Berlin

»Wir müssen jetzt agieren«

Am Rednerpult: Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: Gregor Zielke

Zentralratspräsident Josef Schuster hat vor einer Ausweitung der Pegida-Bewegung sowie rechtspopulistischer Parteien wie der AfD gewarnt. Bei seiner Rede am Mittwochabend zum Tag der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) nutzte Schuster die Gelegenheit, auf die Gefahren für die jüdische Gemeinschaft hinzuweisen. Er sei besorgt hinsichtlich des rechten und linken Extremismus sowie des importierten Antisemitismus.

Der Stiftungstag diene der Standortbestimmung und dem Nachweis der Stiftungsarbeit, betonte der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, in seiner Begrüßungsansprache. In diesem Jahr feiert die Konrad-Adenauer-Stiftung das zehnjährige Jubiläum des Tages, zu dem auch viele internationale Stipendiaten, Botschafter, Politiker aus Bundes- und Landtag sowie Mitarbeiter eingeladen waren.

Pluralität Eine Standortbestimmung nahm auch Josef Schuster vor. Passend zum Jahresthema der KAS, »Was uns prägt – Was uns eint«, zeichnete er ein Bild des jüdischen Selbstverständnisses in Zeiten der Flüchtlingskrise. Dabei trat der Zentralratschef deutlich für eine plurale Gesellschaft mit einem gemeinsamen Wertekodex ein. Die jüdische Gemeinschaft, so wie sie heute bestehe, könne Vorbild für ein vereintes einiges Europa sein.

Nicht nur die Überlebenden der Schoa stellten Anfang der 50er-Jahre eine heterogene Gesellschaft dar, mit der Zuwanderung von Juden aus den zerfallenden Staaten der ehemaligen Sowjetunion kamen weitere Menschen anderer Prägung hinzu. Diese Gemeinschaft habe man »zukunftsfähig« machen müssen, Perspektiven wechseln müssen. Nicht allein der 9. November 1938 als Beginn der Ausgrenzung der jüdischen Gemeinschaft und damit die Rolle als Opfer stehe im Fokus, der 8. Mai geriet ins Blickfeld der »russischen Juden«, sie brachten die Perspektive der Sieger ein.

Hilfe für Menschen in Not sei eine religiöse wie moralische Pflicht, betonte Schuster, Juden seien unter den ersten Helfern gewesen, als es um die Betreuung von Flüchtlingen ging.

Islamischer Staat Sorge bereite ihm jedoch die Warnung von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, dass der sogenannte Islamische Staat seine Leute mit dem Flüchtlingsstrom in Europa infiltriere. Er frage sich daher, »mit welchen politischen Einstellungen und Werten diese Menschen zu uns kommen«. Oftmals hätten sie eine Sozialisation erfahren, die sie Hass auf Israel und Juden lehre.

Muslimische Verbände müssten sich daher stärker gegen die extremistische und fanatische Interpretation ihrer Religion aussprechen, forderte Schuster. Werte wie Menschenrechte, Freiheit und Gleichberechtigung müssten gefestigt und verteidigt werden. Dafür seien eine verlässliche Demokratie, Verantwortung jedes Einzelnen sowie universell geltende Menschenrechte unabdingbar.

Um ein künftiges friedvolles Zusammenleben ermöglichen zu können, müssten »alle bei uns lebenden Menschen sich mit diesen Werten identifizieren«, betonte Schuster. Der Gesellschaft und der Politik sei es überlassen, deren »Logik und Plausibilität« zu vermitteln.

Schuster rief, immer wieder von Beifall unterbrochen, dazu auf, »jetzt zu agieren, nicht später oder morgen«. Dazu gehöre auch, Israels Existenzrecht zu wahren und seine Sicherheit zu schützen, so wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel als deutsche Staatsräson beschreibe.

Unkenntnis abbauen Begegnungen schaffen, Unwissenheit und Unkenntnis abbauen, so formuliert Schuster das Ziel einer europäischen wie deutschen Wertegemeinschaft. »In der Vielfalt vereint – das ist etwas, wohin wir streben sollten. Kulturelle und religiöse Vielfalt als Chance, die wir nutzen sollen«, forderte der Zentralratspräsident. »Wir dürfen keine Wunder erwarten. Wir müssen sie uns erarbeiten – gemeinsam!«, schloss er seine 50-minütige Rede.

»Eindrucksvoll« nannte Stiftungsvorsitzender Hans-Gert Pöttering die Rede des Zentralratspräsidenten. Besonders habe ihm als Europapolitiker Schusters Bekenntnis zur Vielfalt in der Einheit gefallen. Das sollte als Schlusswort dienen, bevor Pöttering das Gartenfest eröffnete. Auch Josef Schuster blieb noch auf ein Bier bei strahlendem Sonnenschein.

Debatte

Verbot durch US-Präsident Trump: Wie gefährlich ist die »Antifa-Ost« wirklich?

In einem ungewöhnlichen Schritt stuft die Trump-Regierung vier linksextreme Organisationen als Terrorgruppen ein - in Europa. Betroffen ist auch eine Gruppierung in Deutschland

von Luzia Geier  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Israel

Altkanzlerin Merkel besucht Orte der Massaker

Angela Merkel besuchte den Ort des Nova-Festivals und den Kibbuz Nahal Oz

 13.11.2025

Schleswig-Holstein

Polizei nimmt weiteren Hamas-Terroristen fest

Mahmoud Z. soll ein Sturmgewehr, acht Pistolen und mehr als 600 Schuss Munition für Anschläge gegen jüdische und israelische Einrichtungen organisiert haben

 13.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten klettern auf Brandenburger Tor

Oben angelangt entrollten sie ein Banner, auf dem sie Israel Völkermord vorwarfen

 13.11.2025

Diplomatie

Israel drängt Merz auf Ende des Teilwaffenembargos

Der Bundeskanzler hatte am 8. August angeordnet, keine Güter auszuführen, die im Krieg gegen die Hamas verwendet werden könnten

 13.11.2025