München

Filmproduzent kritisiert Branche: Wenig Engagement für Juden

Martin Moszkowicz Foto: picture alliance / SvenSimon

Der Produzent Martin Moszkowicz bescheinigt der deutschen Filmbranche befremdliches Schwiegen zu aufkeimendem Antisemitismus. »Eine Branche, die sonst lautstark Diversität und gesellschaftliche Verantwortung fordert, schweigt, wenn es um den Schutz jüdischen Lebens geht«, schreibt der 67-Jährige in einem Gastbeitrag für die Medien-Seite im Feuilleton der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (»FAZ«). 

Moszkowicz bemängelt, dass fast die gesamte deutsche Film- und Fernsehbranche als Unterzeichner bei einem neuen Fünf-Punkte-Plan eines breiten Bündnisses gegen Antisemitismus fehle. »Keine Filmhochschule, kein großer Sender, keine bedeutende Produktionsfirma, kein Branchenverband« habe unterschrieben. Die meisten hätten nicht mal abgesagt, sondern gar nicht geantwortet, schreibt Moszkowicz unter Berufung auf die Initiatoren. »Dieses Schweigen ist irritierend.«

Stattdessen höre man auf Nachfrage Ausflüchte: »Man wolle ›neutral‹ bleiben. Araber seien ebenfalls Semiten, würden im Papier aber nicht erwähnt. Oder: Eine Unterzeichnung könnte als Parteinahme für Israel verstanden werden.

Gefährliche Argumentation

Diese Argumentation sei nicht nur absurd, sie sei gefährlich, meint Moszkowicz, dessen Vater als Jude das Konzentrationslager Auschwitz überlebte. »Der Begriff Antisemitismus ist eindeutig: Er bedeutet Judenhass. Neutralität gegenüber Hass, Bedrohung und Gewalt ist nicht möglich. Wer zwischen der Position gegen Antisemitismus und der Position der Antisemiten eine ›Mitte‹ sucht, stellt sich auf die Seite der Antisemiten.«

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Der frühere Vorstandsvorsitzende der Film- und Fernsehproduktionsfirma Constantin Film München betont in seinem »FAZ«-Beitrag: »Gerade in der Film- und Medienbranche ist dieser Mechanismus besonders gefährlich. Hier entstehen Narrative, die weit über den engeren Kreis der Branche hinaus wirken. Wer schweigt, aus Angst, als ›zionistisch‹ oder ›proisraelisch‹ gebrandmarkt zu werden, überlässt das Feld jenen, die Antisemitismus als vermeintlich legitimen politischen Diskurs tarnen.«

Der mit zahlreichen Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgearbeitete Fünf-Punkte-Plan wurde am Donnerstag vorgestellt. Prominente Unterstützer sind zum Beispiel Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, Bestsellerautor Ferdinand von Schirach und Schauspielstars wie Iris Berben, Veronica Ferres, Uschi Glas, Andrea Sawatzki und Christian Berkel.

Verbindliches Handeln

Zu den Forderungen der Unterzeichner gehört etwa, dass auch Aufrufe zur Vernichtung eines Staates strafbar werden. Außerdem solle es Antisemitismusbeauftragte in vielen staatlichen Institutionen geben und die Ausübung jüdischer Religionsfreiheit im Feiertagsrecht abgesichert werden.

Das Bündnis steht unter der Schirmherrschaft des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, des Kulturstaatsministers Wolfram Weimer sowie der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. Der Fünf-Punkte-Plan soll den Schritt von Absichtserklärungen zu verbindlichem Handeln ermöglichen. dpa

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