Extremismus

Dschihad im Norden

Foto: Julian Feldmann

Bei den meisten der als propalästinensisch geltenden Aufmärsche der jüngsten Zeit dominieren türkische Fahnen. Wie andernorts auch stammen in Niedersachsen die Anmelder der Demonstrationen oft aus dem Umfeld von Milli-Görüs-Gemeinden. Der Moscheen-Dachverband Milli Görüs gilt als Sammelbecken türkischer Islamisten. Verantwortlich für die Kundgebungen zeichnen meist jeweils zwei, drei junge Muslime, oft Studenten. Beworben werden solche Demonstrationen innerhalb türkischer Communitys und über das Internet.

Mitte Juli marschierten knapp 2500 Muslime in Hannover auf. Dazu aufgerufen hatte eine Lobbyorganisation der türkischen Regierungspartei AKP. Zu der Kundgebung kam auch die Jugendgruppe einer Milli-Görüs-Moscheegemeinde aus Hameln, die ein selbst gemaltes Plakat mitbrachte, auf dem ein durchgestri- chener Davidstern abgebildet war. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft, ob es sich dabei um Volksverhetzung handelt.

Al-Quds-Tag Ans Mikrofon trat in Hannover ein Mitglied der AKP-nahen BIG-Partei. Palästina reiche »vom Mittelmeer bis nach Transjordanien«, so der Redner, der ein »Netzwerk des internationalen Zionismus« am Werk sah. Wenige Tage später wurde die Rede weitgehend wortgleich bei der antisemitischen Demo zum Al-Quds-Tag in Berlin verlesen. Im März hatte sich eine in Niedersachsen aktive islamistische Partei der BIG angeschlossen.

Nach Gewalttaten gegen Israelunterstützer bei Demonstrationen in Göttingen, Osnabrück und Hannover zeigte sich die niedersächsische Politik empört. Abgeordnete forderten über Parteigrenzen hinweg ein entschlossenes Vorgehen gegen Antisemitismus.

facebook Doch die Organisatoren der Anti-Israel-Demonstrationen schreckt das politische Signal nicht, sie sind landesweit gut vernetzt. Der Islamist Muhammed A. aus Stadthagen (Kreis Schaumburg) initiierte etwa im 100 Kilometer entfernten Braunschweig eine Demonstration gegen das »israelische Regime«. Die Wahl dürfte nicht zufällig auf Braunschweig gefallen sein, gilt die Stadt doch als Hochburg der radikal-islamischen Szene in Niedersachsen. Schon die Terroristen der »Sauerland-Gruppe« erhielten von dort Unterstützung.

Dass A. wenig am Frieden liegt, zeigt ein Blick auf seine Aktivitäten im Netz: Dort bejubelte er beispielsweise die Ermordung zweier israelischer Soldaten durch ein Hamas-Kommando.

Auch andere Demonstrationen wurden von Personen mitorganisiert, die über Verbindungen ins türkisch-islamistische Milieu verfügen und diese teils offen auf ihren Facebook-Seiten zur Schau stellen.

Einige Anhänger der in Deutschland verbotenen Hizbut Tahrir, eines Ablegers der Muslimbruderschaft, sorgten als Ordner für einen reibungslosen Ablauf. Der niedersächsische Verfassungsschutz hat die islamistischen Umtriebe bei Pro-Gaza-Demonstrationen bisher nicht registriert, sagte eine Sprecherin.

Bei einer Versammlung in Bückeburg (Kreis Schaumburg) durften die Israel-Hasser sogar auf den Balkon des Rathauses, von dort Parolen skandieren und Fahnen schwenken. Mit von der Partie war eine Clique junger Muslime, die bei mehreren Demonstrationen eine wichtige Rolle übernahm. Gekleidet in einheitliche T-Shirts, heizten sie die Stimmung an, gaben auch antisemitische Parolen am Megafon vor. Die Gruppe aus Bückeburg reiste beispielsweise ins ostwestfälische Minden.

IS-Dschihadisten Auch zu Spenden wird bei den Protestaktionen aufgerufen. In Wolfsburg sammelten Teilnehmer Geld für Ansaar International. Der Verein mit Sitz in Düsseldorf ist laut Verfassungsschutz in die Salafisten-Szene eingebunden, es bestehen Zweifel, ob die Gelder tatsächlich, wie angegeben, für die humanitäre Hilfe in Syrien genutzt werden. Die Sicherheitsbehörden befürchten, dass damit dschihadistische Kämpfer unterstützt werden könnten.

Die Gewalt der Islamisten trifft in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen nicht nur Israelunterstützer. Anhänger der Dschihadisten des Islamischen Staates (IS), vormals ISIS, gehen gewaltsam gegen »Ungläubige« vor. Seitdem die mordenden IS-Milizen in den Nordirak vorgedrungen sind, gehen vor allem in Hannover, Oldenburg und Ostwestfalen Jesiden auf die Straßen, um auf die Massaker aufmerksam zu machen.

Als einige Jesiden im westfälischen Herford eine solche Kundgebung bewarben, wurden sie Anfang August von einer Gruppe Islamisten mit Messern attackiert. Zwei Opfer erlitten Verletzungen. In Stadthagen bedrohte ein Salafist drei Schiiten mit einem Messer. Dabei kündigte er an: »Ihr gehört abgeschlachtet wie im Irak.«

Australien

Polizei: Angreifer in Sydney waren Vater und Sohn 

Weitere Details des judenfeindlichen Terroranschlags werden bekannt

von Denise Sternberg  14.12.2025

Hintergrund

Der Held von Sydney

Laut australischen Medien handelt es sich um einen 43-jährigen muslimischen Vater von zwei Kindern, der einen Laden für lokale Produkte betreibt

 14.12.2025

Jerusalem

Israels Regierungschef wirft Australien Tatenlosigkeit gegen Judenhass vor

Nach einem Anschlag in Sydney fordert Netanjahu von Australien entschlosseneres Handeln gegen Judenhass. Er macht der Regierung einen schweren Vorwurf

 14.12.2025

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert

Anschlag in Sydney

Felix Klein: »Von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen«

Zwei Männer töten und verletzen in Sydney zahlreiche Teilnehmer einer Chanukka-Feier. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äußert sich zu der Tat

 14.12.2025

Terror in Sydney

Zivilist entwaffnet Angreifer und wird als »Held« gefeiert

Zwei Männer schießen auf Teilnehmer einer Chanukka-Feier in Sydney: Es gibt Tote und Verletzte. Ein Video soll nun den mutigen Einsatz eines Passanten zeigen

 14.12.2025

Australien

Merz: »Angriff auf unsere gemeinsamen Werte«

Bei einem Anschlag auf eine Chanukka-Feier in der australischen Metropole gab es viele Tote und Verletzte. Der Bundeskanzler und die Minister Wadephul und Prien äußern sich zu der Tat

 14.12.2025 Aktualisiert

Terror in Sydney

Zentralrat der Juden: »In Gedanken bei den Betroffenen«

Der Zentralrat der Juden und weitere jüdische Organisationen aus Deutschland äußern sich zu dem Anschlag auf eine Chanukka-Feier im australischen Sydney

 14.12.2025 Aktualisiert