EMG 2015

Game, Set and Match

Samuel Abrahams wartet, läuft unruhig auf und ab, in der einen Hand den Tennisschläger, in der anderen eine Wasserflasche. Noch 20 Minuten, dann spielt er sein zweites Vorrunden-Match auf einem der Ascheplätze des Tennisclubs Rot-Weiß. Sein Gegner ist Raphael Wiener vom Team Makkabi Deutschland.

»Das Niveau der Spieler ist sehr hoch«, sagt Samuel. »Ich bin sehr aufgeregt.« Es sind seine ersten Makkabi-Spiele, sein erster Besuch in Berlin, sein erster in Deutschland überhaupt. »Ich bin positiv überrascht«, sagt er. Berlin sei eine sehr entspannte Stadt. Die für ihn interessantesten Sehenswürdigkeiten hat er bereits gesehen – die Reste der Berliner Mauer und das Brandenburger Tor. Jetzt stehe der Sport im Mittelpunkt.

semifinale Nebenan im Steffi-Graf-Stadion läuft das Semifinale zwischen Alan Braschinsky aus Estland und Eyal Bensimon aus Frankreich. Jakov Tshirkin kommt angeschlendert, auch er in der Trainingsjacke von Makkabi Estland. »Ich habe gerade mein Semifinale verloren«, sagt er lachend. Nun will er seinen Teamkollegen unterstützen.

Viel ist an diesem Freitagmorgen noch nicht los auf dem Gelände des Tennisklubs. Die Stimmung ist dafür umso heiterer. Franzosen, Schweizer, Italiener wärmen sich auf, packen ihre Tennisschläger aus den Taschen, scherzen am Spielfeldrand mit mitgereisten Freunden und Verwandten.

»Seit der Eröffnung schauen wir uns verschiedene Wettkämpfe an – vor allem natürlich Tennis«, erzählt Judith Millet. Ihr Mann Simon spielt heute gegen Gerald Wozasek aus Österreich. Sie sei sehr angetan von der Atmosphäre bei den Makkabi-Spielen. Warm und freundschaftlich gehe es zu, sagt sie. Die Makkabi-Spieler aus verschiedenen Ländern tauschten Trikots und kämen schnell miteinander ins Gespräch.

»Am Anfang waren unsere Junioren noch etwas zurückhaltend im Estrel«, erzählt Ronny Bachenheimer, Leiter der Schweizer Makkabi-Delegation. Doch schon nach wenigen Stunden sei die Schüchternheit verflogen. »Gut, dass alle Sportler gemeinsam untergebracht sind«, lobt er. Er steht ein paar Schritte entfernt von den Millets und entrollt eine rot-weiße Makkabi-Schweiz-Fahne. Stolz zeigt er seine vielen Buttons – der originellste sei der holländische in Holzschuhform. Auf dem gegenüberliegenden Platz spielt in ein paar Minuten Jari Hanhimaki, ein 16-jähriges Tennistalent aus Genf. »Jaris Ausgeglichenheit ist seine größte Stärke«, schwärmt der Teamchef von Makkabi Schweiz.

aufwärmen »Raphael Wiener und Samuel Abrahams bitte zu Platz 3 zum Aufwärmen«, tönt es aus dem Lautsprecher. Auch Adam Bloom aus London macht sich langsam bereit – er spielt auf dem Platz neben seinem Teamkameraden Samuel. Der 17-Jährige schwärmt vom hohen sportlichen Niveau seiner bisherigen Gegner, aber auch von der EMG-Organisation, dem guten Englisch der Deutschen und dem Rahmenprogramm.
»Ich habe viele jüdische Gedenkorte gesehen, Gleis 17, das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen – das war für mich das erste Mal an so einem Ort, es war sehr bewegend«, sagt Adam. Wenn die Tennisturniere vorbei sind, will er sich Fußball und Badminton anschauen und sein Team unterstützen. Was er für sich bei den Spielen erhofft? »Dass ich durch die Erfahrung ein besserer Spieler werde«, sagt er bescheiden.

Dann fällt sein Blick auf Teamkollege Samuel. Er gibt sein Bestes, aber Raphael aus Frankfurt liegt bereits nach dem ersten Satz in Führung, vom Spielfeldrand angefeuert von Mutter Ala und Bruder Gabriel. »Es wird schwer für ihn, glaube ich. Aber er spielt seit zehn Jahren, und ich hoffe auf Bronze«, sagt Ala. Am Ende ist Raphael eine Runde weiter auf dem Weg zur Bronzemedaille.

Währenddessen lässt sich Simon Millet von seiner Frau Judith verarzten. »Er hat sich den Fuß verletzt«, erklärt Cousin Daniel, der extra aus Australien angereist ist, um Simon spielen zu sehen. Doch Simon lässt sich dadurch nicht den Spaß verderben. Ums Gewinnen geht es ihm weniger, eher um eine unvergessliche Erfahrung. Gerald Wozasek gewinnt das Match, doch nach Spielende umarmen sich beide Spieler freundschaftlich – erst recht, als der Österreicher verrät, dass er als Unfallchirurg arbeitet. »Mein Tipp: beim nächsten Mal besser aufwärmen«, sagt er augenzwinkernd.

Am Abend werden sich die beiden im Estrel wiedersehen – zusammen mit den Makkabi-Spielern und deren Freunden und Familien aus ganz Europa und Übersee sind sie fest entschlossen, gemeinsam bei einem nicht-sportlichen Ereignis zu gewinnen: dem größten Kabbalat Schabbat der Welt.

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025