Rückkehr

Sie sind zu Hause!

Seit sieben Wochen hat Yoni Asher kaum geschlafen. Oft saß er den ganzen Tag lang auf einem Stuhl in Tel Aviv mit einem Poster auf seinem Schoß. Darauf Fotos seiner Frau Doron (34) und den beiden Kindern Raz und Aviv, vier und zwei Jahre alt. Seine Familie war bei einem Besuch im Kibbutz Nir Oz im Süden Israels von Hamas-Terroristen entführt worden.

»Ich will nur meine Familie zurück«, hatte er täglich gefleht. »Ich will, dass wir alle wieder glücklich sind.« Dieser Moment ist für Yoni Asher nun gekommen. Seine Familie gehört zu den 13 Israelis, die am Freitagabend aus Gaza freigelassen wurden.

»Sie sind endlich zu Hause«, schrieb er in den sozialen Medien, nur Minuten, nachdem der Bus über die Grenze zwischen Ägypten und Israel gefahren war. Darin auch seine geliebte Familie. »Ich danke allen, die dazu beigetragen haben, aus tiefstem Herzen. Ich bin glücklich. Aber feiern werden wir erst, wenn alle Geiseln freigekommen sind.«  

Noch immer mehr als 200 Geiseln in Gefangenschaft

Später sieht man die Familie Asher in einem Video, das vom Schneider Kinderkrankenhaus in Tel Aviv veröffentlicht wurde, auf einem Bett sitzen. Sie halten einander ganz fest. »Habt ihr mich vermisst?«, fragt der Vater. Seine größere Tochter nickt schüchtern. Die andere drückt sich an ihre Mutter, einen blauen Schnuller im Mund. »Bald fahren wir in unser Zuhause«, sagt Asher zärtlich zu seinen Töchtern. »Zu all euren Puppen und Spielsachen, in unser Zuhause.«

»Nach diesem endlosen Grauen des schwarzen Schabbats gibt es endlich einen kleinen Lichtblick«, sagte die Moderatorin des öffentlich-rechtlichen Senders Kan, als die ersten Bilder der befreiten Frauen und Kinder in den Jeeps des Roten Kreuzes veröffentlicht wurden. »Unsere Leute kommen frei!« Doch es befinden sich noch immer mehr als 200 Geiseln in Gefangenschaft der Hamas, darunter Dutzende Kinder. Eine genaue Zahl gibt es nicht.

»Es gibt nicht genug Worte, um die Emotionen auszudrücken, die wir in dieser Zeit gemeinsam mit den Familien und der gesamten Nation empfinden.«

Dr. efrat bron-harlev (schneider kinderkrankenhaus)

Zwölf der am Freitag freigelassenen 13 stammen aus Nir Oz, einem Kibbuz mit etwa 450 Einwohnern in der Nähe des Gazastreifens, der bei den Massakern der Hamas am 7. Oktober schwer getroffen wurde. Viele Dutzend Bewohner wurden von den Terroristen getötet oder entführt. Neben den Israelis kamen elf Arbeiter frei, die in Israel beschäftigt waren.

Die freigelassenen Geiseln sind: Doron Katz-Asher und ihre beiden Töchter Raz (5) und Aviv (2). Danielle Aloni (44) und ihre fünfjährige Tochter Emilia. Ihre Schwester, ihr Schwager und deren dreijährige Zwillingsmädchen sind noch Geiseln in Gaza. Ohad Munder-Zichri, 9, seine Mutter Keren Munder, 54, und seine Großmutter Ruti, 78. Ohad wurde neun Jahre alt, als er in Geiselhaft war. Yaffa Adar, 85, Adina Moshe, 72, Margalit Mozes (78), Hanna Katzir, 77 und Hannah Peri, 79 sowie zehn Personen aus Thailand und eine aus den Philippinen.

Am Grenzübergang Rafah wurden die befreiten Menschen von Mitgliedern des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet in Empfang genommen und dann von Soldatinnen und Soldaten in einer Operation namens »Himmelspforte« über den Grenzübergang Kerem Schalom zwischen Israel und Ägypten nach Israel gebracht. Nach einer kurzen körperlichen und geistigen Untersuchung wurden sie per Hubschrauber und Krankenwagen in verschiedene Krankenhäuser gebracht, wo ihre Angehörigen auf sie warteten.

Alle 24 Freigelassenen in Krankenhäusern aufgenommen

»Ihre körperliche Verfassung ist gut, und sie werden derzeit von den medizinischen und psychosozialen Teams des Schneider Kinderkrankenhauses in einem speziell dafür vorgesehenen Bereich Untersuchungen unterzogen«, sagte Dr. Efrat Bron-Harlev, die Generaldirektorin des Hospitals.

