In der schwarz-roten Koalition werden in Zusammenhang mit dem Krieg in Israel und Gaza unterschiedliche Positionen zwischen SPD und Union immer deutlicher.
Während Außenminister Johann Wadephul (CDU) Israel am Vortag beim Besuch seines Amtskollegen Gideon Saar weitere Waffenhilfe zugesagt hatte, wurden bei einer Bundestagsdebatte zur Lage im Gazastreifen die mahnenden Stimmen in der SPD lauter, die eine Überprüfung deutscher Waffenlieferungen fordern.
»Es ist nicht glaubwürdig, wenn deutsche Waffen dazu dienen, die humanitäre Katastrophe zu verlängern oder womöglich gar Völkerrechtsverletzung mitzuverursachen«, sagte der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner.
»Bestehende Rechtslage«
Israel geht in Gaza gegen die Hamas vor, die den Krieg vor 609 Tagen mit ihren Massakern in Israel begann und seither noch 56 Geiseln hält, von denen die meisten tot sind. Rund zwei Monate lang blockierte die israelische Regierung Hilfslieferungen in den Gazastreifen, um nach eigenen Angaben den Druck auf die Terroristen der Hamas zu erhöhen. Nach internationaler Kritik übernahm die neu gegründete Gaza Humanitarian Foundation die Versorgung der Bevölkerung.
Stegners Fraktionskollegin Isabel Cademartori sagte dennoch, die SPD-Fraktion unterstütze eine Überprüfung der Waffenexporte entlang der Prinzipien des humanitären Völkerrechts. »Deutsche Waffen dürfen nicht für Kriegsverbrechen eingesetzt werden. Darüber darf es in diesem Haus keine zwei Meinungen geben, denn das ist unsere bestehende Rechtslage, abgeleitet aus unserem Grundgesetz.«
Israel und Militärexperten aus anderen Staaten sehen in Gaza keine Kriegsverbrechen Israels, wohl aber der Hamas, da sie Geiseln hält, diese aushungert, foltert und ermordet, und da sie ihre eigene Bevölkerung als lebenden Schutzschild missbraucht.
»Nicht irgendwann, sondern jetzt«
Mit dem so stark wie nie zuvor beschleunigten »illegalen Siedlungsbau« Israels im Westjordanland würden im Schatten von Gaza zudem Fakten geschaffen, fügte Cademartori hinzu. Damit solle eine Zweistaatenlösung verhindert werden, bei der Israelis und Palästinenser friedlich nebeneinander leben könnten.
Nachdem die Zweistaatenlösung auch laut Koalitionsvertrag Grundlage der Politik der Bundesregierung sei, müssten nun konkrete Schritte zur Anerkennung eines unabhängigen palästinensischen Staates vereinbart werden. »Nicht irgendwann, sondern jetzt«, sagte sie.
Dabei ist es nicht Israel, sondern die Führung der Palästinenser, die die vieldiskutierte Zweistaatenlösung seit Jahrzehnten ablehnt. Ihr wurde mehrfach Gaza, der größte Teil des Westjordanlandes und ein autonomes Ost-Jerusalem für einen eigenen Staat angeboten. Sie lehnte ab.
Belohnung des Terrors
Trotzdem hatte auch Wadephul den Beschluss der israelischen Regierung, 22 Siedlungen im Westjordanland zu genehmigen, am Vortag in Anwesenheit seines israelischen Amtskollegen Saar »in dieser Form völkerrechtswidrig« genannt. Er verbaue den Weg zu einer Zweistaatenlösung.
Eine Anerkennung eines Staates Palästina zum jetzigen Zeitpunkt wäre allerdings ein falsches Zeichen, ergänzte er. Ein solcher Schritt könne erst am Ende von Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung stehen.
Die israelische Regierung warnte ebenfalls vor einer Anerkennung zum jetzigen Zeitpunkt, da sie den Terror belohnen würde. dpa/ja