Lateinamerika

Teherans Hinterhof

Männerfreunde: Venezuelas und Irans Präsidenten, Hugo Chávez (l.) und Mahmud Ahmadinedschad, demonstrieren Einigkeit. Foto: Reuters

Eifrig und zum Teil erfolgreich bemüht sich der Iran, seine Präsenz in Lateinamerika auszubauen. Das überrascht, denn zum amerikanischen Kontinent besitzt die Islamische Republik historisch gesehen wenige ökonomische und kulturelle Verbindungen.

Besonders eng sind die Beziehungen zu Venezuela, das für den Iran in gewisser Weise als Türöffner zum Kontinent fungiert. Beide Staaten eint die OPEC-Mitgliedschaft und ein ausgeprägter Antiamerikanismus ihrer Präsidenten, Mahmud Ahmadinedschad und Hugo Chávez. Iranische Unternehmen engagieren sich kräftig in dem südamerikanischen Land; 2008 belegte die »Islamische Republik« bereits den dritten Platz bei ausländischen Direktinvestitionen in Venezuela.

Auch andere Staaten, die zum lateinamerikanischen Handelsbündnis ALBA gehören, haben ihre Beziehungen zum Iran vertieft. Gemeinsam mit Venezuela hat das Land mit 230 Millionen US-Dollar eine Zementfabrik in Bolivien bezuschusst; zudem baute Teheran dort zwei Krankenhäuser. Im September 2008 reiste Präsident Evo Morales zum Staatsbesuch in den Iran. Zwei Monate später folgte ihm dann Ecuadors Präsident Rafael Correa.

freunde Die Annäherung geschieht aus einer Haltung heraus, die man als »Der Feind meines Feindes ist mein Freund« bezeichnen könnte. Die USA und Israel werden als Mächte des Imperialismus identifiziert. Und dabei wird sich mit antisemi- tischen Gruppen wie der Hamas oder dem Regime in Teheran verbündet.

Während des Gazakrieges 2009 brach Venezuela die diplomatischen Beziehungen zu Israel ab und wies dessen Botschafter aus. Dem Schritt folgte Bolivien. In dieser Zeit verübten Unbekannte Anschläge auf die größte Synagoge und ein jüdisches Gemeindezentrum in Caracas.

Zuletzt waren aus Venezuela aber eher moderate Töne zu vernehmen. So traf Hugo Chávez im September mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde zusammen, um deren Besorgnis über antisemitische Ausfälle in der staatlichen Presse zu zerstreuen. Israelfreundliches kam vor Kurzem auch aus Kuba. Im Juli übte Fidel Castro in einem Interview Kritik an antisemitischen Äußerungen von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad und betonte die Einzigartigkeit des Holocausts und das Existenzrecht Israels.

Die Beziehung Lateinamerikas zum Nahen Osten ist dennoch zu einem großen Teil von Pragmatismus geprägt. Während der Iran angesichts der vielen Sanktionen nach neuen Partnern sucht, ist für die ALBA-Staaten vor allem die wirtschaftliche Zusammenarbeit interessant.

Dies gilt auch für Brasilien. Als aufstrebende Wirtschaftsmacht kommt dem Land eine Schlüsselrolle zu. Gerade deshalb sind die USA und Israel ernsthaft besorgt über die Annäherung zwischen Brasilia und Teheran. Traditionell haben Brasilien und Argentinien – beide mit großen jüdischen Gemeinden im Land – ein gutes Verhältnis zu Israel. Aber der Nahe Osten ist ein Feld, auf dem Eigenständigkeit gegenüber den USA betont werden kann. So trat der damalige Präsident Lula da Silva für Irans Recht auf Kernenergie ein. Brasilien begreift sich gerne als Vermittler und tritt für einen offenen Dialog ein.

distanz Im Gegensatz dazu pflegt Argentinien ein distanziertes Verhältnis zum Iran. Die Beziehungen sind gekennzeichnet durch die schweren antisemitischen Bombenanschläge in den 90er-Jahren, bei denen 114 Menschen getötet wurden. Als Urheber gilt die Hisbollah; die Entscheidungen für die Attentate seien aber an höchster Stelle der damaligen Regierung in Teheran gefallen, so eine argentinische Untersuchungskommission. Außenpolitisch liegt Argentinien daher eher auf Linie der USA und Israels, wenn es darum geht, den Iran zu isolieren. Die Regierung lehnt Kontakte zu Ahmadinedschad ab und fordert die Auslieferung der für die Anschläge Verantwortlichen.

Der wachsende Einfluss des Iran in Lateinamerika hängt damit zusammen, dass die USA dem Kontinent jahrelang kaum Beachtung geschenkt haben. Lula kritisiert immer wieder sowohl Obamas Lateinamerika-Politik als auch dessen Haltung zum Nahost-Konflikt. Vor Kurzem haben Brasilien und Argentinien den Staat Palästina in den Grenzen von 1967 anerkannt. Bolivien und Ecuador folgten dieser Entscheidung.

So einfach will das Israel nicht hinnehmen. Im November 2009 besuchte Schimon Peres als erster Präsident des jüdischen Staates seit Jahrzehnten Brasilien und Argentinien – kurz bevor Mahmud Abbas und Ahmadinedschad die Region bereisten. Die Visite war sicherlich auch das: der Versuch, Teherans Einfluss etwas entgegenzusetzen.

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Israel

Altkanzlerin Merkel besucht Orte der Massaker

Angela Merkel besuchte den Ort des Nova-Festivals und den Kibbuz Nahal Oz

 13.11.2025

Schleswig-Holstein

Polizei nimmt weiteren Hamas-Terroristen fest

Mahmoud Z. soll ein Sturmgewehr, acht Pistolen und mehr als 600 Schuss Munition für Anschläge gegen jüdische und israelische Einrichtungen organisiert haben

 13.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten klettern auf Brandenburger Tor

Oben angelangt entrollten sie ein Banner, auf dem sie Israel Völkermord vorwarfen

 13.11.2025

Diplomatie

Israel drängt Merz auf Ende des Teilwaffenembargos

Der Bundeskanzler hatte am 8. August angeordnet, keine Güter auszuführen, die im Krieg gegen die Hamas verwendet werden könnten

 13.11.2025

Entscheidung

Waffen an Israel: Berliner Gericht weist Klagen ab

Sechs überwiegend in Gaza wohnende Personen klagten in zwei Fällen gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel. Das Berliner Verwaltungsgericht sieht die Klagen als unzulässig an

 13.11.2025