Initiative

»Antisemitismus als Grundrauschen«

Projektleiter Maximilian Feldmann Foto: EJKA/ Vitaly Novikov

Initiative

»Antisemitismus als Grundrauschen«

Die Europäische Janusz Korczak Akademie stellte in München ihr Projekt »Menschlichkeit bewahren!« vor

von Ellen Presser  27.04.2023 08:45 Uhr

Die schlechte Nachricht zuerst: Vor gerade einmal neun Tagen ging es durch die deutsche Presse – »judenfeindliche Hasskriminalität nimmt zu«, auch in München. Gemäß ihrem Jahresbericht für 2022 dokumentierte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) 183 antisemitische Vorfälle.

Bei einer Pressekonferenz der Europäischen Janusz Korczak Akademie (EJKA) am vergangenen Donnerstag im Münchner Presseclub ging RIAS-Mitarbeiter Nikolai Schreiter ins Detail. Die Dunkelziffer sei viel größer, und nur die Hälfte habe einen politischen, weltanschaulichen, verschwörungsideologischen Hintergrund: »Antisemitismus ist als Grundrauschen da.«

hauptziele Umso mehr ist es für die EJKA, zu deren Hauptzielen »demokratische Bildung und der Kampf gegen Antisemitismus, Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit« zählen, seit Jahren ein Anliegen, Aufklärungs- und Fortbildungsarbeit zu leisten. Von November 2021 bis April 2023 lief bayernweit das Projekt »Menschlichkeit bewahren! Kommunen sensibilisieren und stärken!«, das sich gezielt an Mitarbeiter kommunaler Einrichtungen wie Ausländerbehörden, Schulen, Polizei und Verwaltung richtete.

Die gute Nachricht: Trotz schwierigen Starts noch während der Corona-Pandemie fanden alle drei Formate ihre Klientel. Es gab Schulungen im 60-Minuten-Format, dreistündig als Halbtagesangebot und ganztägig mit interaktiven Komponenten. Erreicht wurden kleine wie große Kommunen von Bamberg über Bayreuth, München, Passau, Regensburg, St. Ottilien bis Tutzing und Weiden.

Wie Projektleiter Maximilian Feldmann vortrug, machte das Projekt den Bedarf an umfangreicher Aufklärung zur NS-Zeit und die Befassung mit neuen Codes des Antisemitismus deutlich. Wegen Corona bot die EJKA eine Fortbildungsreihe digital beziehungsweise im Hybrid-Format an. Themen waren unter anderem »Kommunalverwaltungen und ihre Rolle in der NS-Zeit«, »Antisemitische Narrative im modernen Rechtsextremismus und Verschwörungsmilieu«, aber auch grundlegende Fragen wie »Was ist Antisemitismus?« und »Was ist Ableismus – Narrative und Ausprägungen«.

aufklärungskonzept Judenfeindlichkeit und Diskriminierung von Menschen mit Behinderung in einem Aufklärungskonzept zusammenzuführen, schob die Anliegen von Oswald Utz, dem ehrenamtlich tätigen Behindertenbeauftragten der Landeshauptstadt München, ungewollt eher an den Rand. Die Diskriminierung Behinderter ist massiv, die Behebung von Missständen im Alltag bedarf oft praktischer Maßnahmen.

An der Schulung nahmen insgesamt 640 Personen teil, 70 Prozent davon waren Frauen. Für den Träger stand die Evaluation im Fokus, weshalb differenziert nach Erwartungshaltung und Lernerfolgen gefragt wurde. Schirmherr des Projekts war der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle. An seiner Stelle kamen die Mitarbeiter Ulrich Fritz und Robert Sigl zur Pressekonferenz. Förderung gab es von der »Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« (EVZ), vertreten durch die Fachreferentin Sonja Begalke.

Den wichtigsten Aspekt hatte EJKA-Präsidentin Eva Haller in ihrer Begrüßung zum Ausdruck gebracht: »Es gibt nichts Besseres, als einander zu begegnen, zu sprechen.« Nur so seien Verkrustungen zu lösen. ep

www.ejka.org

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025