Corona-Krise

Von der Parkgarage zur Intensivstation

Noch liegen nur Puppen auf der unterirdischen Intensivstation des Sheba-Krankenhauses. Foto: Sheba Hospital

Corona-Krise

Von der Parkgarage zur Intensivstation

Zahl der Infizierten in Israel steigt auf 945. Hospitäler versuchen verzweifelt, sich auf viele schwere Fälle vorzubereiten.

von Sabine Brandes  22.03.2020 20:45 Uhr

Israel hat am Sonntag nahezu eine Zahl von 1000 Fällen erreicht: Derzeit sind 945 Infizierte mit dem hochansteckenden Virus Covid-19 bestätigt. Während die Zahl täglich weiter steigt, versuchen die Krankenhäuser mit ihrem medizinischem Personal alles, um auf extrem viele schwere Fälle vorbereitet zu sein. Das Sheba Hospital in Ramat Gan wandelte eine Parkgarage zur Coronavirus-Intensivstation um.

In Rischon Lezion mussten Bewohner eines Seniorenheims ihre Zimmer und Wohnungen verlassen, weil Platz für Patienten mit Coronavirus gemacht werden soll. Das hatte das Gesundheitsamt verfügt. Eine Petition der Angehörigen wurde vom Bezirksgericht in Lod abgewiesen.

Ein Neugeborenes in Jerusalem und eine 91-jährige Frau in Cholon befinden sich derzeit in kritischem Zustand.

Der erste Israeli, der an den Folgen des Coronavirus starb, war Arie Even. Der Holocaust-Überlebende war 88 Jahre alt und litt unter Vorerkrankungen. Am Freitag erlag er der Infektion.

Ein Neugeborenes in Jerusalem und eine 91-jährige Frau in Cholon befinden sich derzeit in kritischem Zustand. 20 Patienten werden als »ernsthaft erkrankt« beschrieben, die große Mehrzahl indes vermeldet einen leichten Verlauf der Atemwegsinfektion. Mehr als 30 Menschen sind zwischenzeitlich gesund geworden.

Szenario Der stellvertretende Generaldirektor im Gesundheitsministerium, Itamar Grotto, sagte, das schlimmste Szenario, dass auf Israel zukommen könnte, seien zwischen zehn- bis 20.000 Tote durch das Virus.

Im palästinensischen Westjordanland lautet die offizielle Zahl 57 Infizierte, aus dem Gazastreifen sind die ersten beiden Fälle gemeldet worden. Der Ministerpräsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mohammad Staiyeh, ordnete die totale Abriegelung des Gebietes ab Sonntagabend an. Ab 22 Uhr Ortszeit darf niemand mehr das Haus verlassen. Tagsüber können die Palästinenser, wie derzeit auch die Israelis, zum Supermarkt oder zum Arzt gehen.

Labore Derweil ist das israelische Gesundheitsministerium unter dem ultraorthodoxen Minister Yaakov Litzman starker Kritik ausgesetzt, weil es Laboratorien offenbar nicht in vollen Umfang oder teils gar nicht am Schabbat operieren lässt. Die Tageszeitung Jedioth Acharonoth titelte am Sonntag: »Labore sind zu«. In dem Bericht steht, dass Litzman für die wichtigen Test-Einrichtungen angeordnet hatte, am jüdischen Ruhetag nicht zu arbeiten.

Der Vorsitzende von Israel Beiteinu, Avigdor Lieberman, erklärte in einem Interview in Kanal 13 dazu, das Verzögern von Tests in einer derartigen Notfallsituation sei »totaler Irrsinn«. Die Gewerkschaft der Biochemiker bestätigte, dass sie nicht angewiesen worden sei, ein Notfallprotokoll zu aktivieren.

In Jerusalem kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Hunderten von ultraorthodoxen Demonstranten und der Polizei.

Einige wollen die extremen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, die die israelische Regierung erlassen hat, nicht akzeptieren. In Jerusalem kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Hunderten von ultraorthodoxen Demonstranten und der Polizei, nachdem diese ein Geschäft in dem strengreligiösen Viertel Mea Schearim geschlossen hatte. Einige der Protestierenden warfen Steine. Ein Beamter wurde am Kopf getroffen und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Drei Männer wurden vorläufig festgenommen.

Untergrund-Abteilung Währenddessen arbeiteten in Ramat Gan mehr als 400 Arbeiter und medizinische Angestellte praktisch rund um die Uhr an der unterirdischen Abteilung des Sheba-Krankenhauses. Bereits nach einer Woche war die Intensivstation fertig und nahm schon am Sonntag mit mehr als 40 zusätzlichen Betten den Betrieb auf. Sie ist mit hochentwickelter Technologie ausgestattet und verfügt über verschiedene Bereiche, zum Beispiel eine orthopäische Einheit und eine Geburtsstation.

»Ein professionelles Team aus Krankenschwestern, Sanitätern und Ärzten ist speziell für diese Station eingearbeitet worden«, erklärte das Krankenhaus. Die Station wurde als Antwort auf die steigende Zahl von Corona-Infizierten mit schwerem Verlauf gebaut. Das Sheba-Krankenhaus geht davon aus, dass diese Zahl in den kommenden Tagen noch weiter steigen wird.

Nachrichten

Schokolade, Seife, Fauda

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  09.07.2025

Israel

Ehemalige Geiseln Sapir Cohen und Sasha Troufanov verloben sich

Das Paar wurde am 7. Oktober 2023 aus dem Kibbuz Nir Oz entführt und überlebte die Strapazen der Geiselhaft

 09.07.2025

Vermisst

Er war ein Familienmensch

Ilan Weiss gehörte zum Sicherheitsteam in Be’eri. Er wurde am 7. Oktober ermordet und seine Leiche nach Gaza verschleppt

von Sabine Brandes  09.07.2025

Israel

Yair Lapid: Netanjahu will Waffenruhe verhindern

Der Ministerpräsident stelle Hindernisse für eine Einigung in den Weg, sagt der Oppositionsführer

 09.07.2025

Washington D.C.

Kommt nun eine Waffenruhe für Gaza?

US-Präsident Trump will einen Deal. Erneut trifft er Israels Regierungschef Netanjahu. Dieser bekräftigt: Am Ende werde es keine Hamas geben

 09.07.2025

Krieg

Bericht: Hamas nutzte sexualisierte Gewalt als »taktische Kriegswaffe«

Eine Untersuchung des israelischen Dinah-Projekts enthält verstörende Details über sexualisierte Gewalt am und nach dem 7. Oktober 2023. Die Initiative fordert die Strafverfolgung der Täter

von Robert Messer  08.07.2025

Nahost

Netanjahu: Wir werden alle Kriegsziele erreichen

Es seien Schritte erforderlich, von denen einige für Israel und einige für die Hamas sehr schmerzhaft würden, betont Israels Premier

 08.07.2025

Nahost

Trump und Netanjahu hoffen auf Deal mit Syrien

Während die Vorgespräche über eine Waffenruhe mit der Hamas weitergehen, arbeiten die beiden Regierungschefs an normaleren Beziehungen zu Israels Nachbarland

 08.07.2025

Andrea Kiewel

»Sollen die Israelis sich abschlachten lassen?«

Die »Fernsehgarten«-Moderatorin äußert sich im »Zeit«-Magazin erneut deutlich politisch zu ihrer Wahlheimat

 08.07.2025