Interview

»Für mich ist der Prozess nicht abgeschlossen«

»Ich hoffe, dass sein Name in Vergessenheit gerät«: Anastassia Pletoukhina war am 9. Oktober 2019 in der Synagoge in Halle. Foto: privat

Frau Pletoukhina, Sie haben gestern den letzten Verhandlungstag und die Urteilsverkündungen im Prozess um das Attentat auf die Synagoge in Halle im Gerichtssaal mitverfolgt. Wie haben Sie den Tag erlebt?
Die Vorsitzende hat den kompletten Sachverhalt dargestellt und sich größte Mühe gegeben, nach ihren Möglichkeiten ein möglichst menschliches Bild von dem Geschehen zu geben. Sie ist sehr intensiv auf die Biografien der Betroffenen eingegangen und auch auf die positive Entwicklung in den Biografien. Auch auf die Morde an Jana und Kevin wurde intensiv eingegangen und die Hilflosigkeit von diesen Menschen spürbar mehrfach aus verschiedenen Perspektiven dargestellt.

Der Zentralrat der Juden hat dem Gericht für die faire und gleichzeitig umsichtige Verhandlungsführung gedankt. Teilen Sie diese Einschätzung?
Ja. Insgesamt wurde allen betroffenen und involvierten Personen, bis auf den Attentäter natürlich, sehr viel Menschlichkeit und Empathie seitens der Richterin nach ihrem Können entgegengebracht. Das war ihr ganz besonders wichtig. Das hat man gemerkt.

Wie hat der Angeklagte auf die Urteile reagiert?
Zum Schluss, als die Richterin allen Mitwirkenden den Dank ausgesprochen und das Ganze beendet hat, hat der Attentäter seine Mappe gegen meinen Mann, in Richtung Kopf, geschleudert. Glücklicherweise konnten er und seine Anwälte ausweichen. Aber das hat in mir noch einmal wieder alte Wunden so schnell aufgerissen.

Inwiefern genau?
Auch wenn das eine Mappe und es klar war, viel mehr kann es nicht sein, trotzdem: Diese Aggression, diese physische Bereitschaft zur Gewalt und zum Übergriff in letzter Sekunde, das mag ich nicht wegrationalisieren. Es erschüttert mich zutiefst. Er bereut es nicht, er würde es noch mal machen.

Sind Sie erleichtert, dass der Prozess zu Ende gegangen ist?
Auf der einen Seite ist dieser Prozess jetzt abgeschlossen. Für viele ist er auch abgeschlossen. Für mich persönlich ist er bei Weitem nicht abgeschlossen.

Wie beurteilen Sie das Strafmaß?
Ich bin froh, dass er die Strafe bekommen hat, die er verdient, auch dass er keine Sympathie von niemanden bekommen hat. Ich hoffe, dass sein Name als Name in Vergessenheit gerät. Das wird ihm in seiner narzisstischen Persönlichkeit die höchste Strafe sein. Darüber freue ich mich: dass er nicht mehr zum Alltag meines Lebens gehören wird – und dass ich nicht mehr zum Landgericht in Magdeburg fahren muss.

Mit der Überlebenden des Halle-Attentats, Soziologin und ELES-Alumna sprach Eugen El.

Nahost

Heftige Gefechte in Syrien: Erneut mehrere Tote. Jetzt schaltet sich Israel ein

Eine Tonaufnahme löst in Syrien erneut eine Welle der Gewalt aus. Mehrere Menschen werden getötet

 30.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  30.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig und hoffnungsvoll geblieben. Eine Liebeserklärung

von Alon David  30.04.2025 Aktualisiert

Bergen-Belsen

Die Lebenden und die Toten

Das Lager war ein Ort des Sterbens, doch hier wurden auch Menschen geboren. Überlebende, Angehörige und sogenannte DP-Babys trafen sich nun zum gemeinsamen Gedenken. Unsere Autorin war dabei

von Amie Liebowitz  30.04.2025

Joshua Schultheis

Lieber Friedrich Merz!

Der künftige Kanzler steht vor einer historischen Aufgabe im Umgang mit den Juden und mit Israel. Unser Autor hat ihm einen Brief geschrieben

von Joshua Schultheis  30.04.2025

Prozess

Terror-Unterstützerin kommt mit Verwarnung davon

Aitak Barani hatte kurz nach dem 7. Oktober 2023 die Massaker der Hamas als »gelungene Widerstandsaktion« bezeichnet. Dafür bekam sie vom Amtsgericht Frankfurt eine Geldstrafe - die sie aber vorerst nicht zahlen muss

 30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

 30.04.2025

Bern

Schweiz verbietet Terrororganisation Hamas

Deutschland hat die Terrororganisation schon kurz nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 verboten. Die Schweiz zieht jetzt erst nach

 30.04.2025

Den Haag

USA rechtfertigen vor UN-Gericht Israels Blockade humanitärer Hilfe

Israel habe ein berechtigtes Sicherheitsinteresse, sagt der Rechtsvertreter aus Washington D.C.

 30.04.2025