»Es gibt nicht genug Worte, um die Emotionen auszudrücken, die wir in dieser Zeit gemeinsam mit den Familien und der gesamten Nation empfinden. Wir werden unser Möglichstes tun, um für die körperliche und seelische Gesundheit der zurückgebrachten Geiseln zu sorgen. Aus unserer Sicht ist dies eine nationale Mission. Wir sind stolz darauf, das Privileg zu haben, sie behandeln zu dürfen.«

Das Gesundheitsministerium gab am späten Freitagabend bekannt, dass alle 24 freigelassenen Geiseln aus Gaza in israelischen Krankenhäusern aufgenommen wurden. Die elf Entführten aus Thailand und den Philippinen werden im Schamir Medizinzentrum behandelt, »wo bei Bedarf medizinische und psychologische Betreuung geleistet wird«.

»Unsere Herzen sind in Gaza geblieben.«

carmit palty katzir

Familienangehörigen begannen noch am Abend damit, Eindrücke von ihrem Wiedersehen mit ihren Liebsten in den sozialen Medien zu veröffentlichen. Carmit Palty Katzir, die Tochter der freigelassenen Geisel Hannah Katzir, schrieb auf Facebook: »Meine Mutter, die Heldin, ist bei uns! Sie ist so beeindruckend und erstaunlich, und sie hat so viel zu verarbeiten. Ihre Rückkehr zeige, wie notwendig und dringend es sei, sie alle zurückzubringen.

Hannas Ehemann Rami wurde am 7. Oktober von der Hamas ermordet und ihr Sohn Elad, Carmits Bruder, wird immer noch als Geisel gehalten. »Elad ist noch mit mehr als 200 Geiseln in Gaza, jede davon ist eine ganze Welt. Ihre Familienangehörigen sind krank vor Sorge«, schrieb Carmit. »Ich bin dankbar, meine Mutter zurückzuhaben. Doch unsere Herzen sind in Gaza geblieben.«

Detschland

Zentralrat der Juden: »Bedrohliche Stimmung« gegen Israel-Verteidiger

An zwei aufeinanderfolgenden Tagen kommt es in deutschen Städten zu Angriffen gegen Personen, die sich solidarisch mit Israel zeigen. Der Spitzenvertreter der jüdischen Gemeinschaft ist besorgt

von Burkhard Jürgens  24.08.2025

Vermisst

Geliebter Vater ohne Grab

Meny Godard liebte das Meer und die Menschen

von Sophie Albers Ben Chamo  24.08.2025

Jemen

Israel fliegt massiven Luftangriff gegen Ziele im Jemen

Seit Beginn des Gaza-Krieges greift die Huthi-Miliz Israel immer wieder mit Raketen und Drohnen an, zuletzt wohl sogar mit Streumunition. Israels Armee schlug nun zurück

 24.08.2025

Reisen

Bald Billigflieger-Drehkreuz in Israel?

Die ungarische Wizz Air will den Ben-Gurion-Flughafen zu ihrer Basis machen / Heimische Airlines sehen sich bedroht

von Sabine Brandes  24.08.2025

Einschlag vom Freitag

Israel: Huthi setzten wohl erstmals Streumunition ein

Auch der Iran hatte während des zwölftägigen Krieges mit Israel im Juni laut Amnesty International Streumunition gegen den jüdischen Staat eingesetzt und damit das humanitäre Völkerrecht verletzt

 24.08.2025

Geiseln

In Lebensgefahr oder tot?

Trumps jüngste Aussagen, nach denen weniger als 20 von der Hamas Verschleppte noch am Leben seien, sorgten in Israel für Verwirrung und schürten Panik unter den Angehörigen

von Sabine Brandes  24.08.2025

Israel

Rabbiner verhindert Anschlag auf Generalstaatsanwältin

Ein Mann hatte den früheren Oberrabbiner Jitzchak Josef um dessen religiöse Zustimmung zur »Tötung eines Aggressors« ersucht. Die Hintergründe

 24.08.2025

Tourismus

Urlaub im Ungewissen

Nur zögerlich kommen ausländische Besucher ins Land, die Sicherheitslage schreckt viele weiterhin ab. Die Branche erschließt sich nun neue Geschäftsfelder

von Katharina Kunert  24.08.2025

Tel Aviv

Angehörige von Hamas-Geiseln fordern Waffenruhe

Die Mutter einer israelischen Geisel wirft Regierungschef Netanjahu vor, er verurteile mit der geplanten Einnahme der Stadt Gaza die Geiseln zum Tode. Dieser verweist auf die laufenden Verhandlungen und notwendigen militärischen Druck

 23.08.2025