Debatte

Brennende Themen

Bei den »Augsburger Friedensgesprächen« Ende März hat Zentralratspräsident Josef Schuster die Bedeutung des interreligiösen Dialogs bekräftigt: Mit seinem Projekt »Schalom Aleikum« fördere der Zentralrat den Austausch zwischen Juden und Muslimen – wie etwa beim Gespräch zwischen jüdischen und muslimischen Gastronomen am 25. März.

Disko Ein weiteres Dialogprojekt des Zentralrats, »Meet a Jew«, habe mit jüdischen Jugendlichen begonnen, die meist nichtjüdischen Gleichaltrigen in Schulklassen von ihrem Judentum berichteten. Dabei könnten Erfahrungen ausgetauscht werden – wie der gemeinsame Ärger darüber, dass schon seit einem Jahr alle Diskotheken geschlossen sind.
»Meet a Jew« sei inzwischen auf Erwachsene ausgeweitet worden, so Schuster. Dies sei auch eines der Mittel, um gegen Antisemitismus vorzugehen.

Die zweimal im Jahr stattfindenden »Augsburger Friedensgespräche« widmeten sich diesmal dem religiös geprägten Antisemitismus. Ursachen, Wirkungen und aktuelle Strategien zur Prävention standen im Fokus der Diskussion, die online übertragen wurde.

Gesprächsteilnehmer waren neben Zentralratspräsident Schuster (zugeschaltet aus Würzburg) der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Koordinierungsrates der Ge­sellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Rabbiner Henry G. Brandt (zugeschaltet aus Zürich), die evangelische Theologin und ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann (zugeschaltet aus Hannover), sowie der Psychologe und Autor Ahmad Mansour (zugeschaltet aus Berlin).
Mansour sagte, die Dialogprojekte des Zentralrats der Juden machten »großartige Arbeit«.

Dialog Auch auf muslimischer Seite gebe es Projekte gegen Antisemitismus, die sehr gut funktionierten. Prinzipiell dürfe interreligiöser Dialog aber nicht oberflächlich bleiben. Er wünsche sich einen Dialog, der auch heikle Themen anspricht. Mansour sagte, es sei auch Aufgabe von Muslimen in Deutschland, Juden das Gefühl zu geben, dass sie in Deutschland sicher seien und sich geschützt fühlten. Dies gelte auch für jüdische Schüler, deren Eltern sich fragten, ob sie noch staatliche Schulen besuchen könnten oder etwa als Ergebnis eines »Exodus« zum Beispiel auf das Jüdische Gymnasium in Berlin ausweichen sollten.

Über den Umgang von Muslimen mit Antisemitismus sagte Mansour: »Wir haben noch viel Nachholbedarf.« So wünsche er sich beispielsweise Freitagsgebete zum Thema »Existenzrecht Israels« oder zu problematischen Koranstellen über Juden.

Rabbiner Henry G. Brandt dankte Man­sour für seine klaren Worte. Parallelgesellschaften im Sinne von ferngesteuerten Religionsgemeinschaften dürfe es in Deutschland nicht geben, sagte der Rabbiner. Wer in ein Land einwandere, müsse sein Leben nach den Werten dieses Landes ausrichten. Leider habe die Zuwanderungspolitik in dieser Hinsicht »erbärmlich versagt«.

Gesprächspartner Brandt regte zudem an, in Lehrplänen jüdischer Schulen auch Informationen über den Islam und das Christentum aufzunehmen: »Wir brauchen Gesprächspartner und Dialogpartner. Leute, die wenig von der Sache verstehen, sind immer schlechte Advokaten.«

Die frühere Bischöfin Margot Käßmann nahm auf die Frage der Moderatorin Shahrzad Eden Osterer Stellung zur Diskussion um antijüdische Reliefs an Kirchen. Als sie zum ersten Mal mit der »Judensau« an der Stadtkirche von Wittenberg konfrontiert wurde, habe sie zunächst gedacht, dass die Kirchengemeinde zur DDR-Zeit gut mit diesem Erbe umgegangen sei, indem sie eine Zeder gepflanzt und eine Einlassung mit einer Stellungnahme im Boden angebracht hat. Inzwischen habe sie ihre Meinung dazu geändert: »Wenn es jemanden, der das anschauen muss und selbst Jude ist, derartig verletzt, dann kann das Relief nicht an dieser Kirche bleiben, dann gehört es in ein Museum.« Ayala Goldmann

Talmudisches

Torastudium oder weltliche Arbeit?

Was unsere Weisen über das rechte Maß zwischen Geist und Alltag lehren

von Detlef David Kauschke  14.11.2025

Chaje Sara

Bewusster leben

Sara hat gezeigt, dass jeder Moment zählt. Sogar ihr Schlaf diente einem höheren Ziel

von Samuel Kantorovych  13.11.2025

Spurensuche

Von Moses zu Moses zu Reuven

Vor 75 Jahren starb Rabbiner Reuven Agushewitz. Er verfasste religionsphilosophische Abhandlungen mit einer Intensität, die an Maimonides und Moses Mendelssohn erinnert. Wer war dieser Mann?

von Richard Blättel  13.11.2025

Wajera

Awrahams Vermächtnis

Was wir vom biblischen Patriarchen über die Heiligkeit des Lebens lernen können

von Rabbiner Avraham Radbil  07.11.2025

Talmudisches

Rabbi Meirs Befürchtung

Über die falsche Annahme, die Brachot, die vor und nach der Lesung gesprochen werden, stünden im Text der Tora

von Yizhak Ahren  07.11.2025

Festakt

Ministerin Prien: Frauen in religiösen Ämtern sind wichtiges Vorbild

In Berlin sind zwei neue Rabbinerinnen ordiniert worden

 06.11.2025

Chassidismus

Im Sturm der Datenflut

Was schon Rabbi Nachman über Künstliche Intelligenz wusste

von Rabbiner David Kraus  06.11.2025

Rezension

Orthodoxer Rebell

Sein Denken war so radikal, dass seine Werke nur zensiert erschienen: Ein neues Buch widmet sich den Thesen von Rabbiner Kook

von Rabbiner Igor Mendel  06.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025