Antisemitismus

Saalverbot für BDS-Bewegung in München nicht zulässig

Anti-BDS-Demonstration in München (Symbolfoto) Foto: imago/Michael Trammer

Die Stadt München muss auch Veranstaltungen der laut Deutschem Bundestag und zahlreichen Antisemitismusexperten in Zielen und Handlungen judenfeindlichen BDS-Bewegung in städtischen Räumlichkeiten ermöglichen. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht heute in Leipzig.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zeigte sich enttäuscht und sprach von einem »Rückschlag, der auch viele jüdische Münchnerinnen und Münchner persönlich und die demokratische Stadtgesellschaft insgesamt betrifft.«

Das Gericht wies die Revisionsklage der Stadt München zurück, die sich gegen ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom November 2020 richtete. Dieser verpflichtete die Stadt, dem Münchner Kläger für eben solch eine Podiumsdiskussion Zugang zu einem städtischen Veranstaltungssaal zu verschaffen.

Die Stadt hatte dies zuvor abgelehnt und sich auf einen Stadtratsbeschluss vom Dezember 2017 bezogen. Dieser legt fest, dass für Veranstaltungen, die sich mit den Inhalten, Themen und Zielen der BDS-Kampagne befassten oder diese unterstützten, keine städtischen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden dürften, da es sich bei der BDS-Kampagne um eine antisemitische Bewegung handele, die gegen die geltende Verfassungsordnung verstoße.

Der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschied nun: »Die Beschränkung des Widmungsumfangs einer kommunalen öffentlichen Einrichtung, die deren Nutzung allein aufgrund der Befassung mit einem bestimmten Thema ausschließt, verletzt das Grundrecht der Meinungsfreiheit.« Der Stadtratsbeschluss greife in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit ein, weil er eine den Ausschluss von der Benutzung öffentlicher Einrichtungen »an die zu erwartende Kundgabe von Meinungen zur BDS-Kampagne oder zu deren Inhalten, Zielen und Themen knüpft«.

Ferner wies das Gericht darauf hin, dass der Stadtratsbeschluss, auf den sich die Stadt bezog, kein Rechtssatz und nicht meinungsneutral sei. »Er ist auch nicht mit dem Schutz von Rechtsgütern zu rechtfertigen, die schlechthin ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützen sind«, hieß es in der Entscheidung. Angesicht der vorliegenden Tatsachen des Berufungsurteils sei bei der vom Kläger geplanten Veranstaltung ein Rechtsbruch oder eine Gefährdung der Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung nicht zu erwarten gewesen.

Oberbürgermeister Reiter indes erklärte: »Die Landeshauptstadt München wird auch in Zukunft den ihr zustehenden Handlungsspielraum gegen Antisemitismus ausschöpfen.« Er appellierte an die Bayerische Staatsregierung und den Bund, »noch einmal unverzüglich zu prüfen, ob eine vom Gericht angemahnte gesetzliche Grundlage geschaffen werden kann«.

Reiter erklärte, es stehe ihm nicht zu, das Urteil juristisch zu kritisieren, aber er habe »kein Verständnis dafür, dass in diesen Zeiten – in denen rassistische und antisemitische Äußerungen so unverhohlen unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit geäußert werden und unser gesellschaftliches Klima nachhaltig vergiften – der Schutz von Minderheiten keine stärkere Berücksichtigung erfährt und die Kommunen auch noch gezwungen sind, die Verbreitung solcher Ausführungen durch Raumvergaben zu unterstützen«.

Der Kläger seinerseits wies jede antisemitische Absicht von sich und verwies darauf, dass er auch jüdische Verwandte habe. Er warf der Stadt München vor, schon seit Längerem jedwede Diskussion über den Nahost-Konflikt unterbinden zu wollen. kna/ja

Meinung

Ein Friedensplan, der keiner ist?

Die von den Amerikanern vorgelegten Punkte zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sind kein fairer Vorschlag, sondern eine Belohnung für den russischen Aggressor

von Alexander Friedman  24.11.2025

Münster

Gericht macht Unterschiede bei propalästinensischen Parolen

Wann ist Kritik am Staat Israel von der Meinungsfreiheit gedeckt? Ein Gericht in NRW sieht das generelle Verbot, das Existenzrecht Israels zu bestreiten, als rechtswidrig an

 24.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Potsdam

BSW-Fraktionsvize tritt nach Reaktion auf AfD-Zitat zurück

Die Landtagsfraktion in Brandenburg ist nach vier Parteiaustritten in einer Krise. Nun tritt auch noch Fraktionsvize Dorst von seinem Amt zurück. Die Hintergründe

 24.11.2025

Soziale Medien

Plattform X: Israelfeindliche und antisemitische Inhalte aus Pakistan und der Türkei

Ein neues Transparenz-Feature zeigt: Angeblich von westlichen »Israelkritikern« betriebene Konten werden in Wirklichkeit aus anderen Teilen der Welt bearbeitet

 24.11.2025

Washington D.C.

Trump kündigt Einstufung der Muslimbrüder als Terrororganisation an

Der Organisation würde mit diesem Schritt der Zugang zu finanzieller Unterstützung verwehrt. Die Muslimbruderschaft wird immer wieder mit radikalen Ablegern in Verbindung gebracht

 24.11.2025

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025