Bestandsaufnahme

Kollegah, Farid Bang und die Juden

Farid Bang (l.) und Kollegah Foto: dpa

Eine brennende Israel-Flagge, Klischeebilder von Juden - das sind Szenen aus Videos berühmter deutscher Rapper. In die Schlagzeilen kam der Antisemitismus im Deutsch-Rap im vergangenen Jahr nach der Verleihung des »Echo«-Musikpreises an Kollegah und Farid Bang für ein Album mit antisemitischen Songzeilen. Es folgten: öffentlicher Protest, Abschaffung des Musikpreises, ein unglaubwürdiger Besuch des Rapper-Duos im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz.

Das Problem bleibt. Und es war auch schon vor dem Echo-Eklat da, sagt Ben Salomo. Der jüdische Rapper hat jahrelang in der deutschen Hip-Hop-Szene mitgemischt - bis er 2018 seine Veranstaltungsreihe »Rap am Mittwoch« wegen zunehmender Judenfeindlichkeit im Milieu beendete. »Der Rückzug war meine Art des Protests«, erklärt der Berliner Musiker.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

MUSLIME Mit dunklem Jackett und weißen Chucks sitzt der gebürtige Israeli an diesem Abend vor dem Publikum im Frankfurter Holzhausenschlößchen und liest aus seiner Autobiografie vor. Schon in der Schule habe er Antisemitismus erlebt. In der Rap-Branche erst, als nach und nach muslimische Migranten dazu kamen, wie Salomo erzählt. Seine Auftritte seien im Netz als »Juden-Veranstaltung« schlecht gemacht worden, niemand habe mit ihm zusammenarbeiten wollen.

Rap sei nicht anfälliger für Antisemitismus als andere Musikrichtungen, sagt Medienpädagoge Bertan Tufan, der regelmäßig Workshops zu dem Thema gibt. Aber: Die Reichweite sei das Problem. Rap sei bei jungen Erwachsenen besonders beliebt. Lieder und Videos verbreiteten sich rasant auf dem Schulhof. Das sei »hochgefährlich«, betont Tufan.

Der deutsch-israelische Rapper Ben Salomo erhält regelmäßig Drohungen aus der Hip-Hop-Szene.

Häufig blieben die Texte unreflektiert stehen, erklärt der Pädagoge. Es sei wichtig, Schüler und Lehrer zu sensibilisieren, ihnen Handlungsoptionen zu vermitteln und vor allem Haltung zu zeigen. Deswegen geht auch Ben Salomo an Schulen und kommt mit Jugendlichen und Lehrkräften ins Gespräch. »Das schmeckt der Rap-Szene natürlich nicht«, berichtet der Autor. Regelmäßig erhalte er Drohungen.

Dem Rapper geht es nicht um Verbote. Besser wäre es, wenn den besagten Musikern niemand mehr Konzerthallen zur Verfügung stellen würde. Wenn sie in Scheunen auftreten müssten, sei das nicht mehr so cool, sagt Salomo.

VERBOT Die baden-württembergische Stadt Rastatt hat in diesem Jahr ein für den 9. November geplantes Konzert des Rappers Kollegah abgesagt. Angesichts der antisemitischen und gewaltverherrlichenden Texte des Künstlers könne Rastatt besonders an diesem sensiblen Tag nicht Veranstaltungsort eines solchen Konzerts werden, sagte Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch (CDU). Ein Konzert von Kollegah in der Stadthalle Offenbach am 10. Dezember dagegen findet wie geplant statt. Es gelte die Kunstfreiheit, heißt es vonseiten der Stadt.

Wo die Menschenwürde verletzt wird, endet die Kunstfreiheit, betont der Experte.

Gerade bei öffentlich finanzierten Events mit fragwürdigen Künstlern müsse die Gesellschaft immer wieder aufs Neue ihre Stimme erheben, findet Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main. Da viele Deutsch-Rap-Fans noch minderjährig seien, habe der Staat seine Fürsorgepflicht zu erfüllen.

