Berlin

»J’Accuse …!«

Zola in der Hand: Botschafter François Delattre, Volker Beck, Elke-Vera Kotowski und Felix Klein Foto: Rolf Walter/xpress.berlin

Acht Zeitungsspalten, circa 4600 Wörter, eine Überschrift, die in die Geschichte eingehen sollte: »J’Accuse …!« – »Ich klage an«. Mit diesem Offenen Brief in der links-liberalen Tageszeitung »L‹Aurore« tat der Schriftsteller Émile Zola das – für damalige Zeiten unvorstellbar – Mutige: Er unterstützte öffentlich den drei Jahre zuvor zu Unrecht des Landesverrates angeklagten Hauptmann Alfred Dreyfus.

Eine Revolution. Nicht nur gesellschaftlich, sondern auch aus Sicht der damaligen Presse. Denn nun, wie nie zuvor, erschienen Karikaturen, die den Justizskandal aufgriffen, die Zolas Offenen Brief thematisierten, die teils unterstützend, meistens aber zutiefst antisemitisch und verschmähend waren.

karikaturen Eine Vielzahl dieser Karikaturen, eine Chronik der Dreyfus-Affäre und die Frage, wie Antisemitismus auch heute noch bekämpft werden kann und muss, zeigt die Französische Botschaft in der Ausstellung J‹Accuse …!, die noch bis zum 10. Februar zu sehen ist und am Montagabend eröffnet wurde.

Die Ausstellung sei hochaktuell und zeige anhand von Zola, wie eine Gesellschaft erfolgreich dem Antisemitismus den Kampf ansagen kann, sagte der französische Botschafter François Delattre. Das sei eine kollektive Aufgabe. Die einfache Botschaft: »Antisemitismus kann erfolgreich bekämpft werden, es liegt an jeder und jedem von uns. Denn Antisemitismus ist eine existenzielle Bedrohung für uns alle – Juden und Nichtjuden zugleich.«

Felix Klein beschrieb, dass Zola zeigte, wie »wichtig und wie folgenreich das Handeln eines Einzelnen im Kampf gegen Antisemitismus und gegen Ungerechtigkeit sein kann«.

Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, beschrieb, dass Zola zeigte, wie »wichtig und wie folgenreich das Handeln eines Einzelnen im Kampf gegen Antisemitismus und gegen Ungerechtigkeit sein kann«. Ohne Wahrheit und Gerechtigkeit gerate eine Demokratie in Gefahr. Deshalb sei »eine aktive Zivilgesellschaft zwingend erforderlich, um den Antisemitismus wirksam zurückzudrängen«.

kritik Der Schriftsteller Émile Zola hatte sich nicht erst mit seinem Offenen Brief zu Dreyfus geäußert, sondern, wie Klein sagte, bereits vorher zu Wort gemeldet und die Diskriminierung von Juden in Frankreich öffentlich kritisiert. Eine weitere nachhaltige Entwicklung ergab sich aber aus dem Émile-Zola-Brief: Es war die Geburtsstunde des Intellektuellen, der sich an politischen Debatten beteiligt.

Elke-Vera Kotowski, die Kuratorin der Ausstellung, hob hervor, wie wichtig die Stimmen der heutigen Intellektuellen sind. Einen Blick auf die deutsch-französischen Perspektiven zu werfen und für Antisemitismus zu sensibilisieren, lag der Historikerin in ihrer Rede am Herzen.

Ein Besuch der Ausstellung ist nur mit vorheriger Anmeldung unter info@civs.de möglich.

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