah am Sonntagmorgen schwarz: Dauerregen. Würde das Wetter der Veranstaltung »Wir sitzen alle in einem Boot« am Maschsee einen Strich durch die Rechnung machen? Die Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover Etz Chaim hatte vorsorglich eine Reisetasche voller Regenkleidung dabei, um ihre Gäste aus Warschau beim Toleranzrudern nicht im Regen stehen zu lassen. Polen war Gastland des Wettstreits.

Das Bündnis um Initiator Werner Hohlbein ließ sich nicht unterkriegen. Gut 300 Besucher verfolgten unter Kapuzen, Regencapes und Schirmen das Geschehen von der Maschseequelle aus, und mehr als 100 von ihnen stiegen am Nachmittag beherzt in die Boote.

Partner Vor der Regatta standen ein musikalischer Auftakt mit einem Kinderchor, eine Ausstellungseröffnung sowie eine Diskussionsrunde zum Thema »20 Jahre Partnerschaftsvertrag Großpolen mit Niederschlesien und Niedersachsen« auf dem Programm. Dabei saßen auch Mitarbeiter der Volkswagen AG aus Wolfsburg und aus Hannovers polnischer Partnerstadt Poznán mit auf dem Podium.

Dass eine elfköpfige Delegation der liberalen Synagogengemeinde Ec Chaim aus Warschau unter Leitung von Gemeinderabbiner Stas Wojciechowicz nach Hannover kommen konnte, war dem Engagement des Automobilkonzerns zu verdanken. Am Sonntagmorgen wurde die Ausstellung »Den Bildern Namen geben« eröffnet, in der Azubis von Volkswagen und Volkswagen Motor Polska ihre Eindrücke, die sie während ihrer Arbeit in der Gedenkstätte Auschwitz gesammelt haben, wiedergeben.

Trotz Dauerregens starteten schließlich die Drachenboote wie geplant. Hannovers Erster Bürgermeister Bernd Strauch (SPD) war in Gummistiefeln dabei und betätigte sich im Promi-Boot als Trommler. Gemeinderabbiner Yuriy Kadnykov stieg mit dem Sprecher des Rates Türkischer Gemeinden, Muammer Duran (CDU), in ein Boot. Während seiner Schulzeit habe ihn die Nazizeit sehr interessiert, betonte Duran.

Regenschutz Im nächsten Durchlauf ging auch ein Boot mit fünf Warschauer Teilnehmern an den Start. Ausgestattet mit Wettbergs wetterfester Kleidung traute sich auch ihr Rabbiner Wojciechowicz aufs Wasser. Einer seiner Mitstreiter war der polnische Schauspieler Robert Koszucki. »Robert hat noch nie so ein Boot gesehen, geschweige denn darin gepaddelt«, sagte Karolina Szykier-Koszucka über ihren Mann. Offenbar kein Hindernis, denn die Mannschaft um Stas Wojciechowicz kam nach der polnischen Jugendmannschaft aus Poznán als zweite ins Ziel und nahm ihre Medaillen entgegen.

»Ich bin total enttäuscht, weil ja die Hälfte des Programms buchstäblich ins Wasser fiel«, befand Gemeindevorsitzende Ingrid Wettberg zum Schluss. Und doch: »Dass wir uns jetzt schon zum achten Mal zum Drachenbootrennen getroffen haben, ist ein Wunder.« Margarita Suslovic vom Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen pflichtet ihr bei: »Toleranz ist wasserfest. Wir treffen uns bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen und Arbeitskreisen wieder. Das Drachenbootrennen ist mit der ungewöhnlichste Teil.« Nächstes Jahr ist Südafrika Gastland.

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025

Meinung

Jewrovision: einfach jung und jüdisch sein

Junge Jüdinnen und Juden sind alltäglich Anfeindungen ausgesetzt. Für sie ist die Jewrovision ein Safe Space

von Katrin Richter  11.06.2025