Wahlen

Mit Bescheidenheit in die Politik

Mitglieder des neuen Mitte-Rechts Bündnisses mit Gadi Eizenkot (links) Foto: Flash90

In Israel hat es Tradition, dass die Chefs der Armee nach dem Ende ihrer Militärkarriere in die Politik gehen. Yitzhak Rabin, Ehud Barak oder Moshe Dayan sind nur einige, die es bis ganz oben auf dem Politparkett in Jerusalem geschafft haben. Jetzt reiht sich Gadi Eizenkot in die Reihe der illustren Namen ein.

ENGAGEMENT »Frieden und die Gleichheit aller Bürger«, wolle er sich auf die Fahne seines Engagements schreiben, sagte er am Wochenbeginn vor Reportern. Umsetzen will er dies nun im Mitte-Rechts-Bündnis »Nationale Einheit«, dem Zusammenschluss der Zentrumspartei Blau-Weiß von Verteidigungsminister Benny Gantz und der rechtsgerichteten Neuen Hoffnung von Justizminister Gideon Saar. Auch Gantz war vor seinem Eintritt in die Politik Stabschef.

»Wir müssen daran arbeiten, die Bedrohungen aus dem Iran und seinen Stellvertretern zu zerstreuen, einen zukünftigen binationalen Staat verhindern, der die zionistischen Bemühungen gefährden wird, sowie Frieden mit unseren Nachbarn anstreben«, führte Eizenkot aus. Das Land sei in eine politische Krise und politische Instabilität gerutscht, die seit Jahren andauert und einen Riss in der Gesellschaft verursacht hat, begründete er seine Entscheidung, Politiker zu werden.  

»Meiner Ansicht nach müssen wir die politische Stabilität und den respektvollen Dialog wiederherstellen.«

Gadi eizenkot

Eizenkot war nicht nur von der »Nationalen Einheit« umworben worden. Auch die Zentrumspartei Jesch Atid von Premierminister Yair Lapid wollte ihn gern in ihren Reihen sehen. Er überlegte reiflich und entschied sich erst nach einigen Wochen. »Eine bescheidene Führung, die sich auf die Interessen der Israelis konzentriert«, strebe er an, sagte er, als er die Neuigkeiten verkündete.

»Meiner Ansicht nach müssen wir versuchen, eine Regierung zu bilden, die Kräfte vereinen wird, die die politische Stabilität wiederherstellen und den respektvollen Dialog sowie die nationalen Interessen fördert«.

Mit Seitenhieb auf die gescheiterten Versuche der vergangenen Jahre, eine regierungsfähige Koalition auf die Beine zu stellen, machte er klar, dass man als Politiker kein Recht habe, die Bildung einer funktionierenden Regierung für die Bürger des Landes zu unterlassen.

KLUGHEIT Während Bescheidenheit und Politik heute eher widersprüchlich sind, glauben jene, die Eizenkot kennen, ihm dennoch aufs Wort. Der General im Ruhestand ist bekannt für sein ernsthaftes Wesen, seine Klugheit, Fairness und seinen Fleiß.

Zumal Krisen während der Zeit in der Armee sein tägliches Geschäft waren. Im Anschluss an den Dienst nannten ihn viele den »besten Stabschef der vergangenen Jahrzehnte«, der seine Aufgabe mit großem Respekt ausfüllte und bekannt dafür war, dass er den überparteilichen Status des Militärs besonders schützte.

Während der palästinensischen Terrorwelle, die die israelische Bevölkerung in den Jahren 2015 und 2016 durch andauernde Messerattentate quälte, erlangte er Berühmtheit für seine Zurückhaltung bei der Verhängung von kollektiven Strafen in den Palästinensergebieten.

Der 62-jährige Eisenkot schaut bereits jetzt auf eine lange Karriere im öffentlichen Dienst zurück. Er fungierte als Militärsekretär von zwei Premierministern, Ehud Barak und seinem Nachfolger, Ariel Sharon, war anschließend Leiter des Nordkommandos der IDF, stellvertretender Stabschef und schließlich oberster Leiter der Armee. »Seine Professionalität und Loyalität haben ihn hierhergebracht, und er wird dies jetzt im politischen Bereich einsetzen«, so Gantz über ihn.  

