Berlin

Musik für die Gemeinden

Das Kulturprogramm des Zentralrats der Juden in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte, und sie geht weiter. Fast 200 Konzerte werden es bundesweit in diesem Jahr sein. Das Musikprogramm spiegelt nahezu die gesamte Breite und Vielfalt der jüdischen Musikwelt wider. Annähernd 90 verschiedene Gemeinden haben eines oder mehrere Angebote aus dem jährlich erscheinenden Programmkatalog ausgewählt. Nicht nur die großen Gemeinden in Berlin oder Frankfurt sind beteiligt, sondern auch Orte, in denen die Beterschaft nicht so zahlreich ist.

Es hat seine Zeit gedauert, bis sich überall herumgesprochen hatte, wie einfach es ist, die Künstler des Kulturprogramms für Konzerte zu engagieren. Das weiß auch Hannah Dannel, die das Kulturprogramm seit rund zehn Jahren organisiert. »Am Anfang steht immer der jährlich erscheinende Katalog, in dem aufgelistet ist, welche Musiker, darstellenden Künstler und Ausstellungen gebucht werden können«, sagt sie.

Wunschliste
In jedem Katalog befindet sich auch eine »Wunschliste«, die von den Gemeindevorständen dem Rang der Beliebtheit nach von Platz eins bis Platz vier ausgefüllt und dann an den Zentraltrat zurückgeschickt wird. Es ist selten, dass sich ein Wunschtermin nicht realisieren lässt, obwohl Veranstaltungen am Schabbat sowie während der Ferientermine nicht gebucht werden können. »Die meisten Konzerte laufen deshalb am Sonntag. Und es gibt Stoßzeiten um die Hohen Feiertage«, weiß Hannah Dannel aus Erfahrung. Und sie weiß auch, welche Künstler häufig gebucht werden und welche eher selten. Aber weil sich das nicht sicher vorhersagen lässt, wird seit Jahren evaluiert, seitens der Gemeinden und seitens der Künstler.

Nach der Rücksendung der Wunschlisten schließen die Gemeinden die Verträge mit den Künstlern ab. Meist lassen sich die favorisierten Beiträge realisieren, selten müssen die Gemeinden nach Rücksprache auf eine Alternative ausweichen. Welches technische Equipment die Musiker brauchen, ist bereits im Katalog beschrieben. Die Kosten können also zuvor abgeschätzt werden. Sogar eine Druckvorlage für die Konzertplakate gibt es, derer sich die Gemeinden gratis bedienen können.

Die Eintrittsgelder fließen den jeweiligen Gemeinden zu. Diese müssen lediglich einen Saal zur Verfügung stellen sowie das Personal für den Einlass und die Betreuung der Künstler. Die obligatorischen Getränke und einen kleinen Imbiss für die Musiker stiften die veranstaltenden Gemeinden ohnehin gerne. Anders stellt sich die Situation für den Zentralrat dar. Dieser trägt den überwiegenden Teil der Kosten. Dazu zählen nicht nur die Reise- und Übernachtungsspesen, sondern auch die Beiträge für die GEMA, die Verwertungsgesellschaft, die die musikalischen Nutzungsrechte überprüft, sowie für die KSK, die Künstlersozialkasse. Und natürlich trägt der Zentralrat auch die Gage für die Akteure, über deren Höhe sich Hannah Dannel eisern ausschweigt. Dennoch bleibt der Eindruck, dass es sich für beide Seiten um eine Win-win-Situation handelt.

Auftrittsmöglichkeiten Das bezieht sich auch auf die Musiker, die vor allem von bezahlten Auftrittsmöglichkeiten profitieren – keine Selbstverständlichkeit in der heutigen Zeit. Vor allem Newcomer erhalten hiermit ein Forum, ihre Musik einem breiteren Publikum vorstellen zu können. Und die »Alten Hasen« genießen es, als Teil einer Gemeinschaft zu spielen, als Juden vor Juden aufzutreten, eine Situation, die außerhalb Israels nur Kantoren wie beispielsweise Assaf Levitin kennen. Er ist mit den »Drei Kantoren« einer der am häufigsten gebuchten Künstler des Zentralrats.

Doch nicht nur deren Musik läuft gut. Erstaunlicherweise ist es immer noch der Klezmer, der große Anziehungskraft auf die Gemeinden ausübt. Während im allgemeinen deutschen Konzertbetrieb seit Jahren eine gewisse Abkühlung des Klezmer-Hypes zu verzeichnen ist, sind die Klezmerkonzerte des Zentralrats gut besucht. Hannah Dannel begründet das mit der jiddischen Sprache, die manchem Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion noch geläufig ist, und bestätigt: »Gerade Klezmerbands werden in den Gemeinden gerne gebucht.«

Karsten Troyke zählt zu den jiddischen Sängern, die häufig zu hören sind. Der Mann mit der sonoren Stimme weiß sein Publikum seit Jahren zu begeistern. Diesmal ist er mit seinem »Trio Scho« auf Tour. Gut gebucht ist auch der Mann, der sich hinter dem Projektnamen »Semer Label Reloaded« verbirgt: Alan Bern. Der Musiker organisiert seit Jahren den Yiddish Summer in Weimar und ist eine zentrale Figur des Klezmer-Revivals in Deutschland. Wieder einmal hat er eine Reihe von großartigen Musikern um sich geschart: Daniel Kahn, Sasha Lurje oder Fabian Schnedler.

Hip-Hop Die Auswahl der Künstler aus dem Programm des Zentralrats schielt durchaus nicht nur auf renommierte Namen, sondern bietet einige Überraschungen. Für fast jeden Geschmack ist etwas dabei. Und das ist wichtig, denn selbst im Land der Aschkenasen gibt es hörenswerte sefardische Lieder wie die von Marcia:Bloom. Und auch in den Synagogen gibt es Kantoren, die ihren Horizont um Hip-Hop erweitert haben, wie etwa die junge Sängerin Flóra Polnauer.

Auch hinter dem Jerusalem Duo mit der Harfenistin Hila Ofek und dem Saxofonisten Andre Tsirlin versteckt sich eine Überraschung. Nicht etwa deshalb, weil Hila Ofek die Nichte des großen Giora Feidman ist, sondern vielmehr, weil hier ein Saxofon mit der Harfe, eines der jüngsten mit einem der ältesten Instrumente der Musikgeschichte, wunderbar harmoniert. Eine rare Kombination, die sich nur durch einen Zufall ergeben hatte. Derlei Überraschendes gibt es zuhauf im laufenden Kulturprogramm des Zentralrats.

Programm: Die Drei Kantoren: 28. Juni in Oldenburg; Karsten Troyke und das Trio Scho: 7. Juni in Bad Kreuznach; Flora Polnauer: 28. Juni in Trier; Jerusalem Duo: 7. Juni in Hof, 10. Juni in Braunschweig

Zentralratdjuden.de/de/topic/35.kulturprogramm

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