Fußball

»Israel ist meine Heimat«

Auch Fußballer fliegen: Joel Abu Hanna Foto: imago images/Ukrinform

Fußball

»Israel ist meine Heimat«

Der Troisdorfer Profi Joel Abu Hanna ist Sohn eines arabischen Israelis und spielt nun für die israelische Nationalmannschaft

von Martin Krauß  20.06.2021 07:11 Uhr

Joel Abu Hanna ist 23 Jahre alt und hat viel zu lernen. Hebräischunterricht steht für den Fußballprofi, der aus dem rheinischen Troisdorf stammt, an, denn er ist neuerdings israelischer Nationalspieler. Anfangen will er mit dem Text der Hatikwa, damit er bei der Hymne mitsingen kann, wenn er im Startaufgebot steht. 90 Minuten durchgespielt hat Abu Hanna erst einmal, Anfang Juni beim Freundschaftsspiel gegen Montenegro, das Israel 3:1 gewonnen hatte.

»Israel ist für mich ein Land, das für Vielfalt steht«, sagte Abu Hanna jüngst der »Bild«-Zeitung. 20-mal hat der Sohn eines christlich-arabischen Israelis und einer Deutschen schon für Nachwuchsteams des Deutschen Fußballbundes (DFB) gespielt, aber irgendwann war klar, dass ein Sprung in die A-Nationalmannschaft des DFB immer unwahrscheinlicher wird.

»Ich habe sicher Fehler gemacht«, bekennt Abu Hanna, und tatsächlich liest sich die Liste seiner bisherigen Klubs für einen 23-Jährigen zu lang: Ausbildung in der Nachwuchsabteilung von Bayer Leverkusen. Wechsel zum 1. FC Kaiserslauten. Von dort zum 1. FC Magdeburg, der ihn bald an Fortuna Köln auslieh. Dann zu Zorya Lugansk in die Ukraine. Und nun, ganz frische Meldung, zu Legia Warschau.

EUROPA LEAGUE »Ich habe nie länger als ein Jahr bei einem Verein gespielt«, sagt er. In der Ukraine sah es gut aus für ihn, da konnte er unter Trainer Viktor Skripnik, der Werder Bremen in der Bundesliga betreut hatte, in der Europa League spielen. »Ich habe das Gefühl, ich habe mir dort echt etwas erarbeitet«, sagte er erst jüngst. Dennoch gaben ihn die Ukrainer nun in die erste polnische Liga ab.

Es ist zu lesen, dass sich nicht nur Israel, sondern auch der palästinensische Fußballverband um das Talent bemüht habe.

»Lernwillig«, so hatte ihn vor vier Jahren die Pfälzer Tageszeitung »Rheinpfalz« vorgestellt, als Abu Hanna mit 19 Jahren in Kaiserslautern seine Profikarriere startete. Und der Klub, bei dem er zuletzt gespielt hat, Zorya Lugansk, vermeldete auf seiner Website unter Abu Hannas Hobbys: »Studium der russischen Sprache«. Vielleicht will er bald dann auch noch Polnisch lernen, auch wenn Warschau nicht seine letzte Station im Profifußball bleiben soll. »Ein zukünftiger Wechsel in die israelische Liga ist definitiv eine Option für mich«, verriet er vor einem Jahr dem Onlineportal 90min.de.

Hebräisch versteht er schon »ein bisschen«, erzählt er. »In der Familie meines Vaters wird Arabisch gesprochen, das beherrsche ich.« Israels Nationaltrainer ist der Österreicher Willi Ruttensteiner, mit dem spricht er Deutsch oder Englisch. »Und auch auf Russisch könnte ich mich mit einigen unterhalten.«

VERWANDTSCHAFT Es ist zu lesen, dass sich nicht nur Israel, sondern auch der palästinensische Fußballverband um das Talent bemüht habe. »Das habe ich auch gelesen«, kommentiert Abu Hanna, aber an eine solche Option habe er nie gedacht. Das begründet er gar nicht sportlich, sondern mit seinem Gefühl für Israel. »Mein Vater ist aus Israel, und Israel ist somit auch meine Heimat.« Zu jeder Gelegenheit flog die Familie dorthin, um Verwandtschaft und Freunde zu besuchen.

