Meinung

Dem Philosoph ist nichts zu doof

Omri Boehm Foto: picture alliance/dpa

Meinung

Dem Philosoph ist nichts zu doof

Warum ein israelischer Intellektueller eine angebliche deutsche Zurückhaltung im Nahostkonflikt beklagt

von Martin Krauss  26.10.2015 19:27 Uhr

Wenn unter einem Text steht, dass der Autor Philosophieprofessor ist, dann muss in dem Artikel wohl etwas Schlaues stehen. Omri Boehm ist Jude und Israeli, lehrt Philosophie an der renommierten New Yorker New School for Social Research, die ihren Ruhm nicht zuletzt Hannah Arendt verdankt, und hat sich mit einem aufrüttelnden Text zu Wort gemeldet.

»Macht den Mund auf!« lautet der Titel, und der Philosoph Omri Boehm beschwert sich darin über den Philosophen Jürgen Habermas und andere deutsche Intellektuelle. Habermas hatte nämlich einmal einen Kommentar zur israelischen Politik abgelehnt, weil dies nicht die »Aufgabe eines privaten deutschen Bürgers meiner Generation« sei.

schweigen Kein falscher Gedanke von Habermas, will man meinen: Wer, ob aus Gründen der Kompetenz oder der Biografie, nichts zu sagen hat, sollte ruhig mal die Klappe halten. Das aber sieht Omri Boehm ganz anders und meldet sich prompt zu Wort. »Offensichtlich spricht Habermas’ Schweigen für zahllose andere Intellektuelle«, bedauert Boehm, dass angeblich zu wenige Deutsche sich zu Netanjahu, Gaza, dem Status von Jerusalem, Hamas, Zahal und ganz allgemein zum Zionismus äußerten.

Schön wär’s, könnte man einwenden, aber leben wir nicht in einem Volk von Nahostexperten? Ist es nicht sehr auffällig, dass hierzulande zwar keiner weiß, wie der dänische Ministerpräsident, der polnische Außen-, der französische Verteidigungs- oder der österreichische Wirtschaftsminister heißt, die Deutschen sich also in ihren Nachbarländern so gut wie gar nicht auskennen, aber mit Bezug auf den jüdischen Staat besserwisserisch und belehrend mit Detailhuberei auftrumpfen?

meinungsunterdrückung Nein, sagt Boehm, er glaubt wirklich, in Deutschland dominiere eine von wem auch immer verhängte »Unterdrückung öffentlicher Kritik am jüdischen Staat«. Und indem die deutschen Intellektuellen »Israels massive Verletzungen des Völkerrechts« nicht kritisierten, konterkarierten sie die Schoa »als politisch bedeutsame Vergangenheit«.

Wer, so lautet Boehms Botschaft im Klartext, nicht gegen eine Politik protestiere, die Boehm nur nebulös – und aufs Ressentiment vertrauend – mit »Einsatz von Methoden gegen die israelisch-arabische Bevölkerung Jerusalems« umschreibt, solle zur Schoa schweigen.

Ohne es gewollt zu haben, gelingt Omri Boehm in seiner wütenden Philippika gegen Leute, die den jüdischen Staat nicht verurteilen möchten, doch noch ein bedeutendes Argument gegen Antisemitismus: Es gibt auch dumme jüdische Philosophen.

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  05.12.2025

Washington D.C.

Trump plant Übergang in Phase II des Gaza-Abkommens

Der nächste große Schritt erfolgt dem Präsidenten zufolge schon bald. Ein »Friedensrat« soll noch vor Weihnachten präsentiert werden

 05.12.2025

Berlin

Linken-Chef empört über Merz-Reise zu Netanjahu

Jan van Aken regt sich darüber auf, dass er Bundeskanzler Ministerpräsident Netanjahu treffen wird

 05.12.2025

Köln

Trotz Kritik: Sophie von der Tann erhält Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis

»Keine Auszeichnung für Propaganda und Antisemitismus« steht während der Preisvergabe auf einem Transparent, das Demonstranten vor dem WDR-Funkhaus tragen

 05.12.2025

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Karlsruhe/München

Mutmaßlicher Huthi-Terrorist angeklagt

Ein Mann soll für die Terrororganisation im Jemen gekämpft haben. Deutschlands oberste Anklagebehörde will ihn vor Gericht sehen

 04.12.2025

Antisemitismus

Litauen: Chef von Regierungspartei wegen Antisemitismus verurteilt

In Litauen ist der Chef einer Regierungspartei mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen. Dafür musste er sich vor Gericht verantworten. Nun haben die Richter ihr Urteil gefällt

 04.12.2025

Berlin

Verfassungsschutz nimmt neue AfD-Jugend ins Blickfeld

Ist auch die »Generation Deutschland« rechtsextremistisch? Sie rückt bereits in den Fokus des Bundesamts für Verfassungsschutz

 04.12.2025