München

Schoa-Verharmlosung: Amtsgericht verurteilt Grünen-Politiker

Bezeichnete die Grünen als »die neuen Juden«: Ex-Stadtrat Bernd Schreyer Foto: Grünen-Fraktion München

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Schoa-Verharmlosung: Amtsgericht verurteilt Grünen-Politiker

Bernd Schreyer wurde vom Amtsgericht München wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt

von Michael Thaidigsmann  18.04.2024 20:54 Uhr

»Ohne Ansehen der Person« – dieses Prinzip des Rechtsstaats wurde am Donnerstag dem bayerischen Grünen-Politiker Bernd Schreyer zum Verhängnis. Das Amtsgericht München verurteilte ihn wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 6000 Euro.

In einer hitzigen Auseinandersetzung auf X (ehemals Twitter) über das Gebäudeenergiegesetz hatte Schreyer im Juni letzten Jahres folgenden Satz gepostet: »Es tut mir leid, dass ich das sagen muss. Aber ich habe mir mal die Flut an Kommentaren von sog. ›bürgerlich konservativen‹ und ›rechtsextremen‹ ›Meinungen‹ angesehen. Obwohl es nie ein Heizungsverbot gab, ist es gelungen so gegen Grüne aufzuwiegeln, als seien sie die ‚neuen Juden‘ die ‚ausgemerzt‘ werden müssen, um Deutschland wieder alles Glück und Wohlstand zu bringen.«

Das brachte dem heute 73-Jährigen nicht nur einen Shitstorm im Netz ein, sondern kostete ihm zudem - auch nach Druck aus der eigenen Partei – seinen Sitz im Münchner Stadtrat. Zwar hatte Schreyer den Kommentar recht schnell wieder gelöscht. Aber Andreas Franck, Antisemitismusbeauftragter der bayerischen Justiz, leitete gegen ihn ein Ermittlungsverfahren nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuches ein.

Demnach kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, »wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.«

Für Franck war die Sache klar: Schreyer habe vielleicht nicht vorgehabt, die Verbrechen der Nationalsozialisten an den Juden zu bagatellisieren. »Verharmlost«, so der Oberstaatsanwalt, habe der Grünen-Politiker sie durch seine Gleichsetzung mit der Kritik an den Grünen heute gleichwohl.

»Ihnen war bewusst, dass die öffentliche Kritik am geplanten Gebäudeenergiegesetz in keinem Zusammenhang zur systematischen Massenvernichtung von Juden im Rahmen des Holocaust steht. Gleichwohl stellten Sie eine gedankliche Verbindung zwischen der industriell durchgeführten Ermordung von etwa sechs Millionen jüdischen Menschen unter der NS-Diktatur und der Kritik am vorgenannten Gesetz her. Dabei nahmen Sie zumindest billigend in Kauf, durch die Heranziehung des Holocaust zum Vergleich mit abwertenden Äußerungen zum Gebäudeenergiegesetz die millionenfache Ermordung von Juden im NS-Terror zum beliebigen Vergleichsobjekt für jedermann zu degradieren und zu verharmlosen«, sagte Franck.

Der Ankläger bezog sich in seiner Argumentation ausdrücklich auf die seit der Corona-Pandemie geltende Rechtsprechung der bayerischen Gerichte, nach der auch unter anderem das Zeigen des gelben »Judensterns« der Nationalsozialisten bei Protestkundgebungen gegen die Corona-Politik der Regierenden nach Artikel 130 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs zu ahnden ist.

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Schreyer und sein Verteidiger, der frühere grüne Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag, argumentierten vor Gericht hingegen mit Schreyers langjährigem Einsatz gegen Antisemitismus und mit der Begründung, der damals noch amtierende Stadtrat habe nie den Holocaust und die Verbrechen an den Juden verharmlost und auch nie eine entsprechende Gesinnung an den Tag gelegt.

Gleich zu Beginn der Verhandlung betonte der Angeklagte, er habe sich schon in der Schulzeit gegen »die vorherrschende Verdrängung und das Verschweigen der NS-Zeit« engagiert. Zudem hätten Verwandte vor den Nationalsozialisten fliehen müssen, einer sei sogar im KZ Theresienstadt gewesen.

Doch die Richterin folgte im Wesentlichen der Argumentation der Staatsanwaltschaft, dass der Straftatbestand der Volksverhetzung dennoch erfüllt sei. Die von Franck beantragte Strafe von 90 Tagessätzen à 100 Euro reduzierte sie zwar auf 60 Tagessätze. Allerdings betonte sie in ihrer mündlichen Urteilsbegründung die Strafbarkeit der Aussagen des Grünen-Politikers.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Schreyer dürfte es wahrscheinlich in der nächsten Instanz anfechten.

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