Auszeichnung

»Stimme der Versöhnung«

Abba Naor und Landtagspräsidentin Ilse Aigner Foto: Rolf Poss

Im Akademiesaal des Maximilianeums und im Beisein des Direktors der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller, sowie dem Präsidium des Landtags hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) in der vergangenen Woche den Holocaust-Überlebenden Abba Naor als Ersten überhaupt mit dem neuen Verfassungsorden des Bayerischen Landtags ausgezeichnet.

Der Orden wird ab jetzt jährlich an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verliehen, die »sich in besonderer Weise um die Verwirklichung der Grundsätze der Bayerischen Verfassung verdient gemacht haben«. Der ursprünglich geplante Festakt, bei dem noch weitere Persönlichkeiten geehrt werden sollten, musste wegen der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

schüleraustausch Abba Naor engagiert sich seit 30 Jahren für eine Versöhnungskultur und das Gedenken an den Holocaust, nicht zuletzt seit 2017 als Vizepräsident des Comité International de Dachau und als Mitglied des Stiftungsrats der Stiftung Bayerische Gedenkstätten. Naor, ein gebürtiger Litauer, zählt zudem zu den Initiatoren des Schüleraustauschs zwischen Israel und Deutschland.

Im Alter von 13 Jahren war er zusammen mit seinen Eltern und seinen beiden Brüdern in das Ghetto in Kaunas (Litauen) deportiert worden. Seine Mutter und die Geschwister wurden von den Nazis ermordet. Abba Naor selbst wurde in verschiedene Konzentrationslager deportiert, zuletzt in das Dachauer Außenlager Kaufering, wo er im Frühjahr 1945 auf den Todesmarsch geschickt, aber von der US-Armee befreit wurde.

Landtagspräsidentin Aigner zeigte sich in ihrer Laudatio beeindruckt vom Wirken Naors, der seit drei Jahrzehnten vor allem Jugendlichen vom Grauen berichtet.

Danach traf er seinen Vater wieder, beide emigrierten nach Israel. Abba Naor arbeitete dort für den Geheimdienst. 2014 erschien seine Biografie mit dem Titel Ich sang für die SS. Mein Weg vom Ghetto zum israelischen Geheimdienst. Heute pendelt er zwischen Israel und München.

laudatio Landtagspräsidentin Aigner zeigte sich in ihrer Laudatio beeindruckt vom Wirken Naors, der seit drei Jahrzehnten vor allem Jugendlichen vom Grauen berichtet, das er und seine Familie in der Zeit des Nationalsozialismus erleben mussten. Er habe in den Abgrund der Unmenschlichkeit gesehen, seine Schilderungen seien schmerzhaft, erklärte die Landtagspräsidentin. Dank seiner Empathie dringe er aber in die Herzen und Köpfe seiner vorwiegend jungen Zuhörer vor.

Ilse Aigner nannte Abba Naor eine »Stimme der Versöhnung, Vermittlung und Verständigung« und zugleich eine mahnende Stimme gegen Antisemitismus, Rassismus und Menschenverachtung aller Art. »Diese Auszeichnung«, sagte sie direkt an ihn gewandt, »ist auch eine Verneigung vor Ihrer menschlichen Größe.«

Die Auszeichnung, die Abba Naor erhielt, wurde 1961 vom damaligen Landtagspräsidenten Rudolf Hanauer als Bayerische Verfassungsmedaille gestiftet. Seit 60 Jahren ist sie die öffentliche Anerkennung für Bürger, die sich herausragend für das Gemeinwohl engagieren und damit die Werte der Bayerischen Verfassung mit Leben füllen. In diesem Jahr wurde sie erstmals als Bayerischer Verfassungsorden verliehen.

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025