Meinung

Eurovision: Bekenntnis zur Vielfalt

Katharina Schmidt-Hirschfelder Foto: Marco Limberg

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Dass beim weltweit größten Musikwettbewerb mit Teilnehmern aus 43 Ländern, dessen Bandbreite von Ballade bis Heavy Metal reicht, ein genreübergreifender Beitrag einer so gar nicht glatt gebürsteten Interpretin gewinnt – das will schon etwas heißen. Erst recht, wenn er aus Israel kommt. Ein politisches Votum also? Von wegen!

Dass Netta Barzilai den 63. Eurovision Song Contest (ESC) in Lissabon gewonnen hat, liegt allein an ihr selbst. Die Herzen Europas hat sie deshalb erobert, weil sie einfach Netta ist – eine starke Frau, die zu ihrer eigenen Weiblichkeit steht. Eine erklärte Feministin, die eine klare Empowerment-Botschaft für Frauen hat. In Zeiten von #MeToo trifft sie damit den Nerv der Zeit.

botschaft Doch Nettas Botschaft ist viel umfassender: Seid ihr selbst! Lebt eure Individualität! Pfeift auf Klischees! Vor allem aber: Respektiert die Vielfalt, die Unterschiede! Für Netta gibt es kein zu dick, zu Frau, zu schwul, zu anders. Deshalb kommt sie so gut an – gerade in einem zutiefst gespaltenen Europa, in einer verunsichernden, krisengeschüttelten Zeit.

Europa hat mit Netta eine Außenseiterin gekürt. Dass die Sängerin aus Israel kommt, tat der Zustimmung der 180 Millionen Fernsehzuschauer – anders als vermutet – keinen Abbruch. Im Gegenteil. Denn Netta selbst hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie ihr Land liebt und ihm den ESC-Sieg gerne zum 70. Geburtstag schenken würde.

In ihrem Auftritt war alles drin: ein klares Bekenntnis zu sich selbst, zu #MeToo, zur Gay-Gemeinschaft, zum Anderssein – und auch zu dem Land, für das sie antrat.

boykott Europas Votum ist daher eine klare Absage auch an alle, die vorher hartnäckig zu Nettas Boykott aufgerufen hatten. Denn Netta galt von Anfang an als Favoritin. Europas 212 Jury- und 317 Publikumspunkte sind ein umso stärkeres Signal an BDS und sonstige Israelfeinde.

Netta steht für ein weltoffenes, liberales, tolerantes Israel, in dem sich Individualität frei entfalten kann – allen Widersprüchen zum Trotz. Auch das ist Nettas Botschaft. Bleibt zu hoffen, dass sie ebenso ankommt wie ihr Power-Statement – und dass die Europäer Israelhassern die kalte Schulter zeigen. Auch nächstes Jahr in Jerusalem.

Erinnerungspolitik

Weimer: Gedenkstätten »zentrale Pfeiler« der Demokratie

Das Bundeskabinett hat ein neues Konzept für Orte der Erinnerung an die NS-Verbrechen und die SED-Diktatur beschlossen. Das Gedenken wird Jahrzehnte nach den historischen Verbrechen nicht einfacher

von Verena Schmitt-Roschmann  12.11.2025 Aktualisiert

Wien

Juden protestieren gegen FPÖ-Veranstaltung für Antisemiten im Parlament

Als »radikalen Antisemiten« hatte sich der Österreicher Franz Dinghofer einst selbst bezeichnet - auch der NSDAP trat er bei. Die rechtsextreme FPÖ gedenkt des Politikers nun - und wird dafür hart kritisiert

 11.11.2025

Projekte gegen Antisemitismus

Berliner Kultursenatorin räumt Defizite bei Fördermittel-Vergabe ein

In Berlin sollen Mittel für Projekte gegen Antisemitismus nach unklaren Kriterien und auf Druck und Wunsch aus der CDU-Fraktion vergeben worden sein. Kultursenatorin Wedl-Wilson will nun »aufräumen«

 11.11.2025

Initiative

Knesset stimmt über Gesetz zu Todesstrafe ab

Wer in Israel tötet, um dem Staat und »der Wiedergeburt des jüdischen Volkes« zu schaden, soll künftig die Todesstrafe erhalten können. Das sieht zumindest ein umstrittener Gesetzentwurf vor

 11.11.2025

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025

Terror

Netanjahu: Israels Kampf gegen Feinde noch nicht vorbei

Laut Ministerpräsident Netanjahu beabsichtigen die Hamas und die Hisbollah weiterhin, Israel zu vernichten. Die Waffenruhe-Abkommen mit beiden will Israel demnach durchsetzen - solange diese gelten

 11.11.2025

Diplomatie

Al-Schaara schließt normale Beziehungen zu Israel aus

Der syrische Staatschef wurde von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen. Bei dem historischen Treffen ging es auch um die Abraham-Abkommen

 11.11.2025

Meinung

Wahlen in Ostdeutschland: Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen-Anhalt wird im September gewählt. Es steht viel auf dem Spiel: Eine AfD-Regierung könnte großen Schaden anrichten. Leidtragende wären nicht zuletzt die jüdischen Gemeinden

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  10.11.2025 Aktualisiert