Einspruch

Ein Kandidat für alle

Karl Pfeifer Foto: privat

Einspruch

Ein Kandidat für alle

Karl Pfeifer hofft auf ein tragfähiges Anti-Orbán-Bündnis in Ungarn, das sich für Minderheiten starkmacht

von Karl Pfeifer  11.11.2021 09:08 Uhr

In letzter Zeit wurde Budapest zum Wallfahrtsort der Rechtsextremisten – der Versuch des Orbán-Regimes, sich als rechtskonservativ zu tarnen, ist offensichtlich gescheitert. Die ungarische Opposition hat erkennen müssen: Nur durch Einigkeit kann sie die »illiberale Demokratie« beseitigen. Der Erfolg des israelischen Links-Rechts-Bündnisses hat dabei sicher eine Rolle gespielt.

Neu und überraschend ist die Kandidatur von Péter Márki-Zay (MZP) für das Amt des Ministerpräsidenten. Obwohl er rechtskonservativ ist und sich gelegentlich auch auf christliche Prinzipien bezieht, wurde er bei Vorwahlen von mehr als 600.000 Ungarn gewählt – auch von Linken und Liberalen.

chance Der praktizierende Katholik und Vater von sieben Kindern bietet die Chance, Orbán abzulösen. Denn er ist auch für viele der enttäuschten rechtskonservativen Fidesz-Anhänger wählbar.

Liebe als neue politische Kategorie? Klingt vielversprechend.

Vor seiner Wahl vor zwei Jahren zum Bürgermeister von Hódmezövásárhely, der viertgrößten Stadt in Südungarn, versuchten seine Gegner, ihm zu schaden, indem sie fälschlich behaupteten, die jüdische Gemeinde unterstütze ihn. Was stimmt: In seiner Stadt pflegt MZP das Andenken an die Juden. Er schützt und unterstützt Roma und Arme.

vorwahl Nach der Vorwahl erklärte er: »Wir werden für alle Ungarn eintreten, wir werden uns gegen das Böse aussprechen, wir werden uns gegen Hasskampagnen aussprechen. Mit Liebe werden wir als Ungarn alle Roma, alle Juden, alle Schwulen, alle Behinderten, alle Rechten und Linken und, ja, wir werden auch die Fidesz-Leute umarmen.«

Linke Politiker, die auf die Resultate der Meinungsforschung schielten, haben sich gehütet, solche Absichten öffentlich zu äußern. Péter Márki-Zay aber hat erkannt, dass die Opposition nur dann eine Chance hat, wenn es ihr gelingt, der Mehrheit eine neue politische Kultur nahezubringen. Ein Ende der Hasskampagnen, etwa gegen George Soros, würde wahrscheinlich auch den hohen Prozentsatz an Antisemiten – immerhin 40 Prozent – zurückdrängen.

Liebe als neue politische Kategorie? Klingt vielversprechend.

Der Autor ist Journalist in Wien.

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025

Sydney

Attentäter warfen Sprengsätze auf Teilnehmer der Chanukka-Feier

Die mutmaßlichen Attentäter Naveed und Sajid Akram bereiteten sich auf das Massaker vor. Ihre Bomben explodierten nicht

 22.12.2025

New York

Tucker Carlson ist »Antisemit des Jahres«

Die Organisation StopAntisemitism erklärt, ausschlaggebend seien Beiträge, in denen er erklärten Judenhassern, Holocaustleugnern und extremistischen Ideologen eine große Bühne geboten habe

 22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Gaza

Das Problem mit der Entwaffnung

Die Hamas weigert sich strikt, die Waffen niederzulegen. Was Zustimmung in der palästinensischen Bevölkerung findet und den Friedensplan stocken lässt

 21.12.2025 Aktualisiert

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025