Berlin

Wegner setzt im Fördermittelstreit auf Aufklärung

Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, im Berliner Abgeordnetenhaus Foto: picture alliance/dpa

In der Debatte um angeblich unzulässige Einflussnahme von CDU-Abgeordneten auf die Vergabe von Fördermitteln für Projekte gegen Antisemitismus setzt Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner auf Aufklärung. »Es sind Vorwürfe im Raum, die muss man sich genau anschauen, und da wird der Landesrechnungshof uns auch dabei helfen«, sagte der CDU-Politiker.

Im Anschluss werde man die Vorgänge bewerten. »Und dann werden wir gegebenenfalls, wenn es notwendig ist, die richtigen Konsequenzen ziehen.« Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson (parteilos) habe schon gesagt, dass sie für Transparenz und Aufklärung sorgen wolle. »Und das erwarte ich auch.«

Grüne und Linke beantragten unterdessen offiziell einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus, der die Vorgänge unter die Lupe nehmen soll. Er dürfte auf der Plenarsitzung am 20. November eingesetzt werden.

Beide Fraktionen werfen Ex-Kultursenator Joe Chialo (CDU) und seiner Nachfolgerin Wedl-Wilson vor, Fördermittel für Projekte gegen Antisemitismus nach unklaren Kriterien und auf Druck aus der CDU-Fraktion vergeben und damit gegen Haushaltsregeln verstoßen zu haben. Es geht um mehr als drei Millionen Euro in einem jährlich zehn Millionen Euro umfassenden Topf der Kulturverwaltung für »Projekte von besonderer politischer Bedeutung«.

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Die CDU argumentiert, man habe mit einer bei der Kulturverwaltung eingereichten 18 Projekte umfassenden Liste verhindern wollen, dass 2025 Fördergeld gegen Antisemitismus wie schon im Jahr davor verfalle. Es handele sich aber nicht um unerlaubte Einflussnahme, die Entscheidung über die Förderung von Projekten habe die Kulturverwaltung getroffen.

Als Autoren der Liste gelten CDU-Fraktionschef Dirk Stettner und der CDU-Haushaltspolitiker Christian Goiny. Unter den Projekten ist der Verein Zera Institute, den die Kulturverwaltung 2025 mit 390.000 Euro förderte. Goiny bestätigte, dass ein Mitarbeiter seines Bürgerbüros in Lichterfelde Mitglied im Verein ist. Gegründet wurde der Verein vor knapp einem Jahr von einem Vorstandsmitglied der CDU Lichterfelde, wie der »Tagesspiegel« berichtete.

Unter den 18 für eine Förderung vorgeschlagenen Projekten sei eines, in dem zwei CDU-Mitglieder mitarbeiteten, sagte Goiny dazu. »Es ist nicht verboten, dass sich in einem Verein CDU-Mitglieder engagieren, auch wenn dieser vom Land Berlin gefördert wird.« Und es sei nicht verwerflich, wenn Abgeordnete einer Senatsverwaltung Projekte zur Förderung vorschlagen würden. »Die Förderentscheidung hat die Verwaltung getroffen.« 

Wegner äußert sich nach einem Besuch des Senats in der Ausstellung im früheren Flughafengebäude Tempelhof über den Hamas-Angriff auf das israelische Nova Music Festival. Dabei hatten palästinensische Terroristen am 7. Oktober 2023 mehr als 400 Menschen getötet, mehr als 40 wurden in den Gazastreifen verschleppt. 

Wegner wies darauf hin, dass auch die Ausstellung Fördergeld erhielt. »Und wer bei dieser Ausstellung sagt, nachdem er sie gesehen hat, hier seien Mittel zweckentfremdet worden, der hat entweder die Ausstellung nicht wirklich gesehen oder ist mit einem falschen Blick hier durchgekommen«, sagte er. »Genau das sind die Projekte, die wir brauchen.« 

Die Schau zeige besonders anschaulich die Schrecken des Hamas-Überfalls, die Brutalität und Unmenschlichkeit der Terroristen, sagte Wegner, sichtlich bewegt von der Ausstellung. »Zu erkennen, was dort passiert ist, ist wichtig, gerade auch im Kampf gegen Antisemitismus.« 

Deshalb hoffe er, dass bis zum Ende der Ausstellung am Wochenende noch viele Besucher kämen, gerade junge Menschen. »Ich werde im Kampf gegen Antisemitismus nicht nachlassen«, versicherte Wegner. Auch in den kommenden Jahren werde es Fördermittel für entsprechende Projekte geben.

Israels Botschafter Ron Prosor, der an der Führung durch die Schau teilnahm, mahnte »klare Kante« im Kampf gegen Antisemitismus an. »Je mehr Leute diese Ausstellung sehen, desto besser ist es zu verstehen, warum wir miteinander in Frieden leben sollen und dass wir tagtäglich zusammen kämpfen müssen, damit, was wir hier gesehen haben, sich niemals wiederholt. Nicht in Israel und nirgendwo auf der Welt.« Wichtig sei, die Tragödie in Erinnerung zu behalten, aber ebenso: »Dass wir auch in der Zukunft zusammen tanzen werden.«. dpa


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