»Seine Professionalität und Loyalität haben ihn hierhergebracht, und er wird dies jetzt im politischen Bereich einsetzen.«

verteidigungsminister benny gantz

Auch Eizenkot lobte seine Bündniskollegen. Er sei überzeugt, dass sie die richtigen Personen für die Führung Israels sind. Während er den Likudchef Benjamin Netanjahu nicht persönlich kritisierte, machte er gleichsam klar, dass es seiner Meinung nach für eine Demokratie inakzeptabel sei, dass »jemand im öffentlichen Dienst für ein Amt kandidiert, wenn er unter Anklage steht«. Derzeit wird Netanjahu der Prozess wegen Korruption in drei Fällen gemacht.

CHARISMA Mit einem ist der besonnene Eizenkot jedoch weniger gesegnet: Charisma. Dass er das Ergebnis der kommenden Parlamentswahlen am 1. November wesentlich beeinflussen kann, wird genau aus diesem Grund von Politikexperten bezweifelt.

Einer der jede Menge davon mitbringt, ist Matan Kahana. Auch er verkündete, sich dem neuen Bündnis anzuschließen und seine Partei, die rechtsgerichtete Jamina, zu verlassen. Der ehemalige Luftwaffenpilot und Minister für religiöse Angelegenheiten wirbelte während seiner Zeit in der Einheitsregierung das religiöse Establishment gehörig durcheinander.

RELIGIOSITÄT Er brachte eine Kaschrutreform ein und begann, die Macht des ultraorthodoxen Oberrabbinats einzuschränken. Was den Rabbinern äußerst missfiel, befürworteten andere. Vielen Israelis ist Religiosität wichtig, sie wollen sich jedoch nicht länger der Knute des strengreligiösen Gremiums unterwerfen.

Kahana könnte bei den Wahlen damit eine echte Alternative für viele Wähler sein. Entgegen erster Prognosen ist es sogar möglich, dass Team Eizenkot und Kahana das allesentscheidende Zünglein an der Waage in Jerusalem werden.

Geiseln

Steffen Seibert fordert »Freiheit für unsere deutschen Brüder«

Der deutsche Botschafter Steffen Seibert hat sich mit einem Video an die Öffentlichkeit gewandt

von Sabine Brandes  18.07.2025

Israel

Wer sind eigentlich die Drusen?

Immer wieder ist in Nachrichten aus Israel von den Drusen die Rede. Doch viele wissen nicht, wer und was sich hinter dieser Minderheit verbirgt. Die wichtigsten Fragen und Antworten

von Ralf Balke  18.07.2025 Aktualisiert

Medizin

Forscher entwickeln digitalen Zwilling zur Früherkennung von Krankheiten

»Was wir hier in Israel entwickeln, könnte weltweit Maßstäbe setzen«, sagt Projektleiter Eran Segal vom Weizmann-Institut in Rehovot

 18.07.2025

Nahost

Kirche in Gaza wird getroffen: Israel bedauert Vorfall

Drei Menschen kommen ums Leben, als eine Kirche im Gazastreifen bei einem israelischen Angriff getroffen wird. US-Präsident Trump ruft wegen des Vorfalls den israelischen Regierungschef Netanjahu an

 18.07.2025

Syrien

Wie die Gewalt nach Suweida kam

Seit Tagen toben im Süden des Landes Kämpfe zwischen Drusen, Beduinen und der syrischen Armee – auch ein Waffenstillstand hielt nicht lange. Die Hintergründe

von Lisa Schneider  18.07.2025

Jerusalem

Was der Austritt der Schas für Premier Netanjahu bedeutet

Die Minister der ultraorthodoxen Partei verlassen die Regierung, die auch ihre Mehrheit in der Knesset verliert

von Sabine Brandes  18.07.2025

Schweiz

NGO verklagt Schweiz wegen Kauf israelischer Drohnen

Ein Kollektiv aus Genf will mit einer Klage erreichen, dass die Schweiz keine Drohnen aus Israel beschafft

 17.07.2025

Gaza

Tote bei Beschuss einer Kirche - Papst fordert Waffenstillstand

Zwei Menschen kamen im Gazastreifen am Morgen ums Leben, als eine Granate in einer römisch-katholischen Kirche einschlug. Die israelische Armee will den Vorfall untersuchen

 17.07.2025

Tel Aviv

Huckabee kommt zu Gerichtsverhandlung gegen Netanjahu

Der amerikanische Botschafter zeigt Solidarität mit Netanjahu: Auftritt bei Gerichtsverhandlung sorgt für Aufsehen

 17.07.2025