Berlin

Schuster warnt vor amerikanischen Verhältnissen an deutschen Unis

Josef Schuster ist seit November 2014 Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. Zugleich ist Schuster Vizepräsident des World Jewish Congress und des European Jewish Congress. Er wurde in Israel geboren und wuchs in Deutschland auf Foto: picture alliance/dpa

Nach einem anti-israelischen Protest an der Humboldt-Universität in Berlin hat der Präsident des Zentralrats der Juden vor Zuständen wie an US-Hochschulen gewarnt. »Meine größte Sorge ist, dass die Verhältnisse, die wir den USA sehen, sich auch in Deutschland zeigen werden, da viele Gruppen international vernetzt sind«, sagte Josef Schuster laut Mitteilung. »Erste Anzeichen dafür konnten wir bereits an der HU Berlin sehen.« Am Freitag hatten rund 150 Menschen in der Nähe der Universität demonstriert.

Jüdische Studentinnen und Studenten fühlen sich an Hochschulen nicht sicher

Jüdische Studentinnen und Studenten seien seit vielen Monaten in hohem Maße von Antisemitismus betroffen, was ein »extremes Unsicherheitsgefühl« unter ihnen hervorgerufen habe. »Wir sind mit der Politik und der Hochschulrektorenkonferenz in einem engen Austausch, um strukturelle Änderungen an den Universitäten voranzutreiben, die ein wirksamer Schutz gegen Hass und Hetze gegen Juden und gegen Israel auf dem Campus sein können.« 

Israelfeindlicher Protest an der Columbia University: Diese Frau ruft zum Mord an pro-israelischen Demonstranten auf

Hier sei Bildung der Schlüssel: »Aktuell mangelt es häufig am Erkennen und am Umgang von und mit antisemitischen Umtrieben unter Studenten und Lehrenden sowie meist auch an den richtigen Instrumenten, um gegen die Treiber dieser Entwicklung vorzugehen.« So sei bereits eine Grenze überschritten, wenn die Vernichtung des Staates Israel gefordert werde. Schuster forderte ein Nachschärfen des Strafrechts. 

Anfang Februar war der jüdische Student Lahav Shapira in Berlin bei einer mutmaßlich antisemitischen Attacke zusammengeschlagen worden, er kam mit Knochenbrüchen ins Krankenhaus. 

Israelfeindliche Demo an der Humboldt-Universität

Bei dem Protest am Freitag hat die Polizei 37 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es gehe unter anderem um mögliche Fälle von Volksverhetzung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Während des Einsatzes seien 38 Menschen - davon 24 Frauen und 14 Männer - in ihrer Freiheit beschränkt worden. Von Verletzten war am Samstag nichts bekannt.

Rund 150 Menschen waren laut Polizei zu der nicht angemeldeten Kundgebung zusammengekommen - es demonstrierten zwei Gruppen. Die Protestierenden forderten einen Hörsaal als Kundgebungsort, dem die Universitätsleitung nicht stattgab. Zwischenzeitlich wurde die Versammlung angemeldet, was dann aber wieder zurückgezogen wurde. Die Polizei untersagte antisemitische Ausrufe. Die Protestierenden riefen laut Polizei mehrfach die antisemitische Parole »From the river to the sea, palestine will be free«, die als Aufruf zur Zerstörung Israels, Vertreibung und Auslöschung der jüdischen Bevölkerung verstanden werden kann.  

Präsidentin der Humboldt-Uni will multiperspektivischen Dialog

Der Deutschen Presse-Agentur sagte die Präsidentin der HU, Julia von Blumenthal, dass sie den Protestierenden deutlich gemacht habe, dass die Universität ein Ort kontroverser Diskussionen sei, die auf Basis der Grundwerte geführt würden. »Dazu gehört kein Platz für Antisemitismus, kein Platz für Rassismus und kein Platz für irgendeine andere Form der Diskriminierung.« Es habe die Forderung im Raum gestanden, die Kontakte zu Israel abzubrechen, »etwas, was für mich vollkommen ausgeschlossen ist«. 

Lahav Shapira wurde von einem Kommilitonen ins Krankenhaus geprügeltFoto: screenshot Antonia Yamin

Sie habe angeboten, bei einer Veranstaltung in den kommenden Wochen zum Thema zu diskutieren. Es habe aber eine Kerngruppe gegeben, die sich entschieden habe, laut zu brüllen. Ihr Angebot stehe weiterhin für Studierende der Humboldt-Universität. 

Bei einer Diskussion wäre ihr ein breites Spektrum an Position wichtig, sagte von Blumenthal. »Es gibt unterschiedliche jüdische Stimmen, es gibt unterschiedliche palästinensische Stimmen, es gibt auch wissenschaftliche Positionen.« Teilweise gehe es vor Ort aber auch um Forderungen, die nicht die Universität beträfen, wie die nach Anerkennung des Staates Palästina und nach einem sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen. 

Teils gewaltvolle Ausschreitungen an US-Universitäten

In den USA demonstrieren derzeit Gruppen an zahlreichen Universitäten für Solidarität mit Palästinensern, aber auch für eine Kappung von Verbindungen zu Israel. Dabei werden auch jüdische Studenten diskriminiert. So wurde ihnen der Zugang zum Unterricht oder zum Campus verwehrt. Viele Demonstranten sympathisieren außerdem offen mit der Hamas oder der Hisbollah und wünschen pro-israelischen Gegendemonstranten den Tod. dpa/ja

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