Interview

»Es geht da nicht um Islamismus«

Nora Goldenbogen Foto: ddp

Frau Goldenbogen, die Jüdische Gemeinde Dresden hat zu Demonstrationen gegen Pegida, »Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes«, aufgerufen. Warum?
Wir haben unsere Erfahrungen mit den Demonstrationen, die stets am 13. Februar, dem Jahrestag der Bombardierung Dresdens, stattgefunden haben. Man kennt ja einige, die dort immer mitliefen. Es gibt eine Schnittmenge mit denen, die sich jetzt bei Pegida einfinden.

Halten Sie den Islamismus nicht für eine Gefahr?

Es geht den Demonstranten nicht um die Gefahr des islamistischen Terrors, der ja nicht zuletzt Juden bedroht. Auch dabei haben wir unsere Erfahrungen: Im Frühsommer gab es in Dresden eine salafistische Demonstration. Die Gemeinde hatte zu einer Gegenkundgebung aufgerufen, und da kamen gerade mal 150 Leute. So sehr treibt die Gefahr des Islamismus diese Menschen um.

Glauben Sie nicht, dass sich die Wahrnehmung seither geändert haben könnte?
Nein, es ist kein Zufall, dass in diesen Tagen, in denen Flüchtlinge ihre Länder verlassen müssen, die Bewegung anwächst. Dass es die starke Ablehnung von Fremden, von Flüchtlingen, von Asylbewerbern, ist, die viele Pegida-Demonstranten antreibt, wird ja auch klar gesagt. Der Zulauf zu deren Kundgebungen wird immer stärker.

Wie sind die Reaktionen auf das Engagement der Dresdner Gemeinde?
Wir erhalten viel Post, dass wir uns besser bei Pegida einreihen sollten. Wir stünden auf der falschen Seite, dürfen wir dann lesen.

Ist das Kritik aus der Gemeinde?
Nein, überhaupt nicht. Das sind keine Mitglieder. Das sind Bürger, die gerne vom »christlich-jüdischen Abendland« sprechen.

Wie reagieren Sie darauf?

Wir wollen demnächst auf unserer Website ausführlich begründen, warum wir uns den Protesten gegen Pegida angeschlossen haben. Dafür lassen wir uns aber Zeit. Das muss man nicht überstürzen.

Es ist die Rede von »Neonazis in Nadelstreifen«. Teilen Sie diese Einschätzung?
Nein, das sind nicht alles Nazis. Es lässt sich aber derzeit schwer sagen, wie sich die 15.000 Leute, die am Montag da waren, zusammensetzen.

Man müsse die Sorgen ernst nehmen, ist auch zu hören. Was halten Sie davon?
Da scheint es mir zu viel politisches Kalkül zu geben. Wenn man die Sorgen ernst nehmen würde, müsste man sich beispielsweise der Frage stellen: Wie bereitet man die Menschen vor, wenn ein Asylbewerberheim in ihrer Nähe eingerichtet wird? Damit hat man aber viel zu spät begonnen, und dafür wird man die Unterstützung der Zivilgesellschaft brauchen, die jetzt darum ringt, ein anderes, weltoffenes Bild von Dresden zu zeigen.

Mit der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Dresden sprach Martin Krauß.

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

München

Hugendubel streicht antisemitisches Kinderbuch aus Sortiment

»Sofort nach Kenntnisnahme über dessen Existenz« sei das Malbuch entfernt worden, heißt es aus dem Unternehmen

 01.12.2025

Berlin

Karoline Preisler bei Marsch gegen Antisemitismus

»Es ist ganz besonderer Marsch, weil Männer Frauen und Kinder, Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus zusammengekommen sind«, sagt die Juristin und Politikerin

 01.12.2025

Potsdam

Anne Frank mit Kufiya: Jüdische Gemeinde fordert Ausstellungs-Stopp

Eine Ausstellung im Museum Fluxus+ will Ähnlichkeiten zwischen Palästinensern und Israelis aufzeigen. Doch die Darstellung zieht Kritik aus der Jüdischen Gemeinde und von Brandenburgs Antisemitismusbeauftragten auf sich

 01.12.2025

Interview

»Nach dem Waffenembargo gibt es einiges zu kitten«

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter über den Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Israel, Siedlergewalt im Westjordanland und die Kooperation mit dem Mossad

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Hamburg

So reagiert die Politik auf den Rücktritt Stefan Hensels

Wegen der vorzeitigen Amtsaufgabe des Antisemitismusbeauftragten macht die CDU dem rot-grünen Senat schwere Vorwürfe. Der Erste Bürgermeister lobt dagegen die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Beauftragten

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Verteidigung

Deutschland stellt Arrow 3 in Dienst

Erstmals kommt das Raketenabwehrsystem außerhalb Israels zum Einsatz

 01.12.2025