Michael Groys

Liebe Jusos, geht’s noch?

Michael Groys Foto: privat

Michael Groys

Liebe Jusos, geht’s noch?

Der Wandel innerhalb der Jusos macht fassungslos und enttäuscht

von Michael Groys  01.12.2020 09:00 Uhr

Liebe Jusos, wir müssen reden! Der auf dem Bundeskongress der Jusos 2020 verabschiedete Antrag »Unsere Vision für das Willy Brandt Center in Jerusalem« ist für mich als bekennender Jungsozialist und Jude absolut unverständlich und widerspricht den Werten des Verbandes.

Wer gegen Judenhass kämpft, kann niemals den Konsens der Zusammenarbeit verlassen. Der jüdische und demokratische Staat Israel war, ist und bleibt ein Schutzraum für Juden gegen jeden Antisemitismus. Das ist nicht verhandelbar und muss gegenüber allen Partnern kommuniziert werden.

perspektive Die jüdisch-deutsche Perspektive darf ebenso wenig übergangen werden. Angesichts des steigenden Antisemitismus und Antizionismus in Deutschland muss sich eine antifaschistische Jugendorganisation ihrer Verantwortung bewusst sein.

Die Einseitigkeit, mit der Israel im Antrag verurteilt wird, ist unhaltbar und in dieser Schärfe ein Novum.

Die Einseitigkeit, mit der Israel im Antrag verurteilt wird, ist unhaltbar und in dieser Schärfe ein Novum. Es widerspricht übrigens vehement dem Gedanken der »Third Party«, nur eine einzige Konfliktpartei zu kritisieren.

Der Antrag lässt die palästinensische Gesellschaft, die Handlungen der korrupten Regierung, die seit vielen Jahren nicht demokratisch legitimiert ist, oder den Terrorismus unerwähnt. Fair und konsequent klingt anders.
Ich halte die Arbeit des Willy Brandt Center in Jerusalem für wichtig, um einen friedlichen Dialog in sicheren Räumen zu ermöglichen.

Koexistenz Der Einsatz für eine Zweistaatenlösung und friedliche Koexistenz ist ein zentrales Anliegen der Jusos, und das ist auch gut so. Wer aber so gerne von Frieden, Koexistenz und Austausch spricht, jedoch mit keinem Wort die Friedensinitiativen zwischen ehemals verfeindeten arabischen Staaten und Israel erwähnt, handelt vorsätzlich selektiv.

Israelsolidarität hat niemals bedeutet, gegen Palästina zu sein. Im Gegenteil! Progressive Kräfte in Palästina zu stärken, die den Staat Israel anerkennen, ist der Schlüssel zum Erfolg. Ob die Fatah-Jugend mit der offenen Unterstützung der antisemitischen BDS-Bewegung eine derartige Organisation ist, ist sehr fraglich.

Ich bin absolut fassungslos und enttäuscht über diesen Wandel innerhalb der Jusos. Sie werden weder der Situation im Nahen Osten noch der sensiblen Lage der Juden in Deutschland gerecht. Ich möchte in den Jusos wieder einen langjährigen Freund und Partner Israels wiedererkennen!

Der Autor ist SPD-Mitglied und politischer Berater in Berlin.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025