Talmudisches

Bienen

Auch wenn die Biene selbst nicht koscher ist – der Honig ist es. Foto: Getty Images/iStockphoto

In der Antike wurde die Biene in einigen Völkern sehr verehrt. Im antiken Griechenland standen Bienen in Zusammenhang mit Prophezeiungen und dem Götzenkult. Zeus, der oberste Gott der griechischen Mythologie, trug den Beinamen »Melissaios« – Bienenmann. Im alten Ägypten galten Bienen als heilig. Der altägyptische Sonnengott Re habe diese Insekten aus seinen Tränen erschaffen, glaubten die Ägypter.

Im Tanach sind Bienen einfach Insekten mit besonderen Eigenschaften. Im Vordergrund steht dabei der Honig, der koscher ist, obwohl Bienen keine koscheren Tiere sind. Im 5. Buch Mose 1,44 begegnet uns die Biene das erste Mal im Tanach, zuvor wurde nur deren Produkt genannt: »Da zog der Emori aus, der auf jenem Berg wohnt, euch entgegen; sie verfolgten euch wie die Bienen und zersprengten euch in Se’ir bis Horma.«

schwarm Die Emorim werden mit einem Bienenschwarm verglichen. Die Organisation der Bienen als Schwarm wird hier als bekannt vorausgesetzt. Dies wird auch im biblischen Buch Tehillim, den Psalmen, aufgegriffen: »Sie haben mich umringt wie Bienen, aber sie verenden wie vom Dornenfeuer, im Namen des Ewigen wehre ich sie ab« (118,12).

In der Tora begegnet uns das hebräische Wort für Biene, »Dwora«, nur noch ein weiteres Mal. Im 1. Buch Mose (35,8) wird von einer Frau dieses Namens berichtet. Sie war die Amme von Riwka. Im Buch der Richter (Kapitel 4 und 5) trägt eine Prophetin ebenfalls den Namen Dwora (Debora).

Dass hier als Vorname die Bezeichnung des Tieres verwendet wurde, darauf wies schon der Talmud hin, auch wenn er die Zuweisung des Namens wenig schmeichelhaft begründet. So erklärt Raw Nachman ihren Namen mit ihrer stechenden Arroganz: »Hochmut ziemt Frauen nicht! Zwei waren hochmütig und hatten deshalb hässliche Namen; eine hieß Biene, und die andere hieß Wiesel (Chulda). Von der Biene heißt es: Sie sandte hin und ließ Barak rufen; sie ging aber nicht selbst zu ihm hin (Richter 4,6)« (Megilla 14b).

Midrasch In Verbindung mit einem Midrasch kann dieser Name dann aber positiv gedeutet werden. Der Midrasch Rabba (1,6) deutet ein Wort aus dem ersten Vers des 5. Buches Mose auf der sprachlichen Ebene um. Eigentlich lautet die gängige Übersetzung: »Dies sind die Worte (Dewarim), die Mosche an ganz Israel richtete.« Der Midrasch macht aus Dewarim »Bienen«: »Der Ewige sagte: Wie Bienen verhalten sich meine Kinder in dieser Welt, indem sie den Gerechten und Propheten folgen.«

Rabbi Schmuel bar Nachman sagte sogar: »Der Heilige, gepriesen sei Er, sagte, meine Kinder sind wie Bienen (Dewo­rim), da sie sich nach den Gerechten und nach den Propheten richten.«

Vielleicht ist dies der Grund, warum die Bienen Rabbi Eleasar ben Perata halfen. Der Talmud erzählt, dass die Römer hörten, er sei Rabbi genannt worden, und verhafteten ihn. Als Toralehrer drohte ihm die Todesstrafe. Um sich zu schützen, behauptete er, Rabban (Lehrer) der Weber zu sein.

kenntnisse Doch die Römer waren nicht leicht zu täuschen und wollten seine Kenntnisse prüfen: »Sie brachten ihm zwei Wollknäuel und sagten zu ihm: Welches ist der Kettfaden und welches der Schussfaden? Da geschah ein Wunder: Eine weibliche Biene kam und setzte sich auf die Kette, und eine männliche Biene kam und setzte sich auf den Schuss. Rabbi Eleasar ben Perata sagte zu ihnen (den Römern): Dies ist die Kette, und das ist der Schuss« (Awoda Sara 17a).

Eleasar konnte die seltenen männlichen Bienen von den weiblichen unterscheiden. Vielleicht, weil Bienenstöcke nicht selten waren. Deshalb werden sie mehrfach im Talmud erwähnt. Etwa, dass man sie am Schabbat schützen dürfe: »Man darf am Schabbat eine Matte über einem Bienenstock ausbreiten, bei Sonnenschein wegen der Sonne, beim Regen wegen des Regens, nur darf man nicht beabsichtigen, sie einzufangen« (Schabbat 43a).

Bienen waren also im Judentum nie Objekt der Verehrung, sondern höchstens Vorbild und als solche eine gute Erinnerung daran, dass auch der Honig das Ergebnis harter Arbeit ist.

Interview

»Der Dialog mit dem Vatikan ist regelrecht eingeschlafen«

Maram Stern über den künftigen Papst und den stockenden jüdisch-christlichen Dialog

von Tobias Kühn  29.04.2025

Halacha

Kann ein Jude die Beerdigung des Papstes besuchen?

Papst Franziskus wird diesen Samstag, an Schabbat, beerdigt. Observante Juden könnte das vor komplizierte Fragen stellen

von Vyacheslav Dobrovych  25.04.2025

Schemini

Offene Türen

Die Tora lehrt, auch Fremde freundlich zu empfangen

von Rabbiner Bryan Weisz  25.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  28.04.2025 Aktualisiert

Chol Hamoed

Nur Mosche kannte die Freiheit

Warum das Volk Israel beim Auszug aus Ägypten ängstlich war

von Rabbinerin Yael Deusel  17.04.2025

Geschichte

Waren wir wirklich in Ägypten?

Lange stritten Historiker darüber, ob die Erzählung vom Exodus wahr sein könnte. Dann kamen die Archäologen

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Feiertage

Pessach ist das jüdische Fest der Freiheit - und der Frauen

Die Rolle und Verdienste von Frauen würdigen - dafür ist Pessach eine gute Gelegenheit, sagen Rabbinerinnen. Warum sie das meinen und welchen Ausdruck diese Perspektive findet

von Leticia Witte  11.04.2025