Kulturstaatsminister Wolfram Weimer bleibt dabei: Nur Erinnerungsorte an die NS-Zeit und an die SED-Diktatur sollen in die neue Gedenkstättenkonzeption des Bundes aufgenommen werden. Das Thema Kolonialismus werde getrennt behandelt werden, sagte Weimer am Mittwoch im Kultur- und Medienausschuss des Bundestags.
Forscher und Verbände kritisieren, dass die Verbrechen des deutschen Kolonialismus keinen Platz in dem Konzept fänden. Weimers Vorgängerin Claudia Roth (Bündnis90/DieGrünen) wollte den Themenbereich in das Konzept aufnehmen, stieß jedoch auf Widerstand.
Weimer sagte, Roths Ansatz habe zu Unruhe und Verletzungen geführt und sei letzlich auch deshalb gescheitert, weil es »natürlich diese Relativierungswahrnehmung gibt«. Dass Auschwitz nur noch eine von drei Säulen sein solle, habe Reaktionen hervorgerufen. »Ich möchte einen Befriedungsdienst leisten«, sagte Weimer.
»Singularität der Schoa«
Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, erklärte im Ausschuss, Roths Entwurf habe zu tiefen Verletzungen und Zerwürfnissen geführt. Die jüdische Gemeinschaft habe bereits sehr damit gerungen, als 2008 das Gedenken an die SED-Diktatur in eine gemeinsame Konzeption mit der Erinnerung an die Schoa aufgenommen worden sei. Letztlich habe es einen Konsens gegeben.
Dieser dürfe nun nicht aufgebrochen werden, sagte Botmann. »Die Singularität der Schoa ist zu würdigen, indem man es nicht erweitert um weitere Säulen.« Auch die Erforschung und Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus und der Verbrechen in den deutschen Kolonien in der Zeit des Kaiserreichs sei wichtig.
Sie müsse aber, so der Zentralrats-Geschäftsführer, wie von Staatsminister Weimer vorgesehen nicht in der Gedenkstättenkonzeption, sondern durch ein eigenen Konzept verwirklicht werden. Es gebe nämlich gewichtige Unterschiede zwischen dem »Zivilisationsbruch der Schoa und der deutschen Kolonialherrschaft«, sagte Botmann.
»Die Debatte über Kolonialismus hat gerade erst begonnen«
Der Direktor des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschungin Dresden, Jörg Ganzenmöller, betonte in der Anhörung, die Gedenkstättenkonzeption dürfe der gesellschaftlichen Debatte über den Kolonialismus nicht vorweggreifen. Diese habe aber gerade erst begonnen.
Die Gedenkstättenkonzeption des Bundes dient dazu, historische Orte der Erinnerung zu erhalten und ihre Arbeit weiterzuentwickeln. Mit der neuen Version reagiert der Bund auf aktuelle Entwicklungen: den wachsenden zeitlichen Abstand zur NS-Terrorherrschaft und zur SED-Diktatur, eine vielfältigere Gesellschaft, den digitalen Wandel und zunehmende Anfeindungen gegen die Gedenkstätten. dpa/ja