»Gesicht Zeigen!«

Engagiert für Demokratie

Mein Zimmer», «Meine Musik», «Mein Sport» – drei Begriffe, die für Teenager alles bedeuten: Privatssphäre, Zuflucht und angestaute Energie herauslassen. Diese drei Wörter sind bei der Ausstellung «7 x jung – Dein Trainingsplatz für Zusammenhalt und Respekt», die von der Initiative «Gesicht Zeigen!» vor sechs Jahren angeregt wurde, auch Leitmotiv für drei von insgesamt sieben Räumen, in denen Schüler für Themen wie Ausgrenzung, Verfolgung, Antisemitismus und Rassismus sensibilisiert werden sollen.

Für Projekte wie «7 x jung», den «Störungsmelder on tour» und viele andere Workshops für Schulklassen hat «Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland» am vergangenen Mittwoch den Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage vom Zentralrat der Juden in Deutschland erhalten.

Die Auszeichnung geht seit 2009 an Initiativen, die sich für die Stärkung der Demokratie und die Bekämpfung von Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus einsetzen. Stellvertretend für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahm der Vorstandsvorsitzende von «Gesicht Zeigen!», Uwe-Karsten Heye, den mit 5000 Euro dotierten Preis bei einem Festakt in der Düsseldorfer Synagoge entgegen.

Ehrenamtliche Heye widmete die Auszeichnung den Frauen und Männern, die hauptamtlich und mit der Unterstützung durch viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer daran arbeiten, «Deutschlands Weltoffenheit zu bewahren», sagte er in seiner Dankesrede.

Er erinnerte sich an die Anfänge des Vereins: «Eine große Sorge hatte mich damals nach Düsseldorf reisen lassen; die Sorge über Ereignisse, die damals, am Beginn des 21. Jahrhunderts, Schlagzeilen machten: Brandanschläge gegen Synagogen, Mordanschläge gegen ›Asylanten‹, und das in Ost und West gleichermaßen im seit zehn Jahren wiedervereinten Deutschland.» Bei Paul Spiegel fand Heye damals ein «offenes Ohr und die Bereitschaft, den Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus gemeinsam
zu führen». Spiegel wurde neben Michel Friedman Mitglied des ersten Vorstandes von «Gesicht Zeigen!».

AKTUALITÄT
Dass dieser Kampf bis heute noch traurige Aktualität hat, beschrieb Heye in seiner Ansprache, denn es gehe immer noch darum, Flüchtlinge vor der aggressiven Gewaltbereitschaft des rechten Randes der Gesellschaft zu schützen. Mehr als 1000 Attacken gegen Flüchtlinge oder Helfer und Dutzende Brandanschläge gegen Flüchtlingsunterkünfte seien das Ergebnis einer Hetzkampagne, die im Netz und zunehmend auch bei «Pegida» verbreitet werde.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, betonte in seiner Rede die große Bedeutung der Arbeit von «Gesicht Zeigen!»: «Unser diesjähriger Träger des Paul-Spiegel-Preises für Zivilcourage setzt nicht nur die Gedanken von Paul Spiegel in die Tat um, der Verein ist Teil der Geschichte, zu der auch der ›Aufstand der Anständigen‹ gehört.» Dass der Verein vor allem junge Menschen stark gegen Antisemitismus und Rassismus, gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit mache, sei heutzutage wichtig, sagte Schuster. Er erinnerte an den Aufruf Paul Spiegels zum «Aufstand der Anständigen», bei der Bekämpfung von Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nicht innezuhalten.

Basisarbeit Dieser Appell, sagte Schuster, bleibe gültig: «Es geht um die Frage, wie wir die Errungenschaften unserer westlichen Demokratie und Wertegemeinschaft schützen und im 21. Jahrhundert erhalten.» Es brauche «beharrliche, kontinuierliche Arbeit an der Basis, um Rechtsextremismus nachhaltig zu bekämpfen». Dies leiste der Verein in vorbildlicher Weise.

Die Laudatorin Christina Rau hob vor allem die Kreativität von «Gesicht Zeigen!» hervor, mit der der Verein versuche, so viele junge Menschen wie möglich zu erreichen: Mit den «Schlauen Heften» erreiche die Initiative nicht nur «die Köpfe der Menschen», sondern auch «die Herzen». Rau sagte: «Wir brauchen die Arbeit von ›Gesicht Zeigen!‹ und wir brauchen Unterstützung für diese Arbeit mehr denn je in einer Zeit, in der Hass und Hetze gegen Fremde, gegen Flüchtlinge eine neue Dimension und eine neue Qualität erreichen.»

GEDENKEN Die Preisverleihung stand auch im Zeichen des Gedenkens an Paul Spiegel sel. A., der am 30. April 2006 starb. Am Mittwochvormittag erinnerte das Präsidium des Zentralrats der Juden an seinen ehemaligen Präsidenten. Auch Paul Spiegels Witwe Gisèle nahm an der Gedenkveranstaltung teil. Josef Schuster schilderte bei der Preisverleihung, wie groß der Verlust von Paul Spiegel war. «Er hatte eine große Gabe, auf Menschen zuzugehen.» Spiegels «politisches und gesellschaftliches Engagement wurde in der ganzen Gesellschaft wahrgenommen», betonte Schuster.

Gisèle Spiegel sagte: «Seine Präsenz ist immer noch sehr stark. Seine Weisheit, sein Humor und seine Sprüche begleiten uns ständig. Er fehlt und wird immer fehlen.» Dass der Paul-Spiegel-Preis an «Gesicht Zeigen!» geht, mache sie stolz. «Gerade heute ist es besonders wichtig, Gesicht zu zeigen.»

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025