85. Geburtstag

Dem Zeitgeist vorangesegelt

Seinen Durchbruch feierte Hoffmann im Alter von 30 Jahren in »Die Reifeprüfung«. Foto: picture alliance/United Archives

Eigentlich wollte Dustin Hoffman Jazzpianist werden. Doch weil er nach eigener Aussage nicht gut genug war, schrieb er sich auf den Rat eines Kommilitonen hin in einem College für Schauspielunterricht ein. Denn in diesen Kursen, so hieß es, würde keiner durchfallen.

Mag diese Anekdote über den zufälligen Beginn seiner Karriere mehr kokett als wahr sein, so ist Dustin Hoffman dennoch ein Star, von dem anfangs niemand Großes erwartete, am wenigsten er selbst.

Geboren wurde er 1937 in Los Angeles als Sohn einer jüdischen Familie mit ukrainisch-rumänischen Wurzeln.

Heute hat der Schauspieler Legendenstatus. Mit seinen ikonischen Charakterrollen ist er oft dem Zeitgeist vorangesegelt. Heute, am 8. August wird Dustin Hoffmann 85 Jahre alt. Geboren wurde er 1937 in Los Angeles als Sohn einer jüdischen Familie mit ukrainisch-rumänischen Wurzeln.

DURCHBRUCH Seinen Durchbruch feierte er im Alter von 30 Jahren in »Die Reifeprüfung«. Die Gesellschaftssatire über einen frischgebackenen College-Absolventen, der von einer 20 Jahre älteren Freundin der Familie verführt wird und sich in deren Tochter verliebt, wurde sofort zum Kultfilm und ging nicht nur wegen des Ohrwurms »Mrs. Robinson« von Simon & Garfunkel in die Filmgeschichte ein.

Seinen ersten Oscar bekam er 1980 für das Scheidungsdrama »Kramer gegen Kramer«.

Als linkischer und schüchterner, jedoch auch zäher und gewitzter Antiheld traf der unbekannte Off-Broadway-Schauspieler Hoffman, von Regisseur Mike Nichols mutig gegen den Strich besetzt, den Nerv der jungen, rebellischen Generation.

Galten seine hängenden Schultern und seine Größe von 167 cm bis dahin als ein Karrierehindernis, so war der nicht mehr ganz so junge Newcomer, äußerlich das Gegenteil eines klassischen Gewinnertyps, plötzlich das Sexsymbol für die denkende Frau.

»VERSAGER« Mit diesem Film begann eine bis heute anhaltende Erfolgssträhne, in der Hoffmans Pessimismus Lügen gestraft wurde: Er habe gedacht, er sei ein Versager, sagte er einmal. Und weil so wenige Schauspieler jemals Arbeit fänden, habe er geglaubt, in diesem Beruf zumindest in Würde scheitern zu können.

Hoffman selbst ist in zweiter Ehe mit der Anwältin Lisa Gottsegen verheiratet und Vater von sechs Kindern.

»Die Reifeprüfung« gilt als Initialzündung für die »New Hollywood«-Ära, in der junge Filmemacher formal und inhaltlich neue Wege gingen und traditionelle Genres der Traumfabrik gesellschaftskritisch hinterfragten. Dustin Hoffman ist einer der bekanntesten Protagonisten dieses Trends.

Ob als »Little Big Man« im gleichnamigen Antiwestern, als »Asphaltcowboy«, der in den Untiefen des »American Way of Life« verloren geht, als Watergate-Aufklärer in »Die Unbestechlichen« oder im alptraumhaften Thriller »Marathon Man« - unvergesslich durch die Szene zahnärztlicher Folter: Dustin Hoffmann wurde vom Publikum wie von der Kritik geliebt.

OSCAR Seinen ersten Oscar bekam er 1980 für das Scheidungsdrama »Kramer gegen Kramer«, in dem er mit Meryl Streep um das Sorgerecht für den Sohn ringt. Noch heute wirkt der Film sehr modern. Auf nuancierte Weise werden Geschlechterbeziehungen und die Vereinbarkeit von Kind und Karriere verhandelt.

Den zweiten Oscar erntete er 1989 für seinen schillernden Auftritt im Roadmovie »Rain Man«, in dem er als mathematisch hochbegabter, jedoch sozial inkompatibler Autist seinem von Tom Cruise gespielten Yuppie-Bruder näher kommt.

Der wohl erfolgreichste Film dieses wandlungsfähigen Darstellers ist aber die Travestie-Komödie »Tootsie« (1982), in der Hoffman einen arbeitslosen Schauspieler spielt, der sich als Frau verkleidet, um eine Rolle in einer TV-Seifenoper zu ergattern.

DURSTSTRECKE Die Komödie erinnert nicht nur an Hoffmans eigene jahrelange Durststrecke als arbeitsloser Schauspieler in New York - bei der er sich mit den später ebenfalls berühmten Darstellern Gene Hackmann und Robert Duvall eine Wohnung teilte - sondern nimmt auch den Sexismus der Branche aufs Korn.

