Bundestag

Fördermittel-Affäre: Bildungsministerin stellt sich Kritikern

Bettina Stark-Watzinger stellte sich am Mittwoch im Bundestag den Fragen der Abgeordneten Foto: picture alliance/dpa

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) stand am Mittwoch im Bundestag Rede und Antwort zur Fördermittel-Affäre. In einer Sitzung des Ausschusses für Bildung und Forschung räumte sie ein, dass der Eindruck erweckt worden sei, dass die Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen auf der Basis eines von der Meinungsfreiheit gedeckten offenen Briefes in ihrem Ministerium erwogen worden sei.

»Lassen Sie mich ganz klar sagen: Eine solche Prüfung widerspräche den Prinzipien der Wissenschaftsfreiheit«, so die Ministerin. Insofern wolle sie klarstellen, dass die Wissenschaftsfreiheit ein hohes Gut der Demokratie sei und in jede Richtung verteidigt werden muss. Stark-Watzinger machte nochmals deutlich, dass Fördermittel nach wissenschaftlicher Exzellenz, nicht nach politischer Weltanschauung vergeben werden.

»Das ist ein Kernprinzip der Wissenschaftsfreiheit. Und zu diesem Kernprinzip stehe ich auch persönlich.« Zugleich müsste es Aufgabe aller sein, die Debattenhoheit im Sinne der Freiheit zu stärken. Dazu gehöre auch der Streit der Meinungen.

»Der Eindruck ist geeignet, das Vertrauen in das Bildungsministerium nachhaltig zu beschädigen«

Kritik am Vorgang kam aus allen Fraktionen. Der Abgeordnete Thomas Jarzombek (CDU/CSU) sagte: »Der entstandene Eindruck ist geeignet, das Vertrauen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in das BMBF nachhaltig zu beschädigen.« Der SPD-Abgeordnete Oliver Kaczmarek betonte, dass es eines klaren Prozesses bedürfe, um verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen: »Es darf nie auch nur der Anschein erweckt werden, als gäbe es nicht wissenschaftsgeleitete Entscheidungen im Wissenschaftsministerium.«

Lesen Sie auch

Stark-Watzinger wiederholte ihre zuvor im Ausschuss gemachten Aussagen am Nachmittag in der Regierungsbefragung im Plenum. Dort führte sie aus, dass nach dem 7. Oktober ein »nicht zu erwartender Antisemitismus in unserem Land wieder aufgebrochen« sei. Jüdische Studentinnen und Studenten seien teilweise schon im zweiten Urlaubssemester, weil sie sich nicht mehr an die Hochschulen trauten. Auch jüdische Dozentinnen und Dozenten würden angefeindet. »Und deswegen müssen wir uns alle gegen den Antisemitismus stellen.« Deshalb bleibe sie auch bei ihrer Kritik an dem offenen Brief der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, weil darin die Verfolgung von Straftaten, aber auch die Frage des Polizeieinsatzes zur Durchsetzung des Beschwerderechts abgelehnt werde. »Dieser Brief ist von der Meinungsfreiheit gedeckt, aber man muss ihm nicht zustimmen. Und ich setze eine andere Meinung entgegen. Ich halte ihn für falsch«, so Stark-Watzinger.

In dem Brief hatten Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer die Räumung eines Protestcamps ebenso judenfeindlicher wie aggressiver Demonstranten an der FU Berlin kritisiert. »Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt«, schrieben sie. Und weiter: »Wir fordern die Berliner Universitätsleitungen auf, von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen.«

Stark-Watzinger feuerte Staatssekretärin

Stark-Watzinger reagierte damals entsetzt auf den Unterstützerbrief. In einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen sagte sie: »Dieses Statement macht fassungslos. Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, werden Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlost.«

Im Bildungsministerium wurden Prüfungen veranlasst, die sich auch auf den Bezug von Fördermitteln für die Unterzeichner des Briefes bezogen. Verantwortlich für die Erstellung einer angeblichen Namensliste soll die entlassene Staatssekretärin Sabine Döring sein. Stark-Watzinger hatte von der umstrittenen Prüfung nach eigenen Angaben erst durch Medienberichte erfahren. Forderungen nach ihrem Rücktritt als Bundesbildungsministerin wies sie erneut zurück. ddk (mit dpa)

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025