Nach Interview-Eklat

»Schämen Sie sich!« - Ron Prosor kritisiert »Spiegel«

Ron Prosor, Botschafter Israels in der Bundesrepublik Foto: picture alliance / dts-Agentur

In einem offenen Brief hat Ron Prosor das Nachrichtenmagazin »Spiegel« scharf kritisiert. Er bezieht sich in dem Schreiben auf einen Beitrag mit der ursprünglichen Headline »Der Holocaust dient Israel als Lehre der Unmenschlichkeit«, die die Publikation später änderte. Der mit einem Bild von zerstörten Gebäuden in Gaza versehene Beitrag wurde am 27. Januar online veröffentlicht, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust.

Der israelische Botschafter in der Bundesrepublik stellte in seinem Schreiben an »Spiegel«-Chefredakteur Dirk Kurbjuweit fest, »diese groteske Aussage ist nicht etwa ein Meinungsbeitrag, die tief in der Publikation vergraben wurde.« Vielmehr sei sie »an prominenter Stelle, ganz oben auf der Webseite« platziert worden.

»Lassen Sie uns eines klarstellen: Die Deutschen und ihre Helfer ermordeten systematisch Juden im Rahmen ihrer ›Endlösung‹«, heißt es in Prosors Brief. »In einer offensichtlich hasserfüllten redaktionellen Entscheidung beschloss der ›Spiegel‹, nicht etwa die Geschichten der letzten Holocaust-Überlebenden hervorzuheben oder die Bedeutung der Holocaust-Bildung für kommende Generation zu betonen. Es überließ die Bühne stattdessen einem Israeli, der bereit ist, sein Land der Unmenschlichkeit zu bezichtigen.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

»Altbekannter Chor«

Er habe einen »von Selbsthass zerfressenen« Israeli interviewt, nämlich den Historiker Omer Bartov. Dieser gehöre zu einem »altbekannten Chor« aus »antisemitischen Juden«, zu denen der Botschafter in dem Schreiben auch Meron Mendel, Deborah Feldman und Omri Boehm zählte.

Bartov habe »seinen großen Soloauftritt« dazu genutzt, die Erinnerung an den Holocaust zu missbrauchen, »um eine verdrehte, hasserfüllte Botschaft zu verbreiten«. »Wenn der ›Spiegel‹ doch nur den Mut hätte, diese Behauptungen selbst zu schreiben, statt sich hinter Interviewpartnern zu verstecken«, schrieb Prosor, der den offenen Brief auf der Plattform X verbreitete.

Der ›Spiegel‹ sei »nur allzu gern bereit« gewesen, Bartov eine Plattform zu bieten, denn die Publikation habe sich »längst darauf spezialisiert, eine unvollständige Momentaufnahme zur Basis haltloser Märchengeschichten über Israel zu machen«. Prosor schrieb: »Bartov und der ›Spiegel‹ – ein Paar, das einem sonst nur im Alptraum begegnet.«

»Schämen Sie sich!«

Für den ›Spiegel‹ existiere die Hamas nicht, »eine ruchlose Terrororganisation, die Terrortunnel baute, jahrelang Massenmorde plante, zivile Infrastruktur missbraucht und an einem einzigen Tag 1200 Juden massakrierte, vergewaltigte, in Brand steckte und entführte«, heißt es in dem offenen Brief. Die palästinensischen Terroristen hatten am 7. Oktober 2023, dem Tag der Massaker, 251 Menschen verschleppt.

Lesen Sie auch

»Diese Fakten anzuerkennen, würde die sorgfältig kuratierte Darstellung stören, auf die der ›Spiegel‹ angewiesen ist«, schrieb der Botschafter. Er warf der Publikation vor, ausgerechnet in der Woche, in der die Welt den 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gedenke, »dann auch Muslimen in Deutschland eine Plattform« zu bieten, »um zu behaupten, sie seien die wahren Opfer des Anschlags vom 7. Oktober.«

»Dies geht weit über die Relativierung des Holocaust hinaus«, so Prosor. Mit dem Satz »Schämen Sie sich!« schloss der Diplomat sein Schreiben an Chefredakteur Kurbjuweit.