Die breite Diskussion um den »Echo« sei zwar gut, aber nicht nachhaltig gewesen, bemängelt der Experte: »Wir sind nicht einen Zentimeter weiter gekommen.« So habe sich Kollegah bereits wenige Monate nach dem Skandal in einem Interview erneut antisemitisch geäußert. Auf eine entsprechende Pressemitteilung der Bildungsstätte Anne Frank hätten Medien kaum reagiert. Auch von ihnen fordert Mendel, an dem Thema dranzubleiben.

YOUTUBE Diskriminierung und Gewalt in der Musik finden sich nach Angaben von Markus Hirte auch im Heavy Metall, Reggae sowie im Rechts- und Linksrock. In früheren Epochen wie im 16. bis 19. Jahrhundert sei die Musik härter gewesen als heute, sagt der Jurist und Leiter des Mittelalterlichen Kriminalmuseums in Rothenburg ob der Tauber.

Zu einem Verbot oder Strafverfahren komme es heute nur, wenn die Zeilen die Menschenwürde verletzten, erklärt Hirte. Das passiere zum Beispiel im Rechtsrock immer mal wieder. Auch diverse Lieder aus der NS-Zeit seien zu Recht bis heute verboten. Wo die Menschenwürde verletzt wird, endet die Kunstfreiheit.

Als richtig empfindet Hirte, dass Songs und Alben wie das von Farid Bang und Kollegah auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien landen. Die Indizierung soll Menschen unter 18 Jahren vor radikalen Inhalten schützen.

Ben Salomo fordert außerdem von Plattformen wie Youtube, entsprechende Videos zu löschen. Besondere Aufmerksamkeit müsse den sozialen Netzwerken gelten, erklärt der Musiker. In den Kommentarspalten auf den Profilen einiger Deutsch-Rapper werde das gesamte Ausmaß der antisemitischen Gedankenwelt erst vollständig sichtbar.

Fernsehen

»Die Fabelmans«: Steven Spielbergs Familiengeschichte als TV-Premiere

In »Die Fabelmans« erzählt der jüdische Star, wie er vom Film-begeisterten Sammy zu einem jungen Regisseur heranwuchs

von Rüdiger Suchsland  15.08.2025

Kino

»The Life of Chuck«: Das Universum zwischen unseren Ohren

Die Geschichte dieser tragisch-herzlichen jüdische Familie, diese grandiose Idee, das Leben von Chuck genau so zu erzählen, ist ein Geschenk!

 15.08.2025

Bonn

»Monk in Pieces«: Filmdoku über eine Meisterin der Klangsprache

Babysprache und Tierlaute: In den Werken der Musikerin Meredith Monk spielt Gesang, jedoch nicht der Text eine Rolle. Ein neuer Dokumentarfilm nähert sich der einzigartigen Künstlerin

von Michael Kienzl  14.08.2025

Aufgegabelt

Kalte Wassermelonen-Lollis

Rezepte und Leckeres

 14.08.2025

Kulturkolumne

Sehnsucht nach Youkali

Über einen Sommerabend mit Kurt Weill

von Sophie Albers Ben Chamo  14.08.2025

Kanada

Toronto Film Fest will Doku zum 7. Oktober nun doch zeigen

Das Festival hatte urheberrechtliche Bedenken, weil in »The Road Between Us: The Ultimate Rescue« Videoaufnahmen von Hamas-Terroristen gezeigt werden

 14.08.2025

Interview

»Mein Mann wacht lächelnd auf«

Lily Brett ist eine der renommiertesten Autorinnen der modernen Literatur. Ein Gespräch über nicht funktionierende Hypnose, gefälschte Entschuldigungszettel und die richtige Kommasetzung

von Katrin Richter  14.08.2025

Kino

Timothée Chalamet wird zum »Zauberer des Tischtennis«

In »Marty Supreme« verkörpert der amerikanisch-französische Darsteller Marty Reisman, einen schillernden Charakter der US-Tischtennisszene

von Imanuel Marcus  14.08.2025

Veranstaltungen

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 14. August bis zum 21. August

 13.08.2025