Interview

»In Ägypten herrscht Anarchie«

Herr Mazel, am vergangenen Freitagabend ist die israelische Botschaft in Kairo gestürmt worden. Wie konnte es dazu kommen?
Das ist sehr komplex: Erst einmal ist dieses Ereignis das Ergebnis einer langen Tradition von Mangel an Liberalismus, Bildung sowie der Hetze gegen Israel und den Westen. Diese wurden von den ägyptischen Regierungen von Nasser bis hin zum Mubarak-Regime propagiert. Und obwohl sich Ägypten auch mit Abkommen und Verträgen prowestlich und proisraelisch zeigte, gab es unterschwellig antiisraelische Gefühle. Nach Mubaraks Sturz kamen sie heraus. Für die Menschen in Ägypten ist es offenbar einfacher, sich gegen Israel zu wenden, als sich um soziale Reformen zu kümmern. Der Hass gegen Israel vereint alle.

Ist dies das Ergebnis des sogenannten Arabischen Frühlings?
Meiner Meinung nach ist die ganze Revolution sowieso festgefahren. Die Wirtschaft ist zusammengebrochen, viele Menschen sind in Gefangenschaft. Die Situation ist also denkbar schlecht. Ägypten lebt von Geldern aus Saudi-Arabien, der Weltbank, aus Amerika und Europa. Und der Militärrat schafft es nicht, einen Plan zu entwerfen, um das alte Regime zu überwinden. Anfangs hieß es noch, in sechs Monaten sei alles erledigt, aber passiert ist nichts. Denn es herrscht politisches Chaos. Das Land befindet sich in einem anarchischen Zustand.

Welche Auswirkungen hat das auf Israel?
Für uns ist die Situation denkbar ungünstig, denn die Wut der Ägypter richtet sich gegen Israel.

Wie sollte sich Israel nun verhalten?
Wir können nicht eingreifen, versuchen, aber ruhig zu bleiben und den Dialog aufrechtzuerhalten, den wir auch schon mit Mubarak hatten. Wir teilen eine Grenze. und kämpfen gemeinsam gegen Terrorismus.

Wird der Dialog mit der möglichen Anerkennung eines palästinensischen Staates einfacher werden?
Darüber ist viel geschrieben worden. Aber ich denke, dass nicht viel passieren wird. Es ist eine Art palästinensisches Manöver, denn Mahmud Abbas weiß, er kann mit den arabischen Ländern und denen der »Dritten Welt« vielleicht 120, 130 Stimmen bei der UN bekommen. Keiner kann sagen, was passieren wird, aber wir haben eine ganz gute Koordinierung, was die Sicherheit betrifft. Und wenn die Palästinenser eine Art dritte Intifada wollen, werden wir uns zu verteidigen wissen. Vielleicht wird es anfangs Demonstrationen gegen Siedlungen geben, aber insgesamt sieht es doch sehr nach palästinensischer Propaganda aus.

Mit Israels früherem Botschafter in Ägypten sprach Katrin Richter.

Verteidigung

Bundeswehr nimmt Raketenwehrsystem Arrow 3 in Betrieb

Deutschland baut als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland die Luftverteidigung aus und hat ein System in Israel beschafft. Es soll feindliche Flugkörper schon in größter Höhe zerstören können

von Carsten Hoffmann  03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Medien

»Antisemitische Narrative«: Vereine üben scharfe Kritik an Preis für Sophie von der Tann

Die Tel-Aviv-Korrespondentin der ARD soll mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt werden

 03.12.2025

Prozess

Opfer des Attentats am Holocaust-Mahnmal hörte »Allahu akbar«-Ruf

Dem spanischen Touristen Iker M. wurde im Februar von einem 19-jährigen Syrer beim Besuch des Berliner Holocaust-Mahnmals mit einem Messer in die Kehle geschnitten. Vor Gericht berichtete er von Angstzuständen, die er seitdem hat

 03.12.2025

Nach Eklats

Präsidentin der TU Berlin abgewählt

Sie war einst im Beraterkreis des damaligen Kanzlers Olaf Scholz und sorgte immer wieder für Kontroversen. Nun ist Geraldine Rauch als TU-Präsidentin abgewählt. Ihre Nachfolgerin ist keine Unbekannte

 03.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  03.12.2025

Analyse

Der Kanzler in Israel: Antritt mit Spannung

Friedrich Merz besucht am Samstag Israel. Die Beziehungen beider Länder sind so strapaziert wie selten zuvor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Reise des Bundeskanzlers

von Joshua Schultheis  03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Verteidigung

Merz und Pistorius nicht bei Einführung von »Arrow 3«

Die Bundesregierung hatte immer wieder betont, wie wichtig das israelische Raketenabwehrsystem für Deutschlands Sicherheit sei

 03.12.2025