»Imaginäre Feinde«

Die »Welt« zitierte aus einem Schreiben des ›Spiegel‹, das der zu Springer SE gehörenden Zeitung auf Anfrage übermittelt wurde. Darin heißt es, Kurbjuweit werde »selbstverständlich« auf den Brief antworten. Die Platzierung und der Titel des kritisierten Beitrages sei »aus unserer Sicht« ein Fehler gewesen, der »umgehend« korrigiert worden sei.

Auch eine Reaktion Bartovs wurde in der »Welt« wiedergegeben. Prosor versuche, den Horror (in Gaza) zu leugnen. Seine Logik laufe darauf hinaus, Israel eine Carte Blanche dafür auszustellen, »mit seinen echten und imaginären Feinden zu tun, was man will«.

Die Angriffe der Hamas, der Hisbollah, der Huthi und deren Finanziers in Teheran auf Israel in den vergangenen Monaten war allerdings real. Weiterhin halten die palästinensischen Terroristen Dutzende Geiseln. Weitere Massaker in Israel haben sie angekündigt. Zugleich weigert sich auch die Palästinensische Autonomiebehörde seit Jahrzehnten, Israel auch nur anzuerkennen.

Friedenspläne, die ihnen einen eigenen Staat in Gaza und 91 Prozent des Westjordanlandes mit einem autonomen Ost-Jerusalem als Hauptstadt hätten bescheren können, lehnten Jassir Arafat und später Mahmud Abbas mehrfach ab.

Bayern

Trumps Vizepräsident besucht KZ-Gedenkstätte Dachau

US-Vizepräsident J.D. Vance ist in Deutschland eingetroffen, um die Außenpolitik der Regierung Trump zu präsentieren. Vorher wirft er aber einen Blick zurück in die Vergangenheit

von Michael Fischer  14.02.2025

Nahost

Israels Außenminister fordert »klaren Kurs« der Bundesregierung

Deutschland solle sich nicht nur zu Israels Sicherheit bekennen, sondern auch so handeln, sagt Gideon Sa’ar im Interview mit der »Welt am Sonntag«

 14.02.2025

Google

Google Calendar streicht den Internationalen Holocaust-Gedenktag

Neben anderen Gedenktagen sind im Google Calendar auch die mit jüdischem Bezug verschwunden. Das Unternehmen dementiert, dass man damit den Anti-Diversitäts-Vorgaben der Trump-Regierung gehorche

 14.02.2025

Faktencheck

Szene aus »Markus Lanz«-Sendung mit Robert Habeck weiter abrufbar

In der Debatte um Verschärfungen in der Migrationspolitik war Robert Habeck in einer TV-Sendung zu Gast. Nun teilen Nutzer eine Aussage, die nachträglich gelöscht worden sei. Doch das stimmt nicht

 14.02.2025

Frankfurt am Main

Haya Schulmann widerspricht Gutachten zu antisemitischem Vorfall beim Hessischen Rundfunk

Ein Gutachten kommt zu dem Schluss, dass kein Fehlverhalten vorgelegen habe. Die betroffene Informatikprofessorin bleibt jedoch bei ihrer Darstellung

von Imanuel Marcus  14.02.2025

Anstieg

Rechtsextreme Straftaten 2024 auf Rekordhoch

Immer mehr rechtsextreme Straftaten in Deutschland - Nach 2023 reißt 2024 erneut die Höchstmarke mit weit über 41.000 Delikten, wie die »taz« berichtet. Die Zahlen sind allerdings noch vorläufig

 14.02.2025

Bundestagswahl 2025

Meinungsforscher Güllner: Merz stabilisiert AfD mit forscher Art

CDU-Anhänger fühlen sich »natürlich eher bestärkt« durch Merz‹ Agieren - »die wandern nicht ab«, so Güllner

von Susanne Rochholz  14.02.2025

Washington D.C./Gaza

Rubio ruft arabische Länder zu Gaza-Vorschlag auf

»Wenn sie also einen besseren Plan haben, ist jetzt die Zeit, ihn zu präsentieren«, sagt der US-Außenminister

 14.02.2025

Debatte

Großer Wirbel: Israelisches Team von Turnier in Stuttgart ausgeladen

Ein israelisches Sportteam darf bei einem Turnier in Deutschland nicht starten. Die Organisatoren betonen, dass Sicherheitsgründe keine Rolle spielen und man auch nicht voreingenommen sei

 13.02.2025 Aktualisiert