Einspruch

Völkisch, kindisch, überflüssig

Andreas Nachama Foto: Gregor Zielke

Da kommt einer daher, der meint, ein Historikergutachten zu brauchen, um die »Protokolle der Weisen von Zion« als antisemitische Schmähliteratur zu begreifen. Eine Landtagsfraktion spaltet sich im Diskurs um diesen alten Hut, und die Bundesführung der »Alternative für Deutschland« kann sich nicht einmütig zu einer Verurteilung dieser Entgleisung durchringen. Und nun hat Frauke Petry einen neuen Tiefpunkt in der kurzen Geschichte der AfD gesetzt: Die Bundessprecherin der Partei outete sich in einem Interview als Anhängerin des Begriffs »völkisch«!

Ein historischer Rückblick: »Völkisch« wurde 1875 als deutscher Terminus für »national« eingeführt. Besonders in der Weimarer Republik stand die völkische Bewegung für alles, was reaktionär war: antidemokratisch, antibolschewistisch und natürlich antisemitisch. Die Parteipostille der NSDAP wollte nicht nur das Blatt für NS-Parteigenossen sein, sondern für die ganze »völkische« Bewegung. Folglich nannte sie sich »Völkischer Beobachter«.

oppositionspartei Dass sich die neue Oppositionspartei ausgerechnet Demokratiefeinden wie den völkischen Bewegungen annähert oder deren Vokabular adaptiert, zeigt nicht nur ihre Defizite in Geschichtskenntnis, sondern auch, dass sie der deutschen Sprache nicht wirklich mächtig ist. Die Endung »isch« enthält nämlich – im Gegensatz zur Endung »lich« – eine abwertende Komponente. Würde Frau Petry von »volklich« sprechen, wäre das vertretbar; sie sagt aber »völkisch«. Das ist nicht kindlich, sondern kindisch.

Im Bundestag ist derzeit keine Partei vertreten, die die Zukunft des Euro skeptisch beurteilt oder eine alternative Asylpolitik vertritt. Diese Situation verschafft der AfD ein politisches Alleinstellungsmerkmal, das ihr Wähler aus allen Parteien zutreibt. Politik aber ist eine zu ernste Angelegenheit, um von kindischen Narren betrieben zu werden. Eine »völkische« Alternative braucht niemand in Deutschland als Oppositionspartei.

Der Autor ist Historiker und Rabbiner in Berlin.

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025

Berlin

Jüdisches Paar in U-Bahn geschlagen und beleidigt

Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen

 15.09.2025

Interview

»Björn Höcke ist die prägendste Figur für die AfD-Ideologie«

Der Journalist Frederik Schindler hat ein Buch über Björn Höcke geschrieben. Wie wurde aus dem rechtsextremen Politiker das, was er heute ist?

von Nils Kottmann  15.09.2025

Eurovision

Israel hält nach Boykottaufrufen an ESC-Teilnahme fest

Israel will trotz Boykott-Drohungen mehrerer Länder am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen. Wie andere Länder und Veranstalter reagieren

 15.09.2025

Antisemitismusskandal

Bundespräsident trifft ausgeladenen Dirigenten Shani

Nach dem Eklat um eine Ausladung der Münchner Philharmoniker in Belgien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den künftigen israelischen Chefdirigenten Lahav Shani ins Schloss Bellevue eingeladen

von Anne Mertens  15.09.2025

Berlin

Margot Friedländer Preis wird verliehen

Die mit insgesamt 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gehe an Personen, die sich für Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie einsetzen

 15.09.2025

Essen

Islamist plante Mord an Juden

Der 17-jährige Erjon S., ein kosovarischer Staatsangehöriger, soll aus einer islamistisch-jihadistischen Ideologie heraus gehandelt haben

 15.09.2025

München

Alte Synagoge feiert Wiedereröffnung

Nach jahrelanger Restauration soll die Bauhaus-Synagoge wieder im Glanz von 1931 erstrahlen

 15.09.2025

Madrid

Israelfeindliche Demonstranten blockieren Vuelta á España erneut

60 Kilometer vor dem Ziel steht eine Gruppe von Protestierern mit einem Banner auf der Straße. Das Rennen musste abgebrochen werden

 15.09.2025