Israels Fußballverband hatte das Talent aus dem Rheinland auch schon früh ausgeguckt. »Ich hatte schon zu meinen Zeiten in Kaiserslautern Kontakt zur israelischen U21, das kam damals aber nicht zustande.« Zu dem Zeitpunkt war bereits klar, dass der DFB nicht mehr mit ihm rechnet. »Vor ein paar Monaten haben mich die Israelis erneut kontaktiert.« Auf alle Fälle solle er sich doch mal um einen israelischen Pass kümmern, wurde ihm von einem Israeli, der auch in der Ukraine spielt, signalisiert. Das hat er gemacht, und am 11. Oktober, bei einer 1:2-Niederlage gegen Tschechien, wurde der Innenverteidiger Joel Abu Hanna erstmals für Israel eingewechselt.

Negative Reaktionen, dass ein blonder Deutscher mit arabischem Vater Israel repräsentiert, habe er noch nie mitbekommen.

Negative Reaktionen, dass ein blonder Deutscher mit arabischem Vater Israel repräsentiert, habe er noch nie mitbekommen, sagt er. »Vielleicht hat der eine oder andere in den sozialen Netzwerken einen Pfeil geschossen, aber das habe ich nicht gelesen.«

Eine Zukunft im Profifußball ist nie sicher, das hat Joel Abu Hanna bei seinen vielen Vereinen in seiner bislang kurzen Laufbahn erlebt. Auch einen Stammplatz in der israelischen Nationalmannschaft hat der Junge aus dem Rheinland noch nicht. Bei dem bislang einzigen Spiel, das er komplett für Israel durchspielte, dem Sieg gegen Montenegro, war ausgerechnet Abu Hanna schuld am einzigen Gegentreffer: Er hatte einen Montenegriner im Strafraum gefoult.

Gazakrieg

Palästinenser trainieren in Ägypten für den »Tag danach«

Rund 10.000 Mann sollen für den in Gaza als Sicherheitskräfte eingesetzt werden, sobald der Krieg zu Ende ist

von Sabine Brandes  28.08.2025

Nahost

Israel kündigt zwei neue Hilfszentren im Gazastreifen an

Die Bauarbeiten laufen bereits. Zwei neue Verteilstellen für Hilfsgüter werden eingerichtet. Betreiber soll die amerikanische GHF-Stiftung werden

 28.08.2025

Geiseln

Geiselvater: »Ich habe nichts mehr zu verlieren«

Der Vater des jungen von der Hamas verschleppten Deutsch-Israelis Rom Braslavski äußert sich zunehmend verzweifelt

von Sabine Brandes  28.08.2025

Diplomatie

Blair berät Trump und Kushner bei Gaza-Wiederaufbau

Der ehemalige britische Premier und sein Tony Blair Institute sollen einen Plan für die Zukunft des Gazastreifens ausgearbeitet haben

 28.08.2025

Krieg

Wie weiter in Gaza?

Israelische Sicherheitsexperten diskutieren über die Chancen und Risiken der geplanten Ausweitung der Militäroperation im Kampf gegen die Hamas-Terroristen

von Sabine Brandes  28.08.2025

Appell

Nennt ihre Namen!

Deutschland redet geradezu obsessiv über Israel. Über den angeblichen »Völkermord.« Über die Siedlungen. Aber über die deutschen Geiseln spricht fast niemand. Es ist, als existierten sie nicht mehr

von Andreas Büttner  28.08.2025

Krieg

Israels Armee: Evakuierung der Stadt Gaza »unvermeidlich«

Vor der geplanten Umquartierung der Einwohner von Gaza Stadt laufen die Vorkehrungen für die Einrichtung humanitärer Hilfszentren auf Hochtouren

von Robert Messer  27.08.2025

Antisemitismus

Vuelta: Demonstranten stoppen Israel-Team

Sportdirektor Daryl Impey: »Es war ein Schock für uns«

von Stefan Tabeling  27.08.2025

Krieg

»Manipulierte Daten«: Israel fordert Rücknahme von Bericht über Hungersnot in Gaza 

Israel kritisiert den IPC-Bericht über eine Hungersnot in Teilen Gazas scharf und fordert dessen sofortige Rücknahme

von Robert Messer  27.08.2025