Max Privorozki

»Ich bin wirklich sprachlos«

Max Privorozki, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Halle, nach dem Terroranschlag im gesprch mit Medien Foto: imago images/Lutz Winkler

Herr Privorozki, wie haben Sie auf die Nachricht, dass der Attentäter von Halle, Stefan B., versucht hat, zu fliehen, reagiert?
Für mich war das gestern eine sehr böse und unerwartete Überraschung. Es ist wahrscheinlich nicht verwunderlich, dass der Attentäter versuchte zu fliehen, aber, dass er es hätte schaffen können, das ist das Problem. Ich verstehe nicht, wie das sein kann, und ich bin wirklich sprachlos.

Was erwarten Sie jetzt?
Ich erwarte Konsequenzen. Welche, darüber muss die Landesregierung entscheiden. Dass so etwas passieren kann, ist absolut unmöglich. Es ist wie ein Wunder, dass es wieder eine Tür war, die zum richtigen Zeitpunkt verschlossen war, die verhindert hat, dass der Attentäter flieht.

Innerhalb weniger Tage wurde die Jüdische Gemeinde Halle Zielscheibe antisemitischer Vorfälle. Fühlen Sie sich durch die Sicherheitsbehörden ausreichend geschützt?
Das ist eine schwierige Frage. Wir haben – das sage ich in aller Offenheit – noch nicht den Status der Sicherheit erreicht, der leider notwendig wäre. Da ist noch einiges zu tun und zu verbessern, damit wir als Gemeinde uns ausreichend geschützt fühlen. Andererseits sollten wir uns auch klarmachen, dass es absolute Sicherheit nie geben kann. Und wenn wir uns quasi einmauern müssten, um ganz sicher zu sein, dann würde ich die Koffer packen und woanders leben wollen. Das wäre doch kein Leben.

Nach dem Attentat gab es damals eine große Solidarität. Ist das nun etwas getrübt?
Ich war damals wirklich sehr positiv überrascht. Hätten wir nicht zwei Opfer beklagen müssen, wäre ich wahrscheinlich auch optimistischer gewesen. So viele Menschen – nicht nur aus Halle – haben sich solidarisch gezeigt. Jetzt ist es eine andere Situation. Jetzt bin ich ein wenig erschrocken darüber, in welchem Zustand die Sicherheitsorgane und die Sicherheitskräfte sind. Das mach mich sprachlos.

Mitte Juli soll der Prozess gegen Stefan B. beginnen. Wie sehen die dem entgegen?
Ich habe mich entschlossen, Nebenkläger zu sein und hoffe, dass dies positiv entschieden wird. Denn ich möchte verstehen, wie sich ein Mann zu einem Attentäter entwickeln kann. Das ist nicht nur eine Frage, die Halle betrifft, sondern auch generell viele andere Terroranschläge wie die in Marseille, Paris oder in Israel und London. Ich hoffe, dass ich im Rahmen des Prozesses darauf Antworten bekommen kann.

Mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Halle sprachen Katrin Richter und Philipp Peyman Engel

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025

Internet

Expertin: Islamisten ködern Jugendliche über Lifestyle

Durch weibliche Stimmen werden auch Mädchen von Islamistinnen verstärkt angesprochen. Worauf Eltern achten sollten

 19.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Religion

Rabbiner: Macht keinen Unterschied, ob Ministerin Prien jüdisch ist

Karin Priens jüdische Wurzeln sind für Rabbiner Julian-Chaim Soussan nicht entscheidend. Warum er sich wünscht, dass Religionszugehörigkeit in der Politik bedeutungslos werden sollte

von Karin Wollschläger  19.11.2025