Festjahr

Köln zeigt Kaiser Konstantins Edikt von 321

Wenn es nach den Regeln des Vatikan gegangen wäre, dann hätte diese kommodengroße rote Transportkiste nicht den langen Weg nach Köln gemacht. Und dass sie es mit ihrem wertvollen Inhalt dann doch per Flugzeug von Rom nach Frankfurt und schließlich im Auto an die Stadt am Rhein schaffte, lag an der hartnäckigen Intervention gleich mehrerer Beteiligter.

Am späten Mittwochabend nun kam das historische Schriftstück - der älteste Nachweis über die Existenz von Juden nördlich der Alpen - in Köln an. Das Dokument liefert den Grund für das laufende Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«.

EMPFANG Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer, und der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ließen es sich nicht nehmen, die geschichtliche Quelle im Kunstmuseum Kolumba des Erzbistums Köln persönlich in Empfang zu nehmen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Dort ist sie die kommenden fünf Wochen im Rahmen einer Ausstellung zu sehen. Es handelt sich um zwei Blätter aus dem 6. Jahrhundert, die aber Zeugnis geben über eine viel frühere Zeit. Denn sie stellen die Abschrift eines Edikts dar, das der römische Kaiser Konstantin im Jahr 321 erließ.

Gerichtet war es an die Mitglieder des Stadtrates der Colonia Claudia Ara Agrippinensium, so der römische Name Kölns. Und darin legte der Kaiser fest, dass Juden städtische Ämter in den Kurien, also den römischen Stadträten, bekleiden durften und sollten. Die Abschrift gilt als die früheste Quelle über die Existenz von Juden in den nördlichen Provinzen des römischen Reiches und damit der heutigen deutschsprachigen Länder.

ANKUNFT Bei der Ankunft der Leihgabe sprach Woelki von einem »erhebenden Moment«. Mit seinem Handy hielt er fest, wie Mitarbeiter der Transportfirma die Schrauben des roten Behälters lösten und sich durch mehrere Schichten Dämmstoff zu den eingerahmten Blättern vorarbeiteten. Schließlich präsentierten Woelki, Lehrer und die Direktorin des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), Ulrike Lubek, den zu ungewöhnlich später Stunde versammelten Fotografen und Kameraleuten das Dokument.

Fast hätte das alles gar nicht geklappt. Woelki berichtete, dass seine Bitte, die Abschrift in Köln auszustellen, mehrfach abschlägig beschieden worden sei. Die Vatikanische Bibliothek, die sie sonst aufbewahrt, hat für solch einzigartigen Quellen eine grundsätzliche Ausleihsperre verhängt.

ZUSAGE Lehrer, der auch Vorstandsmitglied der Kölner Synagogen-Gemeinde ist, berichtete, dass Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei seinem Rom-Besuch den Papst auf das Anliegen angesprochen habe. Und der habe dann ihm - Lehrer - zugesagt, »das Seinige« in der Sache zu tun.

Franziskus wird wohl viel Verständnis für die Idee der Ausstellung und die Symbolik der Leihgabe haben. Das Edikt zeige, dass Juden im Jahr 321 zum Leben selbstverständlich dazugehörten und in der Stadtregierung eingebunden waren, betonte Woelki. »Das Dokument ist für mich ein wunderbares Symbol geschwisterlicher Verbundenheit.« Gerade in Zeiten, in denen es wieder vermehrt antisemitische Anfeindungen gebe, müsse deutlich gemacht werden, dass Juden zu unserer Gesellschaft gehören.

ZEUGNIS Ähnlich sieht es Lehrer. Er hoffe, dass das »außergewöhnliche historische Zeugnis« wie ein Magnet das Publikum anziehe. Wenn dadurch der Antisemitismus zurückgedrängt werde, sei viel erreicht, so das Vorstandsmitglied der Kölner Synagogen-Gemeinde. Auch LVR-Direktorin Lubek betonte, dass das Projekt ganz unterschiedliche Institutionen zusammengeführt habe. Sie alle eine ein gemeinsamer Wertekanon, stünden für Teilhabe und wendeten sich gegen Ausgrenzung.

Das vom Landschaftsverband getragene Kölner jüdische Museum MiQua und das Kunstmuseum Kolumba haben gemeinsam die Ausstellung »In die Weite - Aspekte jüdischen Lebens in Deutschland« organisiert, die am 15. September startet und in der bis 11. Oktober die vatikanische Leihgabe zu sehen ist. Das schon im Februar von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Schirmherr eröffnete Festjahr mit unzähligen Veranstaltungen hat einen neuen Impuls und Höhepunkt.

Lesen Sie mehr zu dem Thema in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Jerusalem

Das falsche Grab

Das Buch der Könige gibt Auskunft darüber, wo David wirklich begraben wurde

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  03.07.2025

Interview

»Inhalte statt Konflikte produzieren«

Rabbinerin Elisa Klapheck will in ihrer zweiten Amtszeit als Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz zusammenführen

von Mascha Malburg  03.07.2025

Kirchen

Theologe Staffa kritisiert Apartheidsbeschluss des Weltkirchenrates

Der Apartheidsvorwurf sei einfach falsch, sagte der christliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

von Stephan Cezanne  01.07.2025

Essay

Der Weltkirchenrat auf Abwegen

Die Organisation mit mehr als 350 meist protestantischen Kirchen stimmt in den Chor all derer ein, die ein antiisraelisches Lied nach dem anderen singen. Immer lauter. Immer wütender. Immer obsessiver

von Daniel Neumann  29.06.2025

Talmudisches

Beten gegen das Böse

Was unsere Weisen über den freien Willen und moralische Entscheidungen lehrten

von Vyacheslav Dobrovych  27.06.2025

Vertrauen

»Ich werde da sein«

Wo nur ist Gott auf dieser Welt? Er hat es Mosche gesagt

von Rabbiner David Kraus  27.06.2025

»Rising Lion«

Eine Löwin erhebt sich

Israels Militäroperation gegen den Iran trägt einen biblischen Namen. Was bedeutet er?

von Rabbiner Raphael Evers  27.06.2025

Korach

Um Himmels willen

Wahre Größe liegt nicht in Streit und Spaltung, sondern in Dialog und Demut

von Shlomo Rottman  26.06.2025

Kolpik

Alter Hut

Eine traditionelle Kopfbedeckung erzählt manches über ihren Besitzer

von Levi Israel Ufferfilge  20.06.2025