Berlin

»Ein Sieg über Hitler«

Moshe Vorhand Foto: Uwe Steinert

Berlin

»Ein Sieg über Hitler«

Moshe Vorhand über die neue Mikwe für Kahal Adass Jisroel

von Philipp Peyman Engel  19.09.2014 16:00 Uhr

Herr Vorhand, Kahal Adass Jisroel hat seit letzter Woche eine eigene Mikwe. Sie haben der Gemeinde das Ritualbad gestiftet. Wie kam es dazu?
Ich bin geschäftlich oft in Deutschland. Bei einer meiner Reisen von London nach Berlin hatte ich das große Glück, Kahal kennenzulernen. Mir waren die überwiegend jungen Menschen sehr sympathisch. Es ist fantastisch zu sehen, wie sie mitten im Herzen von Berlin ihr Judentum sowohl modern als auch orthodox leben. Als ich dann erfuhr, dass sie noch kein eigenes Ritualbad haben, dachte ich mir: Das musst du ändern! Jede Kehilla sollte doch eine haben.

Welche Bedeutung hat die Mikwe im Judentum?
Eine ganz zentrale. Seit der Zeit der Propheten ist sie Mittelpunkt jeder Gemeinde. Sie reinigt uns im kultischen Sinne – zum Beispiel nach der Entbindung oder in der Zeit nach der Heilung von einer Krankheit.

Die Errichtung einer Mikwe ist sehr aufwendig. Wie teuer ist der Bau eines Ritualbads eigentlich?
Teurer, als man denkt! Mein Bruder und ich haben das Projekt mit mehreren Hunderttausend Euro unterstützt. Aber Geld ist nicht wichtig, wenn es um die Förderung jüdischen Lebens geht. Was kann es Bedeutenderes geben?

Es heißt, Ihre Familiengeschichte spielt eine große Rolle bei der Spende.
Das stimmt. Meine beiden Brüder und ich sind Kinder von Schoa-Überlebenden. Meine Mutter wurde nach Auschwitz deportiert. Der KZ-Arzt Josef Mengele tat ihr unsagbares Leid an. Nach dem Krieg war sie sehr krank. Kinder dürfe sie wegen ihres geschwächten Zustands keine mehr bekommen, rieten ihr die Ärzte. Daran wollte sie sich unter keinen Umständen halten. Deshalb ging sie oft in die Mikwe, um zu gesunden. Nach allem, was sie erlebte, war es für sie eine Art Gebot, Kinder zu bekommen.

Inwiefern?
Sie hat immer gesagt: Wenn ich keine Kinder bekomme, haben die Nazis gesiegt. Schon allein deshalb war es ihr so wichtig, die jüdische Religion und Kultur zu stärken. Das führe ich nun fort. Eine neue Mikwe für Berlin – das hätte ihr gefallen. Es ist im gewissen Sinne auch ein Sieg über Hitler und die Geschichte.

Mit dem Londoner Unternehmer und Spender sprach Philipp Peyman Engel.

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025