Schoa-Gedenken

Carolin Emcke beklagt »Tetris der Menschenverachtung«

Carolin Emcke am Sonntag im Festsaal der Jüdischen Gemeinde Frankfurt Foto: Michael Thaidigsmann

Eine spürbare »Tetris der Menschenverachtung« hat die Publizistin Carolin Emcke zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz beklagt. Diese offenbare sich in Anschlägen wie beim israelischen Generalkonsulat in München im September oder Anfeindungen gegen Juden nach dem Hamas-Terrorüberfall, sagte Emcke am Sonntag in Frankfurt am Main bei der zentralen Feier zum Gedenken an die Befreiung in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt. Sie verwies auf eine Verschmelzung antisemitischer, rassistischer, revisionistischer und queerfeindlicher Einstellungen.

Aufarbeitung sei harte Arbeit, sagte Emcke. Nach Kriegsende sei diese Aufarbeitung nicht selbstverständlich gewesen. Sie sei sogar unerwünscht gewesen: »Es brauchte Druck. Es brauchte juristische Verfahren wie die Auschwitz-Prozesse, es brauchte den Protest der 68er«.

Lesen Sie auch

Diese Arbeit sei nicht nur eine Aufgabe für die Nachfahren der Täter, sagte die Publizistin. Sie sei auch eine Aufgabe für Menschen mit Migrationshintergrund: »Sie müssen verstehen, in welchen geschichtlichen Kontext sie gekommen sind, der diese Demokratie geprägt hat.«

Der Co-Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Benjamin Graumann, äußerte sich bestürzt darüber, dass nach aktuellen Umfragen rund jeder Vierte für die AfD stimmen wolle, einer Partei, die für Geschichtsrevisionismus stehe. »Wir sind es den Opfern schuldig, immer wieder daran zu erinnern, was diese Partei ist: ein Alptraum für Deutschland«, sagte er.

Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz. Dieser Tag ist daher der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. epd/ja

Lesen Sie in der nächsten Printausgabe der Jüdische Allgemeinen mehr über die Veranstaltung in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt.

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025