Notorisch pingelig bei der Wahl seiner Rollen, soll der Charaktermime schon so manchem Starregisseur den letzten Nerv geraubt haben.

Wie »Tootsie« gilt auch Hoffman als eigensinniger und dünnhäutiger Perfektionist. Tom Cruise sagte einmal, Hoffman trete erst dann vor die Kamera, »wenn er die absolute Wahrheit der Person ergründet hat, die er porträtiert«. Notorisch pingelig bei der Wahl seiner Rollen, soll der Charaktermime schon so manchem Starregisseur den letzten Nerv geraubt haben.

So wird von Sydney Pollack der Ausspruch kolportiert, er würde seinen Oscar für »Tootsie« sofort hergeben, »wenn ich die neun Monate meines Lebens zurückhaben könnte, die ich mit Dustin Hoffman verbracht habe«.

VIELSEITIG Seine enorme darstellerische Bandbreite reicht vom Seuchenthriller »Outbreak« über die prophetische Politsatire »Wag the Dog« bis hin zu unerwartet klamaukigen Parts wie dem des einarmigen Piraten Captain Hook in Steven Spielbergs gleichnamigem Fantasyfilm oder des New-Age-Schwiegervaters Mr. Focker in Ben Stillers Komödienserie »Meine Frau, meine Schwiegereltern und ich«.

Hoffman selbst ist in zweiter Ehe mit der Anwältin Lisa Gottsegen verheiratet und Vater von sechs Kindern, von denen vier als Schauspieler arbeiten. Neben zwei Oscars wurde er mit sieben Oscarnominierungen und sechs Golden Globes geehrt, erhielt einen Berlinale-Bär und den französischen César. 2012 feierte er mit »Quartett«, einem Drama über pensionierte Opernsänger, sein wohlwollend aufgenommenes Regiedebüt.

Für einen 85-Jährigen, der seine Karriere für einen »bizarren Betriebsunfall« hält, wie er einmal im BBC-Interview sagte, ist dieses Lebenswerk keine schlechte Bilanz.

Theater

Metaebene in Feldafing

Ein Stück von Lena Gorelik eröffnet das Programm »Wohin jetzt? – Jüdisches (Über)leben nach 1945« in den Münchner Kammerspielen

von Katrin Diehl  09.11.2025

Aufgegabelt

Mhalabi-Schnitzel

Rezepte und Leckeres

 09.11.2025

Provenienzforschung

Alltagsgegenstände aus jüdischem Besitz »noch überall« in Haushalten

Ein Sessel, ein Kaffeeservice, ein Leuchter: Nach Einschätzung einer Expertin sind Alltagsgegenstände aus NS-Enteignungen noch in vielen Haushalten vorhanden. Die Provenienzforscherin mahnt zu einem bewussten Umgang

von Nina Schmedding  09.11.2025

Interview

Schauspieler Jonathan Berlin über seine Rolle als Schoa-Überlebender und Mengele-Straßen

Schauspieler Jonathan Berlin will Straßen, die in seiner Heimat Günzburg nach Verwandten des KZ-Arztes Mengele benannt sind, in »Ernst-Michel-Straße« umbenennen. Er spielt in der ARD die Rolle des Auschwitz-Überlebenden

von Jan Freitag  08.11.2025

Interview

»Mascha Kaléko hätte für Deutschland eine Brücke sein können«

In seinem neuen Buch widmet sich der Literaturkritiker Volker Weidermann Mascha Kalékos erster Deutschlandreise nach dem Krieg. Ein Gespräch über verlorene Heimat und die blinden Flecken der deutschen Nachkriegsliteratur

von Nicole Dreyfus  08.11.2025

Erinnerungskultur

»Algorithmus als Chance«

Susanne Siegert über ihren TikTok-Kanal zur Schoa und den Versuch, Gedenken neu zu denken

von Therese Klein  07.11.2025

Erinnerung

Stimmen, die bleiben

Die Filmemacherin Loretta Walz hat mit Überlebenden des KZ Ravensbrück gesprochen – um ihre Erzählungen für die Zukunft zu bewahren

von Sören Kittel  07.11.2025

New York

Kanye West bittet Rabbi um Vergebung

Der gefallene Rapstar Kanye West hat sich bei einem umstrittenen Rabbiner für seine antisemitischen Ausfälle entschuldigt

 07.11.2025

Rezension

Mischung aus Angst, alptraumhaften Erinnerungen und Langeweile

Das Doku-Drama »Nürnberg 45« fängt die Vielschichtigkeit der Nürnberger Prozesse ein, erzählt weitgehend unbekannte Geschichten und ist unbedingt sehenswert

von Maria Ossowski  07.11.2025